Ms ttctfur Mb Mpswdt Sammlung tmffenfdjaffli^sgemeiroerftaTtMt^cr Darftellungm (Ein aollftän&iges Uev$nd\nte fcer Sammlung „Rns Hatttt unb GteiftestDelt" befinöet ftdj am Schlug öiefes Banöes. Q 1000:807. üerlctg t>on B. <5. TLtubncv fit £eip3tg, poftfirage 3 Kün|tlerifd)er tDänöfcfymud: für §aus unö Scfyuk. 5ar&t9e Künftlerfteiri3ei^nungen (Berade tPerfc edjter Ijeimatfunft, die einfädle ITiotioe ausgemalten, bieten niä}t nur dem (Erroacfijenen lüertoolles, fortöern jinö auas ausfdilaggebenb i|t — pon den anfpruäpollften Kunstfreunden eben jo begehrt roeröen roit von jenen« denen es längjt ein uergeblid)er tUunjd) mar, das tjetm roenigftens mit einem farbigen Original 3U fd^mürfen. £Das icfjr feiten oortommt: tjier begegnet fiefj roirrUdj einmal des Dolfes £uft am Be|djauen und des Kenners Sreude an der fünftlertjdjen Wiedergabe ber flujjenmelt" (Kunft für Alle XII.) ». ..fllt und iung mar begetftert, geradezu glü(fliä) Über die Kraft malerifd^er Wix* hingen, die Mer für oerfjältntsmä&ig billigen preis dargeboten mird. (Endlid) einmal etxoas, »as dem öden ©Ibrucfbildc mit (Erfolg gegenübertreten fann.* (Pfarrer Hauma nn in der ,..f)ilfc-.) Katalog mit ca. 140 farbigen Abbildungen gegen (Einj. oon 20 Pf. poftfrei 00m Oerlag. Detlag oon B. (5. {Eeubner in £eip3ig. Künftlerif d)er tDanöjd)mucf für £)aus unb Sdjule. 5arbtge Künftlerftein3eic^nurtgen ffiro&ere Blätter: BUbgroße 100x70 ■ . : (Erfötaten fitt6 ca. 80 Bandet, Hbeub. T Bergmann, Seerofen. Biefe, Jjüuengrab— 3m Stafjlujerf b.Krupp. .JC 2^-blsJi 1 7.— laut Katalog. cm unb 75x55 cm JC 6.— unb JC 5.— Blätter, barunter: Ciebermann, 3m Part. Ciner, Hbenbfrteben. Htatti}aei, ItorbjeeibtjIL ITtunfdjelb, XPinternacbt (Dritt, Rübe3al)i — tjänfel unb (Bretel. Otto, C^rt jtus u,ttu,obem.lTCaria tültart^a. Pac3?a, Reigen. . Roman, paeftum — R3m. Campagna. Si. Süß, Sanft (Beorg. üoigt, Kirdjgang. 0. Dolfmann, tPogenbes Kornfelb. IDielanb, tttatterljom — Celles £euä)teu. Bunte Blätter: HIeinfte Künftlerftetn3ci(^tatit§en. Blattgrjfee 33x23 cm. ■ €rfd)tenen finb 16 BIätterr-l||§| Je JC 1.-—, barunter : Biefe, Derfttmett. Daur, Hm RTeer. 5UentfAer, Hm IDalbesranb, ^. (Blücf, ihorgenfonne im r}oö)gebirge. r}ilbenbranb, Stilles <&ä&tt)en. Kampmann, Baumblüte — Bcrgborf. Knapp, Unter bem Hpfelbaum. THatt^aei, 3n ben TTtarfdjen. Sttjroebter, Bergfäp&tt)en. 3n 5umierral)meh. . . , . . . JC IM 3n maffioem Rahmen ... . JC 3.— Ceinmanbmappe mit 10 Blättern nad) U)al)l . . . . . . . ... . JC 12.-- Kartonmappe mit 5 . Blättern nad) tDaf)l. . .... . . . . . . JC 5.— Portrats: <5roße 60x50 cm JC 3.— Bauer, ©oetffÄ — Sd)(Her — £u%r. Kampf, Kaifer tDilljelm II. Bauer, Kleines' Stt)illerbilb. (Brö|e 19x29 cm. preis 1 JC, in 5umtcr« rahmen 2 JC, in maHioem Rafjmen 3 JC Hammen : 5u b. grä&. Blättern JC 3.80 bis JC 17.— 3« b. fleineren JC 2.— Ms 4.— Rus tlatur unö (Beiftestoelt Sammlung u)iffenfd)aftltd)*gemetnr)erftänöli^er Darftellungen = 192. Banöd|en = Das öeutfdje Dorf Don Robert ITtielfe mit 51 Hbbtlöungen im £e£t Drucf unö üerlag von B. (5. tEeubner in £eip3tg 1907 Hlle Kecfjte, etnfdjltegltd) öcs Überfe^ungsrecf)ts , üorbef) alten. SDer 2iufforberung fetteng ber SSerlaggbucfjljanblung, eine ©djrift über „3)aä beutfdfje ®orf" ju oerfaffen, bin id£) mit großer greube nadjgefommen. 2lllerbing3 hatte id) babei bie ©chroierigfeit einer Slufgabe bebeutenb unterfdjä^t, bie bi^fyer nur von 33olfor $at)rf)unberten t£)re meftfälifdje §eimat üerlaffen hatte, um in ber Dftmarf eine neue Heimat ju ftnben, mar mir bie SBelt be3 ©orfeS längft vertraut, beoor tdf> mtd£) mit it)X miffen- fd£)aftlid) beschäftigte. ©a3 gab mir ben Sftut, bie Aufgabe ju twllenben, obroofjl ich beim 3Sorf freiten überall auf ben Langel geeigneter Vorarbeiten ftiefc. Söer bieg in Setrad^t jie^t, mirb and) bie ©d^rüäd)en nachfidjtig beurteilen. 3)ie Überfielt über bie fleine benutze Siteratur, bie fid) nur auf felbftänbige ©Triften begießt, mirb am beften bezeugen, ba£ bie oöllige Söfung einer folgen 2Iuf= gäbe heute überhaupt noch nid^t möglich ift. ßharlottenburg, ben 31. DItobcr 1907. (Seite Sie Anfänge unt) tote ®e Witytt i>e§ SorfeS ... l Sie Sorfanlttge unti tote ghtretnieUmtg 19 9tieb erb eutfdje Dörfer ... 28 Allgemeines 28 Sttenorbmeftbeutfcfyen (£in= jelljöfe 32 2)ie norbroefibeutfeljen Jpaufenbörfer 39 2)ie friefifcfjen ®üften= imb Snfelbörfer 44 Sie roeftbeutfcfyen (Straften^ börfer 50 Sie oftbeutfcfjen @tra^en= unb ^eif)enbörfer. . . 54 (Sachen = 93ranbenburg . 56 SDcecflenburg* Bommern . 60 Oft unb Söeftpreufcen . 63 5ßofen ........ 68 (5d)lefien 70 Seite SJiittelfceutfdje Dörfer . . . 72 Allgemeines 72 M)einlanb = 2Beftfalen . . 76 Sie $fal^ 79 Sa3 Söeferberglanb ... 80 Reffen = 9£aff au 81 Düringen 82 (Sachen 86 Cfeer&eutftfje Sörfer . . . 89 Allgemeines «9 Sie mittelr^einifdje Tief- ebene 93 (Slfafh Springen . ... 95 Reffen = Sarmftabt. ... 97 SBaben . 99 SBfirttetnbcrg 101 Söatyern 104 Sie Kultur !>e8 Sorfeö . . no Sa8 Sorf am ßnfce i>e8 19. 3af)r!)unt>ertg. ©in Kfld« unt) WuSblttf ... 125 Siteratur 132 2lUe 3Ser^äItniffe unferer @rbe finb bem Söecfyfel unter- raorfen. £)er Sftenfcl) felbft ift jumeift bie treibenbe $raft, toelcfje im beraubten SSormärtäbrange t)on alten ju neuen guftänben ftrebt. Sm «Cnntergrunbe biefer unaufhörlichen Sßanblungen ftefyt aber bie fonferoatioe ^errfd^aft ber Sanbfdjaft. 2Ba3 ber einzelne au3 Uröäter £agen al3 feften $ulturbefi| übernommen $at, Der- änbert fiel), foroie er ben guß in eine anberö geartete Umgebung lenft. Sebingt ba3 neue Sanb auch neue 2Btrtfchaft3formen, bann fönnen bie 3Serf)ältniffe leidet ju großen Söanblungen in 2eben3geroohnheiten, in ber ©prache, fetbft in ber ®enfung3art ben ©runb legen. Sie norbbeutfehe Tiefebene, in ber jum Seil noch ©tämme fi^en, bie if)re 2ßohnplä£e feit gefchid)tlid)er $eit niemals geroedjfelt haben, gebiert anbere Gfjctraftere al§ bie ben 3Serfef)r begünftigenben 33erge 9Jiittelbeutfchlanb3 ober bie abgelegenen Xäler ber §od)alpen; ba§ uralte gladjlanbljauö manbelt fidj um, foroie e3 im Serglanbe anberen räumlichen, nrirtfdjaftltdjen unb baulichen ©efe|en folgen muß. 2lm augenfälligen ift aber ba§ beutle ©orf in feiner polittf d)en unb äußeren ©eftaltung beeinflußt von ber heimatlichen @rbe, meldte bie ftammeSartlidjen unb gefd)id)t= ltd)en ©onberentmidlungen ju feftbeftimmten ©ieblungSformen feftigen ließ. Ununterbrochen nagen bie SBelten ber Dflfcc an bem $üften= faum ber medIenburgifch=pommerfch=preußifchen ©ebiete. $al)rau3 unb jahrein — feit $ahrtaufenben — fpülen fie fleine Groden in baö 9Jieer, unb mer bie furd)tfame ^^antafie bürrer t^eoretifc^er Sered^nung befiijt, ber fann in abfe^barer &\t vielleicht ben Stugenblid f)e*I)eilommen feljen, in bem bie Dftfee ihre glitten über bie fruchtbaren 2ldergeftlbe ber ^üftenlänber baf)in maljen läßt, ©lüdlicherroetfe fteljt biefer nernidjtenben ^raft aud; eine auSgleid^enbe in ber langfamen — unenblidf) langfamen — Hebung 3l9iu@ 192: gtfielle, ba§ beutfdje ©orf. 1 2 2)ie Anfänge unb bte ®efd)ierf Ölungen fyabe, eine ©age, bie bie erfd^recfte $f)antafte mit ben ßimbern= unb %z\x- tonenfriegen in SSerbinbung braute, unb bie unter bem Flamen ber cimbrifdjen $Iut bie Segenben ber ©ef$id£)t3fd)reiber mehrte, ©ie fyat in ber %at einen $ern, menn audj ba§ ©reigniä felbft nidEjt mefjr in ben ©efid£)t3frei3 ber flaffifd£)en SSöIfer fiel; aber feine ^adjtxrirfungen Ijaben boc^ baju beigetragen, ben Horben ©uropa3 aus feiner füllen ©ntmidlung in ba§ ftarfe gluten ber europäifdtjen -SMtgefcljeljmffe f)inau3;$ubrängen. ©ie SSölferbrüde jmifdjen ben fübbaltifdjen ©ermanen unb if)ren ffanbinamfdljen Settern ift burd§ biefe glut auf einen fdjmalen 93erbinbung3meg be^ränft morben, ber nod) burdj Sümpfe unb tiefe 9Jieere3bud£)ten bebeutenb eingeengt mürbe. Sine meitere $olge biefer geograpf)ifd(jen SSeränberung mar, bajs bie ©ntmtdlung be3 beutf d£)en 2)orfe3 auf bie grojse nieberbeutfdEje Sief ebene mit iljren ©ünen, ©een, SSälbern unb Reiben gebrängt mürbe, mo fid) ba3 ältefte f eft= fteßbare ©ebtet von ber Dftfeefüfte, ber Ober unb §at)el, bem 9iorbranb be3 ^arjeä, ber SßafferfdEjeibe jmifdjjen ber unteren ©Ibe unb Söefer bte an bie 9torbfee erftredte. @3 mar fein $arabie3 im ©tnne unferer fübeuropäif djen Serid^terftatter, in bem fid) bie erften 2Infä£e einer börflidjen ©iebelung bilbeten. SJtit einem gemiffen Sftitletb fpridjt ber Börner £acitu3, bem mir barüber eingef)enbe Mitteilungen t>er= banfen, nod) im erften $af)rf)unbert unferer Zeitrechnung von bem alten ©ermanien, beffen bunfle SBälber, rei^enbe ©tröme, $älte unb ©türme iljm unb feinen geitgenoffen menig mlodenb erfd^ienen. ©ro£e jufammen^ängenbe 2Bälber bebedten e3 unb bilbeten ungegarte Satyrfjunberte lang einen ©d£)ut$maH, hinter bem ftdjj ba3 3Solf an ben menigen malblofen ©teilen, ben breiten ©tromtälem, einzelnen §od^ebenen, ben Sftorbfüften unb beftimmten Sichtungen be§ norbbeutfd£)en SöfcbobenS niebergelaffen Ijatte. Söann bieg gefd^a^, mirb ftd£) mie jjeber Stnfang einer Kultur nid^t beftimmen laffen. folgen mir ben $faben, meldte bie oorgefd^icfytlidjen gunbe erfd^lie^en, bann rüdt bie Seftebelung felbft in bie ©teinjeit, b. I). in ba§ vierte t)ord(jrtftIidf)e $af)r= taufenb hinauf, aus bem gemaltige ©teinbauten mie ba3 fo= $eograpf)ifd)e Sage. 3 genannte, afferbtngS erijebltdj fpätere, ÄömgSgrab uon ©ebbin ober baS ©teinbenfmal von 3K eilen (betbe in ber $rigni£) uns bie ©rjeugniffe gemeinsamer Strbett in überjeugenber Söeife bar- legen, ©in Sßolf, baS foldfje ©enfmäler in langer 2trbeit errichtete, baS meitauSgebehnte, geblechter lang benutze Umenfriebhöfe an* legte, fonnte fein unbeftänbigeS ^omabenleben geführt fyaben, wenn auch bie 3eu9niffe fpäterer $eit kern 8U miberfpredfjen f feinen. £)aj* es ©ermanen waren, ift ntd£)t erttriefen; aber immer mef)r neigt bie 2Btffenfd£)aft bat)in, ihnen biefe Äutturmerfe jujufpredfjen. begnügen mir uns bamit unb menben mir uns ben älteften fdfjriftltchen Senaten $u. 35er ©ried^e ©trabo, ber um 60 v. 6^r. geboren mürbe unb feljr wahrscheinlich einen älteren 93ericf)terftatter auSfd£)öpfte, fdE)ilbert bie ©ermanen aüer= bingS als ein 9Jomabent)olf, menn er von ben ©ueoen jagt: „Sitten SSölfem biefeS SanbeS ift bie £eid()tigfeit ber 2luSmanberung gemein megen ber (Einfachheit ihrer SebenSraeife unb meil fie nidjt 2tcf er bauen unb aucf) feinen Vorrat fammeln, fonbern in Kütten mof)nen unb nur ben täglichen Vorrat beft^en. 3hre meifte Nahrung nehmen fie vom gudEjt flieh, g[ei^ fon 2ßanber= f)irten, meShalb fie aucf) n>ie jene ihren §auSrat auf Söagen patfen unb fidj mit ihren SSie^erben fyinmenben, mot)in es ihnen gefällt/' 2öaS eS mit biefer 2eid)tigfeit ber Verlegung oon 2öof)nhütten, von ber mir übrigens auf ber furifdjen Gehrung nod^ 93eifpiele aus bem vorigen $5a^r£)unbert oor 2lugen haben, für eine VemanbtniS fyat, beutet uns fein 3^itgenoffe ßäfar an, ber baS meftlid£)e ©ermanien jum %e\l aus eigener — atterbingS fe^r unoottfommener — 2lnfd£)auung fannte. „TOemanb", fagt er, „hat eine abgegrenjte gelbmarf ober eigne ©runbftücfe, fonbern bie Dbrigfeiten unb Vorftänbe meifen jährlich ben ©tämmen unb Verroanbtfchaften, bie fid^ jufammenhalten, gelber, fotnel unb mie fie e3 immer gut finben, an unb laffen fie im folgenben $ahre anberSroohin gießen, gür bie 3roecfmäfugfett biefeS Verfahrens geben fie als ©runb an: @S foffe burcf) Vorliebe für bleibenbe Söohnftätten ber §ang jum Kriege nicht in bie Suft am gelbbau ausarten, man fotte nid£)t bequeme (Einrichtungen gegen §t£e unb $älte beim Sauen machen." Saffen mir biefe immerhin auf fchmachen güf$en ftehenbe ©rflärung beifeite, fo offenbart uns ber Vericfjt nicht nur ben gelbbau felbft, fonbern aud(j jene grud£)t= mecijfelfotge, meldte als cfjarafteriftifche ©rfd£)einung bem beutfd^en 2tcferleben bis in baS 19. Safjrhunbert e*Sen war. @äfar fannte l* 4 $)te Anfänge unb bie ®efd)icf)te be3 beutfdjen £)orfe$. fie allerbingS ntd^t unb mtßoerftanb barum ihren $ern. @S liegt aber nahe, btefen 2Becf)fel oon grudfjtbau unb 33rad£)e, ber eine lange (Erfahrung t>orauSfe|t, in eine entfernte SSorjett $urüaufenborfeS fdhon ju feiner geil fefte ©emohnheit mar. „§ier unb ba jerftreut, Raufen fie meit t)onein = an ber, mie ihnen gerabe eine Quelle, ein gelb, eine Sßalbung besagt, ©örfer legen fie md£)t nach unferer SBeife an, baß bie ©ebäube aneinanberftoßen unb jufammenhängen; jeber umgibt fein §auS ringsum mit einem freien $la^e, entmeber jum ©dhutse gegen geuerSgefaljr ober vielleicht, meil fie beS 33auenS menig funbig finb". ©iefe 33efchreibung paßt ebenfomoht auf bie ©in^elhöfe, meldhe mir noch heu*e *m norbmeftlidf)en ©eutfdhlanb fennen, unb meldhe uns fyödrft altertümlidh anmuten, als auch auf bie ermähnten §aufenbörfer. ©aS ©orf ift alfo im erften nad^d^riftlid^en ^a^r^unbert oorhanben; feine heroorragenbe Stellung im politifd^en Seben, bie mir noch lennen lernen unb bie fich unbeirrt um fonftige Sßanblungen bis in bie ©egenmart erhalten hat, geht ebenfalls fdhon in biefe grühjeit jurücf. £)aS Sßort ©orf felbft leitet auf ben Segriff beS Sielen, ber 9Kenge jurüdf unb ift vermutlich mit bem lateinifchen turba = ©djjar, §aufe fprachverrvanbt. ©er ©ote SBulfila gebrandet TOe «ertrf)tc. 5 in fetner 33ibelüberfe£ung bie $orm thaurf = S)orf nur im ©tnne eines angebauten gelbes — ntdljt als einen §inroeiS auf eine gefd£)loffene Käufer anläge, bie ifjm aus fübeuropäifcfjen ©iebelungen befannt mar, unb für bie er baS Sßort baurgs — ^Bürgen l)at. ®aS ©orf ift alfo biefem älteften beutfd£)en ©djrtftfteller junäcfyft feineSmegS eine Slnlage von ^offtätten, für bie er hainies = §etm anmenbet, fonbem ein unter Kultur befinblidber unb einer politifdjen ©enoffe nfdfjaf t, einer ©tppe gefyörenber Seil bes ©iebelungSlanbeS. 2öir finben baS SSort 5Dorf aud£) überall, wo ©ermanen längere 3eit gefeffen Ratten: im ©nglifdjen als dorp, im ©cfymebtfc^SDänifcfjen als torp, in ■JSeftfaten unb ©$le§n)tg=§olfteht als trup bem 33efttmmungS= wort nieler Ortsnamen angehängt. 2Sie ftarf es im Sinne einer engeren, aus bem ©ippenuerbanbe hervorgegangenen 2Bol)n= unb lanbmirtfcfyaftlidjen ©rmerbSgenoffenfcljaft weiterlebt, bezeugen fpracf)= Itcfye SSerbinbungen wie baS fömeiftTtffytymähtfä)* ze dorf gehen = jur SSerfammlung geljen ober nacht dorfen = jur 9iad£)t nerfammeln u. a. %xüf) fd)on ift ber Urbegriff beS SDorfeS verbunfelt unb fd)lie£licty beifeite t gefdjoben morben burdf) bte unmittelbare 33e= Sieljung auf bie Örtlicf)feit ober auf bie gamilie. $a, es Ijaben ©erooljnfyett unb ©tammeSfttte ganje ©ruppen t)on ©iebelungen burcfy beftimmte Seimörter berart gelenn;$etd£)net, baf3 man aus biefen formen einzelne ,3eitfd)td)ten unb SBanbermege, r>iellei(f)t auclj ©tänbe, verfolgen fann. ©o tveifen bie vielen Ortsnamen auf ing ober ingen in 33apern, ©cfyroaben, ber ©djtveis, 33aben, @lfaf$ unb ber Sßfalg, üeretnjelt aud£) in 9Jieberfad)fen unb ^raufen, bie in Reffen unb Düringen in ungen umlauten, auf eine fefyr früfje ^eit jurütf, tvenn fie audj erft in ben Urfunben beS 8. bis 11. $aljrf)unbevt3 auftauten; fie befagen aber, bafs bie mit iljnen benannten älteren DrtfdEjaften einer ^ßerfon ober einer ©ippe guge^örig tvaren. SiefeS einzigartige 3prad£)benfmal fd)ilbert uns in greifbarer ©eutlicf)feit, baj$ bie Stnlage fotd^er ©iebelungen von einer gamilie in bie «ganb genommen mürbe. £)amit verbietet fiel) ber politifdje ^intergrunb, vor bem baS thaurf entftanb, ju bem Anfange ftaatlidjer 93tlbung, gegen ben anbere uralte ©runbmorte mie bürg unb berg ju örtlicher unb eingefcfyränfter 93ebeutung äufammenfcfjrumpfen. 2luS biefen bunflen 3lnfangSäuftänben, bie bltftgleid) burd) baS eine 2öort erhellt werben, treten aber nod; anbere fpradjlidje formen beutltd) fyerauS, 6 2)te Anfänge uttb bie ®efdjid)te be3 beulen Dorfes. von betten heim in unmittelbarem ©efolge ber fränfifd£)en SBanberungen erfdfjeint. 2Bie bie 3ngen=35örfer nur fpärlicf) in bem alten 93oIfSlanbe jtvifcljen Sßefer unb @lbe vorfommen unb bamit bezeugen, baf$ fie erft burdlj bie manbernben ©tämme in ben eroberten ©ebieten angelegt mürben, fo finb bie ^Dörfer, meldte auf heim enbigen, burdjj bie fiebelnben granfen verbreitet morben. 3a/ eg for; feine ©dljicffale merben von ben gleichen gntereffen ber ]xtf) SRal)e= ftefjenben getragen. S)aS ift ber monumentale 2tnfang, mit bem mir bie erften ^Übungen fieblerifd£)er 3lrt in ber Dämmerung ber 33orgeit ernennen. @S barf uns genug fein; benn bamit legen mir gugleidfj ben gufammenfyang bar, ber baS SDorf organifdf) mit ber Früfyentmicflung unfereS 33olfeS verbinbet, ber es nicljt aus (Sprachliches. 7 frember Kultur herleiten läßt, fonbem afö ^eimifd^e, lanb= unb twlfögeborene ©cf)öpfung anzeigt. ©o weltfern fidj auch bie erfte fefcfyafte (Entwidmung bei ben ©ermanen t)ott§og — fo weltfern, baß bte Äunbe ihrer ©gifteng fidj nur al3 bunfle, märd£)enhafte ©age ju ben älteren antilen ©d£)riftftellern verlor — fo war biefer Stnfang bocf) energtfclj unb ftraff genug, um auf ben 2t cf er bau $u brängen. 2lu£ ber fpäteren ©eftaltung, meldte un3 in ben alten 33olf3gcf eisen, ben SBetötümem unb vox allem in ber (Einteilung ber ^elbflur eine $war lügenhafte, aber immerhin au3reid£)enbe $enntni3 vermittelt, fönnen mir auf ältere ßuftänbe jurücffch liefen, 3)te wirtfdfjafts liehe ©runblage beruhte auf ber 2tu3nui$ung be3 einer 2)orf= genoffenfcljaft $ur Verfügung ftefjenben 33oben3, ber fogenannten 9)tarf mit ber 9!Jtaßgabe, baß urfprüngltcf) alle ©orf genoffen gleite Anteile erhielten. $n *>en ©tammeögefe^en, beren ältefteö am @nbe be3 5. ^ahrhunberts unfrer Zeitrechnung niebergefchrieben ift, baS inbeffen t)iel ältere ©emofjnfjeitöredjte einf daließt, ift bieg 33eftreben nach ©leidet aller 93olf3genoffen noch beutttcf) erfennbar. Glicht immer wirb fiel) bieg allgemein fyaben burdjjfüljren laffen; benn wo ftch ein 33obenred£)t mit feftem ©onbereigentum f)erau3= bilbet, ba ift auch ber Slnfang jur Ungleichheit fd£)on fidfjergeftellt, ja, e£ wirb t)on einzelnen gorfd^em auch bte ©ntfte^ung größerer ©runbljerren fdjjon in biefe Seit suritcfoerlegt. $n ber Xai berichtet auch Xacitug, bem mir in biefem fünfte ©lauben fdjjenfen bürfen, baß ba£ SWerlanb nach Slang unb Vermögen üerloft mürbe; inbeffen ift biefe Ungleichheit erft in ben fpäteren Reiten ber ©runb^errfd^aft von ber SSßirfung gemefen, baß fie auch bie äußere ©eftaltung beeinflußte unb swar — mie mir feljen werben — Ijauptfäcfylicf) bei ber SBefiebelung Dftbeutfd£)Ianb3. 2ßie fa£) nun baä 2)orf beim beginne unferer Zeitrechnung au3? £)er ©eutfd^e war nie ein ©umpfbemohner wie ber ©laoe. @r legte fein weitsichtigem S5orf mit ben jerftreuten Kütten auf troefenem 93oben an, wie e3 uns £acitu3 red)t anfchaulicf) fd^il= bert. $e ^ach *>en örtlichen 3Serf)ältniffen rücften biefe Kütten wo^l aud^ enger aneinanber, ohne fich jeboch ju regelmäßigen ©trafen ju formieren, mitunter fo bicljt, baß römifd£)e 2lugenjeugen t)on einer ftabtähnlichen Stnlage reben fonnten wie twn einer „©tabt" ber Sataoer, bie vermutlich au3 ©rünben ber SSerteibigung gefchaffen worben war ober wie bei bem ^auptort ber 6h<*tten Mattium, wahrfcheinlid) bem je^igen 35orfe hatten bei griislar. 8 3)ic Anfänge mtb bie (#e|"cf)td)te be3 beutfdjen 3)orfe§. Keffer als über baS Drtöbilb finb mir über bie $äufer burd£) XacituS unt errietet, ber fie jraar im ©egenfa| ben römifd£)en Sauten als ungeftalt unb ofyne 3tüd fid^t auf ©cbönljeit unb freunb= licfjeS 2luSfet)en cfyarafterifiert, aber bodf) tfyre 33emalung mit einer reinen unb glänjenben @rbart fjeroor^ebt. @ine beutlidfjere 33or= ftellung erwedt eine Urne in £auSform, meldjje oor einigen Qa^ren bei SömgSaue gefunben mürbe unb bei alfer 33orfitf)t — bie gerabe ben fogenannten §auSurnen gegenüber geboten ift — baS 33ilb eines folgen ©orffjaufeS mieberjugeben fd^eint. (2lbb. 1.) SßenigftenS geigt fie bie befyerrfdjenbe Stellung beS großen 2)ad(jeS, bie foiDofyl baS altfädjftfdje £auS nodj fyeute fennjeid£)net, als aud) bei einzelnen, mtrtfcfyaftlidjen 3mecfen bienenben ©adfj= Käufern TOeberfadljfenS nadf^umetfen ift. Unfer ©eroäljrSmann fpricljt baneben nodf) von ,,unterirbifcf)en §öf)len, bie fie oben mit einer ftarfen Sungfd£)id)t belegen, als fidlere SBoIjnung im SBinter unb ein 93er= ftctf für bie gelbfrüdjte". Slucf) fie finb in ber Süneburger «£>eibe als fogenannte 9teben= feller ju finben, beren ©rbpladenbedung bem Börner als ©ung erfd^ienen fein mag. ®eutltd£)er als baS §auS erfd^eint bie $Iur, meldje baS anbere wichtige ©lement in ber äußeren ©eftalt unferer ^Dörfer ift. üffienn mir bie nad^folgenbe ©d(jilberung lefen, fo mutet fie mie eine 93e= fcfyretbung aus bem 17. ober 18. $af)r£)unbert an, in benen eine fo gefennjettfjnete SOBed^f ei roirtf c^af t noä) ganj allgemein gebräudjlidfj mar. „Sie Sänbereien merben nadfj ber ftafy ber Gebauer von ber ©efamtgaf)l abmed)felnb in ©ebrauclj genommen unb bann unter bie einzelnen nad) bem Stange verteilt". . . . ,,Mjäl)rliom gladfjtanb in bie Verggelänbe gerichtete 3Serfc^ie= bung eines Teiles ber beutfdjen Stämme, bie für bie @ntraicf= lung ber aderbaulichen ^ntereffen oon ber größten Sebeutung mürbe. 2luf biefen SBanberungen lernten bie ©tämme eine anbere meilerartige ©iebelung bei ben Helten fennen, bie Don ihnen untermorfen ober oerbrängt mürben. 2tuf bem eroberten 93oben finb bann ©örfer nach fyehmfdfjer 3lrt angelegt morben, burdf) meldjje jene älteren meilerartigen Siebelungen oertilgt mürben, ^ebenfalls ^aben bie Stämme, meldte bie feltif d)en ©ebtete im Söeften unb ©üben befehlen unb f)ier in bem bergigen ©elänbe eine mefentltd) anbere Umgebung gefunben, als fie fie in ber ©bene gemotjnt maren, ir)re alte SDorfoerfaffung unb ifjre $lur= einteilung beibehalten. @rft im fpäteren Verlaufe ber 2Banbe= rungen, als fie baS bereits in f efter unb h°her Kultur fterjenbe ©ebiet meftlid) beS großen römifd^en ©rcnjraatleS befehlen , be= ftanben fie nicfjt mehr beharrlich auf eine neue Aufteilung beS 93obenS, fonbern liefen bie 9tefte ber oon ben Römern auSge= bilbeten $arm= ober ©utSrjofbefiebelung menigftenS in abgelegenen ©egenben 6efte£)en. SoSgelöft oon ber nieberbeutfehen @bene unb beftrebt, ftch in bem eroberten Sanbe junächft häuslich einzurichten, finb bie 10 $te Anfänge unb bte ®efd)td)te be£ beutfdjen 2)orfe§. friegerifcfjen ©tämme lieber $u bem geworben, wa§ fie t)or ber 2Banberung waren: Sauern. §n ber Sebauung be3 Sobenä lag ifyre ©tärfe unb iljre $reif)ett. $n bemfelben ©rabe aber, in bem ber 2Bert be§ ©elbeS burd^ bte 3^örung ber von ben hörnern in ©eutfd£)Ianb gefd^affenen SKirt f af t) er^ ältniff e fanf, unb bie burdj enblofe Kriege erfd£)öpften Sänber nur nodj ein fümmerlicfjeS ©afein gematteten, in bemfelben ©rabe ftieg aucf) ber 2öert be3 Soben3. S)er Sefit* von Sanb würbe ein er- ftreben^werteS giel ber ©roften, bem biefe um fo met)r nad(j= jagen burften, al$ bie Serf)ältniffe be3 t)erenbenben römifd^en $Reidf)e3 e3 ifynen gerabeju barboten. 5Dte t)ert)ängnigt)oUe 2lb= fefyr von ber alten Sauernfitte geigte ftd^ batb. $e meljr Sanb fiel) in ber §anb ber ©ro^en, befonberä ber fränfifdjen Könige, vereinte, um fo meljr mürbe biefer Sanbbefxts bie Urfad^e für ben Untergang ber alten SolfSfreiljeiten unb weiterhin ju einer anberen ©ruppterung ber Sauemfd£)aften: burcf) ba3 Seljn^ mefen mürbe eine ©Reibung eingeleitet jmifd^en ben beruf= ItdEjen SBaffenträgem unb ben waffentragenben ©emeinfreien, bie ber ©dfjolle treu geblieben waren, wa3 ficfj in bem £)orf= bilbe burcf) bie @ntwtcflung be3 einfachen 2öoljnf)aufe£ ju ben Slnfängen burgartiger Sauten äußerte. Vergegenwärtigen wir un3 nun nadfj biefen furjen 2In= beutungen über bie einfd^neibenben politifdjjen Seränberungen ba3 2luöfef)en eineö £)orfe3 ber Sölferwanberung^eit, fo müffen wir ura> bie auf$erorbentttd(j Derfd^iebene 2lrt be3 ©ebieteä vox 2Iugen galten, $n bem alten nieberbeutfd^en SolfSlanbe bürfte faum eine Seränberung vox fid§ gegangen fein; bod(j Ijatte in ben Serg= gelänben neben ben natürlichen ©inflüffen ber t)eränberten Soben= formation aucf) ba3 Sorbilb ber römifd^en Sauweife auf ba3 ©orfbilb eingewirft. hieben ber Sibelüberfetjung be3 Sifcljofä Söulfila, bie wir jum £eil fcfjon gewertet Ijaben, finb f)ier bie ©tammeögefe^e von 9ßicf)tigfeit, weil fie bie Sebürfniffe etneS Sauernl)ofe3 fprad^lid^ überliefern. Waty biefen ©tamme3gefe£en, bie allerbing3 nic^t in ber alten §eimat, fonbern in ben eroberten ©ebieten niebergefcfyrteben würben, fehltest ba3 ©orf feineäwegä nur §ütten unb befcfjeibene §öfe ein. 2Bir finben faft burdj- geljenb§ — balb meljr, balb weniger — baö Seftreben, audlj auf ben Sauernljöfen ©ebäube für mancherlei Sebürfniffe ju errieten. Sßenn wir au3 ben ©efetjen ber 2ltemannen, Sapern, Surgunben, granf en unb Songobarben von 2Boljn= unb ©tallgebäuben, ©Rennen, Sölfertoanberung^it- 11 ©d£)weineftät(en, Vellern, ©peidljern, ©tuben, bie hier als §äufer aufgefaßt finb, grauenhäufem unb von jaunumgrenjten Dbft= gärten ^ören, wenn uns SDungftätten, ©refdjtennen unb felbft Söeinberge genannt werben, bann muft baS S)orf äußerlich ein wesentliches anbereS 33ilb geboten ^aben als in ber alten Heimat, in ber baS £)ad)hauS SRenfch, 33ieh unb $om vereinte wie noch heute in bem färf)fifd^en £aufe. 9ftd£)t alle biefe 2luSgeftaltungen müffen auf römtfche ©tnflüffe jurücf geführt werben; ben fräftigften 2friftof$ baju gab tt)ot)t bie natürliche 33ef d^aff ent)eit ber neuen ©ebiete, welche bie 3Sie^ud^t ju ©unften eines e^tenfiüen 3tot= bereitete, ber eine ganj anbere ftänbifdje ©tieberung nad) fiel) 50g. Säuern*, $rieger= unb Seamtenftänbe bilbeten fidj; bie $trd)e, ber ©roftabel unb ber fränfifdje Äöntg üerftärften tfyren Sanbbeftt}. Se^t äußerte fidf) aucf) bie 9tatur beS Serglanbeä infofern üer= Ijängni3t)oll, al§ fjier bie Sanbgüter Ijö^er im SSerte ftanben al§ in bem alten SolManbe, unb ferner baljin, ba£ in ben ehemals römifdfjen ^rotunjen bie 2lbl)ängigfeit be3 Colonen t)on einem 33ermaltung3mittelpunfte für bie fränfifd^en ©runbljerren fcorbilb- Ixä) unb auf bie germanifdje Sauembeüölferung übertragen mürbe. @3 liegt auf ber $anb, baj$ eine fo ttefgefyenbe polittfdje $er= änberung audf) auf bie ©eftalt ber ©iebelung jurücfnurfen mu^te. 3)tc Dörfer ber fränfifd^en 3eit finb eben nidjt nur §eimftätten von Sauerngefd£)ledf)tern, fonbern audf) foldfje von ben ©rofsgrunbbeftijern, bie anbere mofjnlidje Sebürfniffe Ratten afö jene, ©cfjon bie attfranfifd^e Sala, ein «£>au3 mit allen für bie Serteibigung not= menbigen SSorJ errungen, brängte auf bie 2lu3geftaltung ju einer t>ert)ollftänbigten Surganlage. So entmidelten ftdfj nornefymliclj in SQBcftbcutf d^Ianb bie (Sirt§el^öfe be3 SlbelS, bie auf eigenem ©runb unb Soben — nid)t auf genof fcnfdljaftltdjem — ftanben ober in entfernteren ©emeinbelänbereien eingefriebet unb baburdE) au3 ber gemeinen SJtarf auSgefcfyieben maren, aHmäfjltcf) ju ben fpäteren Surgen. 2lnbererfett3 begannen bie ©runbljerren neue ^Dörfer auf altem ©elänbe anzulegen, tnbem fie junctcfyft einen $ronljof für bie Sermaltung errtdjjteten, ber ftcf) bann im Saufe ber 3eit tnelfad) ju einem mirflidjen §errenl)of ent= midelte. SDie ©tellung beS 3)orfe3 mar im Saufe ber $aljrf)unberte bis in bie ^otjenftaufenjeit hinein attmäfylicl) eine anbere geworben, als fie im alten Solfölanbe mar. SDer freie ©orfbemofyner alter ßett, ber feinen SBiffen audf) bei ben ©efcfyiden be£ (Stammet territortumS jur ©eltung braute, mar einem ©tanbe gemieden, beffen SJlad^t feiten meiter als über bie ©orfmarf reifte. gür bie ©efdjide ber größeren SanbeSterritorien fptelte er nur noä) eine paffwe Stolle Sei ber gemaltigen Serfdjiebung ber ©tämme unb ber 2)urd£)bringung tljrer einfyeimifdfjen Äultur burd) bie römifd^e märe ein großer Sauernftaat, mie er ftcfy im Meinen nadfjmafö in grieSlanb unb ben f($meijerifd^en Urfantonen ge= bilbet Ijatte, nid^t möglidj) gemefen. S)ie Serantroortung für bie Serfaft ber Solf3fretf)ett. 13 ©efd^idf e beS ©taatSganjen tt)ar t)on ben ©örflem abgeglitten ju ben neuen ©tänben, bie ntd^t mef)r mit bem 93oben unb bem Sanbbau fo innig t)erroacf)fen maren n)ie jene. @3 trat an bie ©teile beS aSoIf^ftaateö beS politifdjje ©taat, ber Slnflänge an baS römifdje Imperium Ijatte. 3Me gorberung, baß aHe jugeljörtgen 3SoIf^= elemente ftdf) eins füllen ober üerroanbt fein follten, wie in ben zertrümmerten ©tammeSDerbänben ber alten ,3eit, mar faum nod) aufregt erhalten, ©a3 Söefen biefeS neuen ©taateS mar nidjjt mefyr auf ben primären Einheiten ber ©orf= unb 9Jtarf= genoffenfdjjaft begrünbet, fonbern ging t)on meiteren gufammem Rängen aus, bie an bem ©efd^icf beS ©anjen nur mittelbar be= tetltgt maren. $n ber langen ,3eit ^3 ©ärenS unb 3)rängen3, meldje t)om 8. bis 12. $al)rl)unbert bie Sanbfarte Europas gänjlid^ umgeftaltete, ift baS 33orf ju einem gemiffen ©tiHftanb gefommen. ©ie Dielen neuen ^Dörfer, melcfje im 9. unb 10. $al)rf)unbert auf grunbfyerrlidjem 33oben in §effen unb SBeftfalen angelegt mürben, finb ^Dörfer von unregelmäßiger Häufung ber §öfe, ma3 fiel) als §o!ge ber in ben @ingelf)öferi $Rieberbeutfeimgarten, auf bem bie ©orflinbe grünt unb bie fteinernen ©t£e für bie beratenben 33ayern fteljen, mäfyrenb feine nieberbeutfclje, befonberS im Söeften beliebte Sejeicfmung „£ie", bie bereits im 12. Safjrljunbert genannt mtrb, t)ermutlid(j fprad^lid^ auf „£ing" ;$urücfgef)t. 2ludfj bie ©injäunung, bie in einem ©üangeliarium beS ÄlofterS 6d§ter= nadf) aus bem 10. $al)rf)unbert bereite als 9Jutengefled^t bar= geftetlt ift, als „Änicf" in 9iieberbeutfdf)lanb jebodj) ein meit 14 3)te Anfänge unb bie ®e(d)tcf)te be3 beutfdjen $)orfe§. Ijöl)ere3 2llter Ijat, gewann immer met)r 3iaum im ©orfbilbe, meil ber alte 5ted£)t3grunbfa£, ba£ man burert e™ ganzer 33ölfer- ftrom über ba3 öftlid^e §oIftein, 3Ke(flenburg, Bommern, ©acfyfen, 33ranbenburg, ©tieften, $ofen, ^reuften bi3 in ba3 Kernlanb $olen3 unb nad£) Sittauen unb ßiolanb hinauf ergof*. Stile biefe Slnftebler famen au§ t)erfd(jiebenen Sänbern, aber tro£ biefer §er= fünft ber Koloniften, bie au3 §ollänbern, glamlänbem, 2Beft= falen, Dftfadfjfen, §o!ften, granfen, Samern, ©cfjmaben unb §effen — wenigen ^riefen unb SDänen — beftanben, mürbe bie gelbflur in einheitlicher SBeife in ©emanne aufgeteilt unb für bie Drtöanlage ein beftimmteö ©d£)ema benutzt. 9Jlit biefer Kolonifation fd&lieftt bie äußere 23ilbung3gef deichte be3 SDorfeS fo ziemlich ab. 33i3 1300 ungefähr £)atte ba3©orf eine fteigenbe Entwidmung fowof)l politifdlj al3 auch wtrtfcf)aftltch burch= gemalt, Es ift jetjt $war nicht meljr mie früher bie einige Dftbeutfdje ®olomfaticm. 15 $orm ber ©iebelung — ©täbte unb 33urgen maren ingmifchen entftanben — , aber e3 fyatte boclj ©eutfcfjlanbä Stellung al3 Slcferftaat beftimmt. ©tefe für bie ©taatenbilbung triftige ©runblage formte in ihrer Stärfe nur beftefjen, fo lange ber 33auer ein gefugter Pionier ber beut^en Kultur blieb. 3CRtt bem Slnfang be3 14. $3a^rE)unbert§ menbet ftch bie (Sntmicflung. Sanb jum Urbarmachen unb jur Slnlage neuer ^Dörfer mar in nennenswerter ©röf$e nicht mehr t)otf)anben, menigften3 nicht fold£)e3, ba3 man ohne grojse Umgeftattungen ber Oberfläche bem Sieferbau jufüljren fonnte. SDte ©runbf)erren gelten bie umfangreichen SBalbungen für anbere .ßraecfe jurücf; in ben ©täbten begannen bie Reibungen groifd^en ber fleinen gemerbe= treibenben 33eoölferung unb ben ©efcfjlechtern unb infolgebeffen eine ©rfd^merung ber bäurifd£)cn gumanberung ein^ufe^en. ©amit muffte ftch auch bie wirtschaftliche Sage änbern, weil ber Über= fdfjuft ber bäuerlichen Seoölferung auf bem Sanbe blieb unb oielfaclj jur Leitung ber §ufen trieb, bie in y2, y4 unb nod£) geringere 33rucf)tetle jerfpltttert mürben. £)a3 SDorf nährte fid£) je^t t)on ben (Erinnerungen feiner Soweit. Söctljrenb man baju fchritt, bie alten glurorbnungen aufzeichnen, um bamit unbewußt ben 2lbfd£)luj$ ber (Entwidmung and) äußerlich ju be= jeugen, mürbe gerabe baburch manche alte (Erinnerung für bie 3u= fünft feftgelegt. Ilm 1500 maren bie legten 9tefte ber ehemaligen zollfreien Sauerngefcfjlechter sum größten Steile oernid£)tet; was fidE) noch er= galten E)atte, erlag ben 33erwüftungen beS breif$igjäf)rigen Krieges. äBefentlidf) trugen ^u biefem ©chtcffal bie SanbeSfürften bei, meldte in bem SKa^e, in bem fie ftch ber §err[chaft ber ^eidf^gemalt entzogen, bie atferbautretbenbe 2anbbeoölferung in ein Untere tanenoerhältniö j weiter Drbnung brängten, mährenb bie ©täbte ju Sfttttelpunften neuer restlicher, ftrdfjlidfjer, gemerblidher unb bureaufratifd£)er $ntereffen E)eranrDU(^fen. 2)a3 römifche stecht, baS burdf) feinen fremben ©eift eine unüberfteigbare ©d^ranfe jmifdhen ben ©örflern unb ben §erren, bejw. ben ©täbtern auf= ridhtete, machte bie ©djjeibewanb jwifchen ben ^Bauern unb ben anberen ©tänben fo fyoä), ba£ ber erftere — oon wenigen 2lu3= nahmen abgefehen — faft jum red£)tlofen $aria ©eutfchlanbs mürbe. @3 mar nur eine logifd^e gotge biefeS 33erhältniffe3, baf$ auch ©täbte bie von ihnen abhängigen ©örfer nach 9Jtögltchfett brangfalierten. $n ben oerfnöcf)erten 3nnung3orb= 16 Stfe Anfänge unb bie ®eftf)td)te be£ beulten 2)orfe§. nungen boten ftdj jubem genug §anbljaben, um etwaige SDorf= geraerbe, bie fidj ftetlenwete ju bilben begannen, au§ ©tferfud^t lahmzulegen. ©rft im 18. Safjrljunbert würben neue Gräfte lebenbig, bie aber nicht von ben Sauern auggingen, fonbem au3 ber ganzen ^Bewegung ber $eit Ijerau3ttmcl)fen, bie aber auf eine Umwand lung ber wirtfchaftlidljen unb politischen Sage innerlich unb äuf$er= lieh brängten unb burcf) Aufhebung ber Seibeigenfc^aft unb 33e= freiung twn ben erbrücfenben Saften bie Gräfte ju einer neuen ©eftaltung freimachten. 3n ben trüben gelten, ba Abgaben, fronen unb perfönlid^e Unfreiheit 2)eutfchlanb3 Säuern belafteten, blieb bie äußere ©e= ftalt beö SDorfeS fe£)r jurücf ; ja man barf annehmen, baf$ e§ fich Woh. 2. ^aufenburf mit EnfßBfjBttbem junger. (9lad) einer alten Betonung. 5tu§ SRancf, bentfdjeS 23anernf)an§.) in ©ürftigfeit unb 3lrmfeligfeit fogar jjurücfentwicfelte. (Slbb. 2.) @ine Söanblung Inüpfte fid) erft an bie folgen be3 breijsigjährigen Äriegeö. 3n fcber Sejiehung ^atte biefer, melier unter ber bäuerlichen Seoölferung fürchterlich aufräumte, welcher unzählige ©örfer oom 95oben vertilgte, aufrüttelnb gewirft, ©eudfjen unb Ärieg^jüge Ratten gange Sanbftriclje t>eröbet — ha^e na$ ©uftao §reitag ber grofce $rieg allein jwetbrittel bi3 breimertel ber 33ewof)ner 2)eutfdf)lanb3 ^inroeggerafft ! Sie Slcferfelber waren üerroilbert, bie S5örfer t>erfchwunben; ©traudjwerf, Saumbidid^t unb SBilbpflanjen breiteten fidE) au$, wo bie §öfe ju Ruinen ju= fammenfanfen; Söege würben übergrünt unb Srüdfen faulten über ben Sßaffergräben; aber e3 f ehrten boch — wenn auch fteHen= weis erft nach SJlenfchen altern — Drbnung unb Setriebfamfeit jurütf. Wad) einem ^erDorragenben gorfcf)er (d. b. ©ol£) fyattt bie Sanbwirtfdhaft balb wieber erträglidhere Seträge geliefert al3 vorher unb baburdh bie Sinien ber alten "Jelbfulturen wieber mit neuem Seben erfüllt, ©erabe ber ^rieg fyatte na$ bemfelben $orfdfjer wie eine Siiefenbradhe in 3)eutfd£)lanb gewirft, bie burch bie t>ielen üerwefenben ©ubftanjen neue Gräfte erzeugte, t>er= mehrte gruchtbarfeit oeranlafste. ^Bauernbefreiung. 17 9Jtit Umfid£)t unb SCatfraft gingen ütele §errfd(jer uoran, um burd£) neue 2Infiebelungen unb Erleichterungen affer 3lrt bie gelb= fultur mteber ju Ijeben. SDer gro£e Surffirft (1640—1688) gab in 33ranbenburg=$reujgen tnele Beraeife feiner lanbe3tiäter= liefen ©orge, bie feine Nachfolger, von benen griebrid; ber ©roj^e allem etwa 900 Dörfer anlegte, nicf)t raieber au3 bem Sluge verloren. §crgog (Srnft ber fromme r»on ©acf)fen = ©otf)a (1641 — 1675) unb fein Urenfel, ^erjog ©eorg I. t)on ©ad£)fen= Urningen (1763—1803), Äaifer Sofepl) n- (1780—1790), £erjog ßarl griebrief) von Baben (1738—1811), jturfttrft ßarl Xfjeobor r»on Sapern 1777 — 1799) unb anbere Sanbesfyerren maren bemüht, ba3 2o3 ber Sanbleute $u erteiltem. Stffer= bingö fonnten fie einen mirtfchaftlicf) gefunben Bauernftanb nid£)t f^affen, ba im Saufe ber geit ioä) jutnel von ben großen Bauerngütern zertrümmert unb in fleine 2lnmefen aufgeteilt raaren. Nur in wenigen ©ebteten: SBeftfalen, $rie3lanb, eim Seinen Stälern ©übbeutfd)(anb3 fyatten fid(j felbftänbige, nid)t von fronen unb Abgaben erbrüefte Sauern erhalten; bocl) läjst ftdj bie langfam einfetjenbe, aufwärts ftrebenbe Bewegung ni<ä)t §ule^t in ber beffern ©eftaltung ber ©örfer, if)rer Äircfyen unb 2Boljn= f)äufer, in ben brachten unb SGBof)nung^au^ftattungen verfolgen, bie gerabe im 18. S^Wunbert eine geroiff e ^runfentfaltung geigen. £)a3 gilt freiließ nid£)t für ben Dften ©eutfd^tanb^, ber unter ganj anberen 3Serf)ättniffen fid£) entmicfelte. 3)te ©runb= Ijcrren, meldte teilö im ©efolge ber Äolonifation ins Sanb famen, teite aus 2efjnfd)ul($en $u folgen geworben waren, fa^en hier bitter beteinanber unb Raiten erheblich größeren 2anbbeft£ al3 im Söeften unb ©üben. Befaft bod£) faft jebeö ©orf öftlid) ber ©Ibe feinen ©utö^of — oft auch mehrere! $üx biefen fdfjlofc gefeffenen 3lbel mar e3 eine Sebenöfrage, feinen ©runbbefi£ fo= meit ju r>ergröf$ern, bafc er ben gamilien eine auöreic^enbe Ssiftenj bot, wa3 ben ©runbfjerren mieber jum ©etbftbewirtfdEjafter, jum 2tcfermirt großen ©tileS machte. Neues NobungSlanb mar in nennenswerter ©röf$e nicht mehr t)orf)anben; mo fidf) ausgebeizte SNoore unb ©ümpfe bafür eigneten, fonnte bie Äultioierung nur mit £nlfe ber 2anbe3gewalt vorgenommen merben. SBenn in $reuj$en griebrief) 3Bilf)eIm I. gewaltige ©ebiete ju Sauemlanb umfd^uf, mag feine Nachfolger an ber £>at)el, am Nf)in, an ber ©t(ge unb ber Ober, in Bommern unb Dftpreufsen fortfetjten, fo gingen biefe neu gegrünbeten Sänbereien ausnahmslos in bie TOu® 192: melte, baS beutfcfje ©otf. 2 18 3)te Anfänge unb bie ©eftf)td)te be§ beutfd^en Dorfes. |)änbe von Bauern über. @3 blieb ben ©runbljerren nur übrig, um ifyre — auch poütifdf) entmitfelte — Abneigung gegen ben freien Sauern jum 2lu3trag ju bringen, ihren Beft£ burcf) 2luf= fauf ber erreichbaren Bauerngüter unb =3)örfer ju üergröftern unb bamit einen abhängigen Sanbarbeiterftanb ju fdjaffen. 9Jlag biefer auch n^ gerabe in fdfjrofffte Seibeigenfc^aft geraten fein — bem miberftrebten \ä)on bie £anbe3gefe|e — fo fehlte ihm bodfj jebe STiöglidPeit, innerhalb einer Drtfdjaft @influf$ ju gewinnen ober auf bie äußere ©eftaltung be3 ©orfeö einjumirfen. 3a, burdjj ba3 berüchtigte „Segen" ber Bauerngüter, bas jeitmeilig aud) von ben Beworben geförbert nmrbe, finb aud§ felbftänbige Bauern in 3lbf)ängigfeit geraten, kleine Littel fonnten gegen biefe 3eitftrömung nichts au^ridjten; e3 muffte erft nach bem 3u= fammenbrmij $reuf$en3 bie ©tein=§arbenberg'fd)e ©ejet^gebung ganj neue ©ntmicflungölinien aufzeichnen, bet)or ba3 SDorf mieber ein $aftor in bem agrartf dfjen Dften mürbe. 9Bie ferner felbft bie Sanbeäfürften gegen bie im ©pftem ber ©runbherrfd^aft liegenbe $effelung beS Bauern ankämpften, bezeugt bie SatfadEje, baf; noch ber gro^e Äurfürft bie ©chollenpfücht ber Bauern anerfennen muffte, unb baf$ feine 9tad)folger ben erblid^en Beft£ nur auf ihren 2)omänen burchfet^en fonnten. 2tud£) in anberen adferbauenben ©taaten @uropa3 mar bie Sage ber Bauern nicht beffer; in granüreicf) j. B. mar fte fogar noch niel fchtedfjter! — aber eine nerhängniöoolle SSirfung E)atte fte baburd^ ausgeübt, baf$ fte ben politifchen ßfjarafter ber S)orf= fiebelung faft gänzlich t)erni($tete. %n feinem 3)orfe ha^e *>er Bauer fo gut mie nichts ju beftimmen; alles mürbe angeorbnet, aöe3 beftimmt unb regiert, unb mo er etma3 ©elbftänbigfeit be= mahrte, mar fie für ihn mit mandEjerlei Stadtteilen oerbunben. Söenn man babei im 3luge behält, ba£ fdEjon @nbe beä 18. galp hunbertö 2Icferbauf deuten eingerichtet mürben, bann ift biefe Ber= fennung be3 2)orfe£ al3 ©runblage eines ©taatSmefenS nur um fo befrembenber. 916er fie ergibt fich aus ber ^^rid^tung, meldte nach einer furjen Beglückung beS Sauber burcf) miffenfchaftlidje Theorien ba3 ©chroergemicht ber ftaatlid^en ^ntereffen in bie ©täbte verlegte unb ba3 ©orf gemiff ermaßen als eine jurüdf= gebliebene gorm anfalj, beren natürliche ©pi£e bie ftäbtifche @nt= micflung mar. Sarin lag ber grofte grrtum ber Seit, welker noch heu*e JeineSmegS gang übermunben ift, ba£ man in beiben ©iebelungStppen nur grabuetle Berfchiebenheiten beSfelben UrfehnS Söefonbere (Sntttricflung. 19 falj, anftatt S)orf unb ©tabt afö groei roefentlid£)e politifdje ©e= ftaltungen mit gefonberten ©ntroidlungen, 33ebürfniffen unb formen anjuerfennen. Selber ift auch bei ber größten %at be3 19. ^aljrfyunbertö, bei ber Aufhebung ber ©rbuntertäntgfeit unb ber melen auf bem ^Bauerngut taftenben Verpflichtungen nid)t an ba3 3)orf afö ©iebetung3tt)pu3 gebaut roorben. 3Kan fd)uf graar persönlich freie Sauern, bie jebod^ burd) 2l6Iöfungen belaftet blieben; aber man bemühte fidj gugleid^, bie ©emetnbelänbereien, meldte ber ganjen gefchidjtlidjen (Intttncflung nacf) bie ©runblage be3 SDorfeä roaren, aufzuteilen unb in ba§ ©onbereigentum überzuführen. Norf) weniger aber badeten bie ©efe^geber baran, neue 33auem= börfer ju f Raffen, bie namentlich in bem bünnbeöölferten unb inbuftrielofen beutfd^en Dften von ber größten SBidjtigfeit finb. @rft in ben legten fahren ift man ftaatlid)erfeit3 biefer @rfennt= m3 gefolgt, inbem man nid^t nur ben Dften mit beutfdfjen 23auernbörfern befiebelte, fonbem biefe $o!onifatton3beftrebungen neuerbing3 aud) auf fleinere SJtentengüter au^ubel^en fudfjt. Unb mit biefer ©ntroidlung, bie auf ber einen Seite mit einer fachlichen 2tu3bilbung be£ 2lanb geht, ha* fidf) auch bie SrfenntniS 33af)n gebrochen. 3Kan hat erfannt, bafc ©tabt unb ©orf jmar oon benfelben Urformen ^crjuleitcn finb, baf$ fie jeboch in einer faft taufenbjährigen ©ntroicflung ju felb= ftänbigen mirtfdjaftlichen unb politifchen Gräften geworben finb, bie einanber nityt entgegenmirf en, fonbern jufammenarbeiten für ba3 3öof)I ©eutfchlanbö unb feiner Semohner. Wxt SxxrfanlagE imir Mxxxnntnlxm$+ 2)ie erften Nachrichten, bie mir über 2)eutfcf)lanb fyahen, laffen ein rauhet, unwirtliche^ 2anb erfennen. 2ln biefem Ur= juftanbe ift oieleö geänbert morben: S)ie Sßälber finb gelichtet unb fteOentoetS nerfdjwunben, bie unbänbigen ©tröme bedungen, ©ümpfe unb -SFloore au^getrodnet unb blühenbe ©eftlbe ge- fchaffen, mo einft ber Ur unb ber Söifent ihre ©rünbe erfolg= reich gegen bie erften ÄulttmerungSoerfuche ber Seoölferung t)er= teibigten. Söer erfennt h^te noch aus ber bunten Vielheit ber 2* 20 2)ie $)orfanlage unb bie ghtretntetlung. gluren bie Sinien, nadf) benen unfere Vorfahren baS 2anb ehemals aufteilten, wer bie einf acfjen ©runbjüge ber ©iebelungen, bie fid) in ben Sßanblungen ber $)orf= unb ©tabtgefd^i^te verloren f)aben! 3Me Separation jumal fjat in fielen ©ebieten bie $lur= einteilung oöHtg nerwifdf)t, bie als @rbe einer uralten Vergangen^ l)eit nocf) im 18. $af)tf)unbert faft überall, @nbe beS 19. nur oereinjelt twrljanben war; aber noofbeft£er bearbeitet werben fonnte. S5ie 33erfcf)iebenheit ber -äJlafte ergab $)orf formen. 21 fid) au3 ber unglei^en ©üte ber äidfer. SBar ber 33oben ferner, fo Verringerte fidlj bie 3al)l ber borgen, war er leidet, fo würbe fte — entfpred£)enb ber 2trbeit3leiftung einer gamilie — größer. 3m Saljngau, S^eingau, 5Raf)egau, Sobbengau, im Stift Goroet) beftanb bie §ufe au3 30, in ber Umgebung Xrterö nur aus 15, in Dlbenburg au3 40, in ber 2lbtei $rüm fogar au3 160 SJiorgen. Um bie Anteile für bie SSebürfniffe eme3 §au3f)altö annäfjernb in gleicher ©üte ju erhalten, tuurbe bie bem 2lnbau jugeroiefene $läd£)e je nad^ if)rer @rtragfäf)igfeit in t)erf ein' ebene, metft in 3, aber audfj in 2, 4 ober mefyr 2lbfd£)nitte (©emanne ober feigen) aufgeteilt, bie mieberum in fo tnel gleite Unter- abtetlungen gerlegt mürben, mie §offtellen oorfyanben maren. ©in gemeinfam befd^Ioffener glurjmang, b. f). bie geftfetjung beä ©rnteanfangS für bie einzelnen ©emanne, bie ftd) aus ben fefylenben 3ufal)rt3megen von felbft ergab, begünftigte bie @rf)al= tung biefer $lureinteilung, mäf)renb ber $of al3 Sonbereigentum leidster perfönlidjjen Seftrebungen offen ftanb. 3U ^er g^ein= famen $elbflur fam bie 2Wmenbe, bie au3 SBalb, SBetbe, Söiefen, Söegen, öffentlichen Pä^en (®ingplct£en), ben Seen, $lüffen, Sanbgruben, Steinbrüchen, furj au3 aßen ©elänben beftanb, bie meber ber gelbflur nocf) ber $offtatt jugefjörten. infolge biefer Einteilung ber ©emeinbelänbereien, bie lange fttit einheitlich blieb, roeil fie nur in Übereinftimmung aller bebaut, umgrenjt, bepflanjt ober überhaupt t)eränbert merben fonnte, ift gerabe bie $elbflur mie ein bunter Xeppicf) Vergeudetet morben. 3teid)te bie Anbaufläche für bie angelaufene 35orfgemeinbe nid^t mehr aus, bann mürbe ein neueö Stücf ber $tur in Angriff genommen unb in gleicher 9lrt aufgeteilt. 3luf biefe 2Beife mu{$te bie glur immer mannigfaltiger merben; befonberS aber entftanben auf ben mit Sorgfalt übermalten ©renjrainen, bie bie $rüh$eit atter- bing§ nicht fannte, unb ben Keinen ,3mifchenreften be3 5Katur^ bobenö jene oielen t>egetatton£retchen ßaub= unb «giecfenminfel, meldte angenehm für ba3 2luge, nützlich für bie Stiermelt maren. £)er ©ingel^of. (Slbb. 3.) %m 9iorbmeften £>eutfd)lanb3 — ungefähr burch bie SBefer von ben öftlicfjen ^aufenbörfern gefcf)ieben — SBeftfalen, Dlbenburg, bie lieber lanbe, bie nörblid^e 5R^ein= prooinj, ba$ nörblidEje Belgien unb einen norböfttidjjen Bipfel granfreid^ö einfchlieftenb, finben mir ben Ijocfjaltertümlidjjen @tn$ek hof, ben ein fyeroorragenber ^orfc^er (SRei^en) ohne überzeugenden Sktoeis ben Helten auftreibt. SDunfte ©puren leiten ju ber 22 $)ie &orfanlage unb bte glureinteüung. älnnafjme f)in, baft ba3 ©t)ftem beg (Singel^ofeö, ba3 bie 2Bot)tt= ftätte inmitten be3 in Kultur genommenen ©elcmbeg auf6auen läf#, ein ©emeingut norbeuropäifdEjer ^nbogermanen mar. @3 liegt biefe SSermutung in ber %at um fo näfyer, al3 bie 5Ratur be§ Sanbeg felbft burcfy bie melen 3JJoor= unb §eibeftäd^en auf eine Kultivierung brängt, meldfje vom §ofe au3 leidfjt erreichbar unb überfefybar ift. ©iefer einheitliche S$obenbefi£ bilbet in feiner 33ielf)eit eine Sauerfcfyaft, bie mbeffen meljr politifdfje al3 fiebe= lung3ted()nifd(je Sebeutung fyat ©ine charafteriftifcfye ©rfcfjemung biefer @injelf)oft)erfaffung ift ba3 Um= unb Slbgrenjen burch £>edfö, ©räben unb flehte 9SalIe, über bie ber einfache $uf$meg nxtfyt feiten in gorm einer urmüd£)ftgen ©teiget)orrid^tungfüf)rt.S)em $ofe ^aftet feit 2llter3 Ijer ein 9lame an, ber fidf) auf ben SBefi^er überträgt unb nun in Stauf enben unferer ^erfonennamen weiterlebt. Übrigen^ ift ba3 ©ebiet ber @injelf)öfe meber in fid!j ein gefd()loffene3, nod) auf 9forbtüeftbeutfcljlanb be= fd^ränft. Überall haben fiel) hier ©ruppenbörfer etnge= fdf)oben ober felbft ©mgel= f)öfe mit «£ufent)erfaffung gebilbet, bie ein df)araf= teriftifdjjeö Moment ber ©emannbörfer ift. 2luch lä£t ftch melfacf) ber 5Rad^mete erbringen, bafs (Sinje^öfe erft in üerfyältni3mäf$ig junger 3eit entftanben finb. $)a3 §aufenborf. (2lbb. 4.) @3 mag baf)ingeftellt fein, ob baö §aufenborf eine felbftänbige mtrflid£)e ©tebelung ift, ober — mag fefyr nahe liegt — als eine ©ntmieflung au3 bem ©ingel= Ijof aufgefaßt merben mujs. ^ebenfalls äußert fich in ber regel= lofen, fomofyl in Stiftung afe auch Entfernung ganj midfürlichen 2lnlage ber §offtätten eine ftarle (Erinnerung an ba3 ©injel- ftjftem. SDaburch mürbe auch bie 23ermtfchung beiber ©ebiete ju Mhh. 3. <£tn?elfröf mit ?u0£prt0:en JtäVLbtxnm, (2lu§ 'Stand, beutfdjes 25auern^au§.) £aufenborf. 23 erflctren fein. 2113 gefdjjloffene ©ebiete fann man anfeilen: £eile von ©c^leämig^olftein, Dftfyannoüer, 33raunfd)rr)eig, Düringen, Reffen, ba3 füblid^e SBeftfalen unb 9tf)einlanb unb einzelne ©triebe ©übbeutfdjlanbä unb üfterreidjS. ©ie alte ©eroofynfyett, ben @tnjelf)of bur($ ©raben unb gaun 8U umgrenzen, übertrug ftdfj auf ba3 ^aufenborf als $flidjt, bie ba3 S)orf mit einem gaun, bem ©tter, umgeben lief*. 9Jtan finbet ^Dörfer, befonberS in ©übbeutfdjjlanb, bei benen ftd) ba3 @tter ju einem ganzen 2Bef)r= Aftern, mit £oren, ©räben unb dauern entroidelt f)at. ■JReljr aber nocf) al3 burdjj feine Slnlage unterfdEjeibet fid£) ba3 §aufenborf von bem t^pifc^en ©ingelfjof mii feinem Sanb- blotf burcf) bie faft immer mit ifym t)er= bunbene Aufteilung ber glur in ©eroanne, bie oben gefdfjtlbert ift. 3)a3 ©orf 3Jlaben (2tbb. 5) in "Reffen, unroeit $ri£= lar, bag man afä ba3 alte von XacituS in f einen 2lnnalen ermähnte SKattium anfielt, be= fte^t au3 16 §ufen. ®ie 2tllmenbe, l)ter in annä^ernb breiediger ©eftalt mit letlö ge= runbeten, teils gejadten ©eiten, in beren ungefährer SRttte bie regellos um bie Äird^e gefdjarten $öfe liegen, ift in 40 ©emanne von t)erfd)iebener ©rö£e geteilt, beren im unb aneinanbergebrängte Sage fd^on an unb für fidlj bie 9tegellofigfeit be3 3)orfbilbe3 audf) auf bie glur ausbeute. 2)a biefe eingehen ©emanne für bie 16 £üfner mieber in je 16 gleite £eile aufgeteilt finb, fo ergibt fid; ein buntem, aber für ein folcfjeä ©eroannborf d(jarafteriftifcf)e3 33ilb. Über bie §älfte ber $lur befte£)t au3 weniger gutem 33oben unb bilbete einft bie 2lltmenbe, bie aber fpäter ebenfalls aufgeteilt unb ber ©emenglage angereiht roorben ift. -Kit biefem ©emengborf festen fiel) bie t>orbringenben ©ermanen aucf) in ©übbeutfcfjlanb feft, meil ber ©efd^led^terüerbanb baö politifdfje Seben beljerrfdfjte. SlnberS mürbe e3, afö bie 3lnlage von ©örfern von ber ©runbljerrfdfjaft, ben fürftlid^en unb Mhh. 4. ^auf^nbörf. (2lu§ Slitbree, 93raun= fdjtueiger 2Solf3funbe.) 24 3)tc $orfanlage unb bie glureintetlung. geiftlicfyen 2anbe§!)erren, planmäßig vorgenommen mürbe, ©a ent- micfelte fid£) ein Softem, ba3 man £)a3 SJieiljenborf nennt, ba3 fidE) ftellenmeife aud& alö regelrechte^ ©tra^enborf geigt. 93ei ifym E)anbelt e3 fid^ nid)t um eine ©ntmicflung oon unten auf, meiere bie großen, fcfjon im ©emetnbe= befi^ befinblid^en, Warfen von älteren ©tü*$punften au3 befiebelte, fonbern um @rfd)liefnmg oon Dblanb burdi) bie 2anbe3geraalten. (2tu§ 9ttet£en, ©iebelung unb Stgrartoefen ber SBeft* unb iDftg ermatten.) 5Diefe teilten ba3 Sanb in ftreifenförmige 3l6fd^nitte, in fogenannte $önig^, 2öalb= ober §agenl)ufen von je 60 borgen, fpäter, afö bie Sftorbfeemarfcfyen befiebett mürben, in Seidig ober 9JJatfcf)en= fyufen. §ier lagen bie ©efyöfte in langer, ftraftenförmiger Steide ober in boppelter 3eile um einen $lai$, ben Singer, f)erum. 5Dte3 ©djjema, ba3 in feudfjten Steuerungen auf leidfjten @r= Hebungen angemanbt mürbe ober fid^ in bem anberen $aUe in langer 9iet£)e an bem SDeidj entroicfelte, fann alfo auf bie ©emeng= Wab. 5. 1f aufenborf Wattn. §aufenborf. 25 läge tJerjidfjten, obfd^on e3 rote im preujstfd^en DrbenSlanbe, roo neue Seite ber Slllmenbe aufgeteilt würben, fid^ md(jt feiten gu einer 3Kifd^ung beiber ©rjfteme fyerauSbilbete. ^ebenfalls ift e3 bie ©runblage be3 fpäteren ©trafeenborfeg, ba3 in ber Äolonifation be£ DftenS von au£fd£)laggebenber 2Bid(jtigfeit rourbe. $aft alle ^Dörfer, foroett fie nidf)t bie flat)ifd£)e glureinteüung beibehielten, finb in biefer $orm angelegt roorben, bie weit über £)eutfd£)lanb3 ©renjen fyinauäbrang. 3ft ba3 Sanb in lange ©trafen aufgeteilt, bann er= leichtert e3 natürlich bie Slrbeit unb mad£)t ben $lur;$roang ent^ befyrlidj. 2)a fid^ an= bererfeitö jroifcf)en ben langen unb geraben ©eroannftreifen ©renj= raine entlangjogen, eine im alten 33olfölanbe unbefannte @igentum3= marfe, fo nähert fidE) bie Settrirtfdjaftung ber freien 2lrbeit be£ @in= jel^ofbefi^erg, ein 23or= $ug, ber inbeffen burcf) uie ipume ^jurouuung ©iebetungen u. sigvarmefen ber SBcft- it. Oftgermanen.) ftar! t)erminbert mürbe. SDaS ^Runbborf. (2Ibb. 6.) Überall, roo einft flamme ©tämme gefeffen Ratten: in Dftljolftein, 9Jleerfd£)loffen merben fonnte. 2)ic Blut ift in fegmentartige gelber gefdfmitten, beren fd^malfte ©teilen von ben ©elften befettf finb. 3Kan E)ält biefe 2lnlage im allgemeinen für flamfdf); bod£) ift e§ immerhin fefjr auffaHenb, bajs fie fiel) audfj in ©fanbinat)ien finbet, mo nie ©lauen f)ingefommen finb, unb befrembenb, ba£ fie fid§ in einem fo au3gefprod£)en flaoifd^en Sanbgebiet mie bem ehemaligen $olen nidf)t nad)roeifen lä£t. 2lnbererfeit3 i)at ftdf) ba3 9iunbborf 26 3)ic £>orf anläge unb bie glureinteilung. aucf) in eine tnerecfige Einlage unb fjäufiger ju regelmäßigen ©traßenbörfern entmicfelt, bie faft ju tppifd^en formen be3 DftenS geworben finb. $n trielen fällen, in benen beutfdjje Äoloniften ©ebiete be= festen, bie fd)on t)on ben ©lauen fultbiert waren, bie möglicher^ weife auä) nocf) ©iebelungen au§ ber germanischen SSorgeit ent= gelten, fdjränften fte nach bem Siedet be3 ©robererS bie ©lauen in bem 93eft£ be3 8oben3 erheblich ein. ©ie teilten auch bie Flüren nad£) ihrer ©emohnheit in ©ewanne; aber fte ließen bie flatnfdjje 3tunbform oft unoeränbert weiter befielen. SDaS ®orf ift mit einem $aun, auf ber Snfet gefymarn auch mit einem ©temwall umgeben. SBeiler. 3tiä)t alle ©örfer in ©eutfdjlanb finb als §aufen= ober ©traßenborf erfennbar. %n weite, t)on ben ©ewannbörfern eingenommene ©ebiete fdjieben fidf) unvermittelt blocfartige £änbe= reien hinein, bie urfprünglidE) fdjon in biefer $orm uor^anben waren. @inen S£eil fönnen wir ohne weitere^ al3 germanifcf) anfpredjjen, bei anberen aber liegen bie SBurjeln fidler in einer anberen SBeoöIferung. SDie Vermutung, baß bie Sßeiler 9tefte einer römifc^en garm= unb ©utöwirtfdfjaft feien, ^at triele3 für fich, obgleich bei einigen auch anbere, t>orgefd)idjtlid()e SSölfer, wenigften3 in $rage fommen. ^ebettfaKd berft fich ein 2lu3= brettungSgebiet ber Söeiler, bie übrigen^ nirgenbö gefcf)loffene 93e= jirfe bilben, fonbern ftd£) mit ben anberen ©orfformen t>ermifcf)en, häufig aber an ben (jöljeren 2lb^ängen ber ©ebirge liegen, mit ber ©influßjone ber römifchen Kultur, ©o fommen fie t)or auf ben 9iljeinabf)ängen 33aben3, be3 6lfaß unb in Sotfjringen, in ber $falj unb in granf reich- ©a fie in ©eutfd^lanb oft auf ben bewalbeten Sergen liegen, fo fcfjeinen manche gu einer 3ett an= gelegt ju fein, in ber bie tieferen fruchtbaren ©elänbe fdjon von ©ewannbörfern befe^t waren. Urfprünglich gälten bie Sßeiler jebenfalfe nur einen §of, beffen 33efi£er ba§ Sanb an feine ©öljne weitergab unb be^ljalb nach SBißfür unb nach ben lanb= fd^aftlid^en 33erf)ältniffen aufteilte. 33ermutlidf) fyahen fich auch uiele Sßeiler — namentlich in ber ^ad^barfd^aft großer ©ewann= börfer — ;$u biefen entwickelt, bie fich in biefem galle nur burdjj bie glureinteilung von ben SBeilern unterf Reiben, wenn nicf)t noch bie Snbung „wetler" felbft ein weiterer «gnnweiS auf biefen Urfprung ift. Sei ben alten wenbtföfe bem Sanbe einen eigenartigen ©harafter geben. ©ie neueften ©orf anlagen im flamfcf)en Dften, meldte tum bem preufctfdjjen ©taat mit ©ifer unb gähigfeit auf neu er= morbenem 9iitter= unb ©omänenlanb angelegt merben, folgen meift bem SSorbilb beS ©trajsenborfeS. ©a bei ber 33ermeffung beS großen 2trealS feine befonberen ©igentumSredfjte ju beadfjten finb, ba aber auch baS flache ©benenlanb feine techntfcfjen ©chmierig= feiten bereitet, fo ift biefeS ©d(jema um fo berechtigter, als es aud£) ber fünftlerifd^en ©eftaltung beS ©orfbilbeS banfbare 3luf= gaben ftellt. ©ie Separation ober Flurbereinigung. ©aS beutfdje ©orf, befonberS aber bie gelbflur h<*t feit ungefähr anbertf)alb ^ahrfjunberten ein anbereS ©eficfjt befommen. ©urdh bie je£t mehr intenftoe als e^tenfioe 33emirtfcf)aftung fteUten fich @r= fd^merungen heraug/ meldte einer rationellen SluSnu^ung fehr hinberlich maren. glurserftücfelungen burch ©rbfcrjaft unb SSerfauf, mangelhafte Zugänge unb bie baljer notmenbige Spaltung beS glurjmangeS, baS 3lufgeben ber alten taufenbjährigen ©reifelber= mirtfchaft, bie üielfach hemmenben gegenfeitigen 9ht|ungS^ unb ©igentumSrecfjte h<*&en oereint auf bie Sfotmenbigfett einer neuen glurteilung hingebrängt. 2tud^ bie neueren Sftettjoben ber 93e= aderung, meldte fleinere, unjmedfmä^ig gefdfjnittene $lädf)en nur 28 9fteberbeutfcf)e Dörfer. unvorteilhaft benutzen lann, bie ©dfjmiertgfeit, roeld^e ftdf) bei bem alten 3uf^an^e eine* <&uten 2lu3nu£ung ber -JBafferabern in ben 2Beg [teilen, müffen bie gewaltigen roirtfdjaftlidjen Vorteile einer neuen älufteilung in ben SSorbergrunb treten laffen. ©o fe£)en mir benn, baß feit bem legten ^Drittel be3 18. $al)rf)unbert3 btefe Maßregel eine ber £>auptforgen ber beutfdjen Regierungen mürbe, beren ©d^wierigfeit baburclj erft in baS redete 2id£)t gefegt mirb, baß tro£ aller »erftärften ^Bemühungen ber 33ef)örben im 19. IJafyrfyunbert noch heu*e wäfe ©emetnben bte Separation nid£)t fyahen burchführen fönnen. $m allgemeinen mirb fie baburch erreidf)t, baß bie gleich artigen Sofcenmengen §uf ammengelegt unb bann an bie 93e= rechtigten nach ihren früheren 93 efiijant eilen unb unter 33erücffid|)= tigung rationeller Söege aufs neue »erteilt merben. 2)abei finb bie d) ar alt ertftif d; en f^t^^^i^tteilungen, meldte mir eben fennen ge= lernt fyaben, »erfdljmunben, jugleidf) aber axxä) trielfacf) bie §ecfen, ©ebüfd^e unb toten Sänbereten, bie baS alte SDorfbilb fo überaus malerifdE) machten. 2lud^ bie neuen ßufahrtömege fwb gerabe gelegt, manche fchattenfpenbenben Säume finb oerfd^munben unb mit ihnen ift bie 3Sogel= unb $nf Unweit oerminbert. SStele ©emeinben entäußerten ftd£) bei btefer (Gelegenheit it)re^ ©emeinbe^ lanbeS, ber 3lHmenbe, um e3 in 33ruchftücfen an bie ®orfbe= mohner ju »erteilen. 5E)aS finb — mie fidf) immer beutlid^er herausfielt — geiler geroefen, bie nid£)t nur von mirtfd^aftlid^en Stadtteilen begleitet maren, fonbern auch tnele SBälber in ©efa^r ber Vernichtung brauten. £)a man ^eute umgelegt mieber bie alten 3lHmenben Ijer^ufteHen unb axxä) ber $ecfe einen $la£ im SanbfchaftSbilbe ju geben fucf)t, fo barf man fjoffen, baß trofc ber fo notmenbigen Separation unfere SDorffluren balb mieber freunb- lid^er ausfehen merben, als fie manchenorts fidE) geigen. ©aS (Bebtet, melcfjeS mir ju S^ieberbeutfd^lanb rennen — jmifdjen ben beutfd£)en 9Jtittelgebirg3länbern unb ber SüteereSfüfte gelegen — mirb hauptfäcf)lich oon ^riefen unb ©adfjfen im 9?orb= meften, t>on einer SDlifcfybeoölferung im Dften bemo^nt, beren SSalb. 29 $auptteil ebenfalls fäd!jfifd£)en, nur in ©cljleften unb Dftpreuften anberen beutfcfyen UrfprungS tft, fid£) aber mit ben flat)ifau3, ber ,3aun/ ber Brunnen ober eine anbere einfadje ©eftaltung, meldte menfd)liche SCrbeit ber Statur afö 3eid£)en ihrer $errfd)aft an bie ©eite gefegt hat, malerifch unb belebenb. 3m großen unb ganjen aber 32 9tteberbeutj(f)e Dörfer. bilben bie SBiefen, 2tcferflä<äjen, Säume unb SBälber ben fthnmungS- sollen ^intergrunb, auf bem fidfj bie ©iebelung als SDenfmal einer balb taufenbjäfyrigen tütrtfd^aftlid^en Kultur ergebt. 2öo man fid[j bemüht bleibt, baß bie Harmonie in ber Sanbfcfjaft fid£) fo lange er£)ält, mie man fte nidjt mit geroaltfamen 9JtitteIn totfdfjtägt, ba mirb fiel) auclj bie ©iebelung als eine unaufbringlicfye unb naturgemäße ©rgänjung erroetfen. 9ERit mte menig Mitteln man einem 3Birtfd£)aftSf)aufe einen bobenftänbigen unb tro^bem fd^Itd^tfünftlerifd^en 6f)arafter geben fann, baS wirb ftcf) ergeben, menn mir uns ben einzelnen formen börf= lieber ©iebelung jumenben. $ie noxbwtfibexttftfen f ttt^fljofe. 2Ber burcf) bie ©benen 9forbroeftbeutfdjlanb3, befonberS jmifd^en 9tljein unb Sßefer, gegangen ift, ber fennt au<§ bie groß= bad)igen, ftroljgebecften ©htjelfyöfe, meldte oft von mächtigen ©id^en umgeben finb. (3166. 8.) SBir f)aben fte bereits fennen gelernt unb miffen, baß itjre §eimat im ^erjen 5Jtieberbeutfd()lanbS ift. $ier nehmen fte ein §iemlid^ gefcfyloffeneS ©ebiet ein, baS ftdjj über baS nörblicfje §oHanb bis an bie SBefer, von ber 5Rorbfeefüfte bis an baS mittlere SBeftfalen erftrecft. ^nbeffert bleiben fie feinet megS auf biefeS jufammenljängenbe SBeftgebiet befcfjränft, fonbern finben fid^ balb in meljr ober weniger großer Sickte fomoljl öft= lidf) ber SBefer, als audjj in einem großen Seile von Dbtxhaytxn, Sirol, Ober- unb Unteröfterreidf), ©tetermatf unb Barnten, ot)ne baß mir überall biefe innerhalb anberer ©orfformen gelegenen §öfe mit 93eftimmtf)ett auf ben altgermantfdEjen ©njelfyof, von bem uns SacituS erjagt, jurüdfjufü^ren vermögen. Sßenn alfo feineSmegS anjunefjmen ift, baß bieje (Singelf)öfe alle von bem= felben Ursprung finb, fo läßt fidf; bieS menigftenS für bie nieber= beutfd)en §öfe als fidfjer annehmen. ©egen bie 2lnnaf)me eines feltifdjjen Ursprunges biefer §öfe fprid£)t vox allem, baß gerabe in ^orbroeftbeutfdijlanb bie älteften beutfdjen Ortsnamen Ijäufig §inroetfe auf ©injelfi^e — nid^t auf ©ippenanftebelungen — enthalten, unb baß baS ©ebiet von ^Dörfern mit gelbgemetnfcfyaft burdjjfe^t ift, ja, baß bie ©in§el£)öfe — ju 93auernfd)aften vereint — jumeift felbft in gelbgemeinfcfjaft t)er= bunben maren unb nid^t mie in granfreicf), 2ßaleS u. a. felttfdfjen ©egenben innerhalb eines felbftänbigen Sötrtj'cfyaftSfelbeS liegen. £>aS ift jebodE) unbeftritten, baß ber @injell)of in ein IjofyeS Sllter ©mjetCiöfe. 33 3itrüdgel)t, menn er nidt)t felbft bie erfte gorm germanifdjer ©iebe= lung überhaupt ift. Söeftfalen, ber StegterungSbesir! DSnabrüd unb Dlbenburg bilben bie §eimat ber £>ofgenoffenfd)aften mit iljren großen 33auern= f)öfen unb =©efd)lecf)tern. £>ier in biefen gladjlanbgebieten — befonberö in bem Slrtlanbe, ba? fid) jroif^en §unte unb ber §afe erfirecft — finben mir ben (Singelfjof al3 cfjarafteriftifdje (Srfdjeu nung mit @tnfcf)Iuf$ aller rechtlichen, fojtalen unb mirtfdjaftlidjen @mrid)tungen. 2>a3 §au3 mag nerl)ältni3mctf$ig jung fein, ber £of ift in ber Siegel uralt; er f)at audf) bie ganje ©ntmidlung be3 33eftt$er3 t)om Zollfreien big jum Seibeignen gefefyen, er ift in ben medjfelnben 3Serf)ä(tniffen balb in lanbe§l)errlid}er, balb in gut3= Ijerrltdjer ober matfgenoffenfdjaftlidjer 2lbf)ctngigfett geroefen, ja felbft in Stitterft^en geworben ober umgefefjrt t)on folgen ju freien 33auerfi£en eingebrannt. Sie §öfe ftnb oft fdjon frül)= jcitig §erftüdelt morben, Colonen unb 9Karffötter Ijaben £eile be§ ©emeinbelanbeö erworben; tro^bem £jat ba3 meftfalifd;=fcidj= fifdje Sanb ben ßljarafter al3 33auernlanb, bem aud) bie 2lbel3= gefriedeter treu blieben, nid)t verloren. 2lllerbtng3 ift aber bie greifet ber Sauern fdjon frülj in 2lbl)ängigfeit t)on ber ©utö^errfdjaft umgetuanbelt morben. £ro|bem gte£)t fid) burd) ^aljrfyunberte ber $ampf gegen bie Sefiebelung ber glur, menn man ba3 ftitle 2lbrt>ef)ren frember 9Xnrool)ner mm 192: Wlielfe, ba§ öeutfdje ®orf. 3 34 9?ieberbeutfd)e Dörfer. von ber Sauerrtfdjaft, bejm. if)rer ©eredjtfame fo nennen nuff. @3 fefylt übrigens ntdjt an SSeifpielen, nad§ benen abgefjenbe Sinber öon trgenb einem müften ober bewohnten §ofe ein ©tücf Sanb pachteten unb barauf ein §au3 festen, ober baß gängltd; SSerarmte eine anfprucplofe $faf)lf)ütte erbauten, au3 ber unoerfc^enS ftd> ein ©d£)mellenf)au3 (©ül£)au3) cntrotcfelte. ©ut3= Ijerr, Sanbesljerr unb SRarfgenoffen ftritten bann oft über ba3 (Eigentumsrecht an biefem 3uraa^fe ^ex Sauernfcfyaft. 2Ran ift überhaupt feE)r fd^nell bereit, bei biefen §öfen ein §au3 ju er= rieten, e3 ju verlegen ober nerfallen ju laffen. häufig mad)t fi<ä) babei baS Seftreben geltenb, mit bem «£aufe zugleich feften $uß in ber 9Jlarf ju faffen, b. f)- nolfen Anteil an ben 9lnred£)ten ju gewinnen, um bann nad) unb nad) in beffere 3Serf)ältniffe aufjurüdfen. 2)a§ 2Bol)nf)au3 ift junäcfyft bie öffentlidje 9Jtani= feftierung ber äußerlichen 3uge£)örigfeit jur ©orffcljaft. ®em enU fpridfjt e£ auch, baß ber 2lltfit$er ben §of feinen ©rben nid^t anberS abtritt, afe baß er fid) bie fixere Nutznießung eines be~ fonberen £>aufeS mit ganj beftimmten 3Sergünftigungen norbe= galten I)at. ©o ift eS benn aud; eine uralte ©emol)nf)eit, auf jebem §ofe eine foldje „Seibjucht" ju ^aben, bie in befonberen fällen aus bem $oIje beS abgebrodjenen ©rbroo^nljaufeS er= richtet ift. 2lu3 biefer rechtlichen Stellung beS «giofeS ober eines $aufeS ergibt ftdj bie befonbere ©d£)ätnmg ber alten £>öfe unb ihrer 2Ser= günftigungen. ©S ift baS nichts anbereS als bie $ernttrirfung beS alten fchilbbemefjrten unb waffenfähigen SttanneS burd) feinen 33eftt3, bie in biefer gorm noch bis in baS 19. $ahrf)unbert nad)flingt. Sie „^ofroehr" als äluSbrud für ben §of felbft jeugt ebenfo bauon nrie bie ©rbfäfyigfeit ber S3efi|er, bie bei anberen freien Semoljnern burdf) baS Eintragen in bie „Hobe" erfe^t werben burfte, falls fie nicht als aä)U unb red£)tlofe grembe an- gefefyen werben wollten, greie Sötter j. 23. befaßen fein SBe^r- gut unb fonnten barum auch nidfjt im Heerbann bienen. ©urd) Slufnafjme in bie §obc erwarben fie aber baS burdjauS nid£)t felbft« nerftänbliche Siedet, baß if)ren Hinterbliebenen baS ©ut t)om fuS nicht entzogen merben fonnte. ©iefe enge 3Serbinbung non §of unb Siedeten, benen in ber älteren au$ fnegerifd£)e $flid)ten juge^örten, ift eine unmittelbare ^olge ber altgermani= frf)en ©itte, baß einjelne ©runbftüde auö bem ©emeineigentum au^gef Rieben unb ju ©onbereigentum gemacht merben fonnten, ^olittfdje 8er$ättmffe. 35 menn fte umzäunt ober in ber Spraye be3 22ei3tümer „ab = gemarft" würben. 3)ie fo lange rotrffame $raft beS ©emeinbe= gebanfenS ^atte ftdj auch barin geäußert, baf$ ber 2lobe nur ein Ausgleich; aber fie nahm aud) einen Seil ber alten ©elbftbeftimmung mit fort ju gunften ber SanbeSgeroalt. 9tirgenbS tritt biefe politifdfje ©d£)äi$ung beS £ofeS fo fdjarf in bie 6rf cfjeinung mie fyex in bem Sanbe ber ©injettiöfe, roo überbieS nod) eine anbere ©igentümlid^feit baoon jeugt. §ier geht bie Vormachtftellung, bie u. a. auch ben gutritt ^er 8e~ noffenfchaftlichen unb ber grunbherrlicfjen Beamten nid£)t ohne weiteres geftattete, auf ber £atfad)e fjeroor, ba^ fein 9}ame bem beS SSefi^erS in allen fällen juriftifdjer ober politifd^er 2(rt oorangefteEtt mürbe. @s fjat biefe f)of)e ©nfchätjung beS £ofeS mit faft felbftoerftanblidjer Sfotroenbigfeit bafjin geführt, baf$ nid)t ber Sauer, ber if)n befit$t, potitifdj) in bie @rfd£)einung tritt, fon= bern ber £>of. 2)er 33eft£er wechfelt, aber ber §of ift baS 33leibenbe in bem SSerbanbe ber ©orfgenoffen. 2öie flar tritt bocf) in biefer £atfad)e bie politifdje 2Beiöt)eit unferer Vorfahren heroor, bie über bie furje Spanne eines SftenfchenlebenS hinweg bie gortentmidlung gemeinfamer ^ntereffen im 2luge behielt! @S ift bafjer audf) ganj folgerichtig , baf$ ber «£>ofname bauernber als ber beS Vefx^erS ift, ber mit feiner $erfönlid£)fett ooUftänbig hinter bem «£>ofe jurüdtritt. 2öer hineinheiratet in ben §of ober einen folgen läuf(icf) ermirbt, tritt in ein neues Seben, hinter bem feine Vergangenheit oerfdjminbet. ®er «^ofname über= f chattet ben beS SnnljaberS, unb nur auf gefchichtlidjen — nidf)t auf rechtlichen — ©rünben fügt er feinen Familiennamen bem erfteren an. @rft bie ^errfcfjaft 9tapoleonS ha* Wefen wanbel= baren guftänben, ^e mü ber georbneten Verwaltung eines mobemen ©taateS nur ferner oertragen, ein @nbe bereitet; bocf) 3* 36 ■iftteberbeittfdje Dörfer. ftnb if)re !Kad£)mirfungen nodj heute fühlbar. ^nbeffen tjat ba3 ftarre gehalten ber alten ©emofynfyeiten bocl) aud) baburcl) mefe Unzuträglicheren mit fid; geführt, baft ein ftarfeö TOifsüerjjältnte jmifd;en bcn beredjtigten 2Rar!genoffen unb ber großen 3Jienge minber begünftigter Semofyner einer Wtaxt entftanb. ©o flar töte bei biefen Bauernhöfen mit ifyren alten ©ered;t= famen, i^rer fclbftänbigen rotrtfdjaftlidjen SSebeutung unb ifjrer 2lu3prägung politifdjen Sebenö tritt bie 33evfnöcf)erung be3 23auern= lebend nirgenbö in ©eutfdjlanb an ber ©dfjroelle einer neuen ,3eit auf. @3 ift im ©runbe basfelbe ©efet$ ber ©ntmtdlung, ba$ in ben ©täbten bie gemerblidjen SSer^ältnifje in 3nnung3= unb Bunft= f darauf cn erftarren lieft, bie Böfynljafenjagb §u einem Stu^brud ringenben Sebent unb ba§ 33erf)ältnt3 jur ©tabtoerroaltung ju einer Duelle gegenfeitiger Verärgerung mad)te. 2ßa3 bie Innung in ber ©tabt mar al3 Präger be§ mirtfd()aftlid£)en Sebent, ba$ ^atte fid; innerhalb ber größeren Sanbeäüerbänbe al3 gleichfalls mirtfdjaftlidje $örperfd)aft in ben 33auerngertd()ten, ben 9Jtorgen= fpracfjen organifiert. ^olitifdjen ©influfs fyatttn fie um fo weniger, al3 bie nerroorrenen SSer^ättniffe fie meljr unb mef)r auf bie engften ©orfangelegenl)eiten üermiefen, unb bie ©pfteme ber fielen Sanbeägemalten eine Steide t)on SCRittetperfonen fd^ufen, bie jraifdEjen ben Untertanen unb ben ©pi£en ber S3e£)örben ftanben. 3n anberen ©egenben, in benen, mie mir feiert merben, ba3 SDorf afö territorialer Segriff eine mefentlidf) gefefy (offenere §orm trug aU bei ben ©injelfjofen, tritt bieg meniger fd^arf Ijeroor afö fym. SDarum muftte an biefer ©teile barauf etmaö näljer eingegangen merben. Sie inneren Unjuträgltcpeiten, meldte au3 bem SÖtangel an mirtf^aftlid^er Bewegung f)eroorgingen, roie audfj bie unruhigen Zeitläufte, fyahzn im 18. ^a^r^unbert mannen @injeU)of jur ^uf= teilung gebracht. 3Sor allem aber fyaben fie bie Beftänbigfeit ber Beoölferung erfdf)üttert. ®a§ fogenannte oftfriefifdfje Sagerbud) von 1428 unb feine fpäteren Ergänzungen berieten barüber fd^on mancherlei 9?adf)benfli(f)e3. ©anaef) finb non ben alten §of= nameh bi3 1750 nod) auffaüenb t)iel üor^anben. ©ie t)erfdjmin= ben nad) biefer 3ett nicht nur fd^neU, fonbem e§ fönnen fid; bie neuen 33efü$er ber alten §öfe tnelfad) nur^ur^e $eit £)a^en- S)ie §offtellen mürben baburef) jerftüdelt unb auf einen fo ge= ringen Umfang eingefdjränft, baft man fie, bie in einzelnen ©e= meinben bie ?DteE)r§a^I bilbeten, in grimmer 3r^nie „nerborbene SBebeutwtg be§ §ofe3. 37 Sauereien'' nennen fonnte. ®tefe Jriirfttge Angabe enthüllt uns bte fdjtdfalSfdjwere Söenbung beutlidjer als eine lange Sdjilberung. Über brei $al)rf)unberte ift eine faum bemerlbare 33erfd)iebung beS Sefti$eS eingetreten; 50 ^alpre ^aben genügt,» alle S8erf)ält= niffc auf ben $opf jtt [teilen, obwohl baS 2lmmerlanb, mit bem fid) baS Sagerbud) befdjäftigt, fett bem 15. ^aE)rf)unbert burdj $rieg wenig in feiner @ntwidlung geftört worben ift. @S be= weift bieg, baf$ bie ©rlaljmung beS bäuerlidjen Sebent ntrfjt von au^en t>erurfadf)t ift, fonbem baf$ fie ber inneren .öerfnöd)erung beS ^Dorfes entfpringt, baj$ aber ber in feinen SebenSfräften er= nbh. 9. ^of in 3ptatktnUl)l ftzi Wittm&tVL. (StitS 91 and, beutfdjeä S9auemf)au§.) mattete 33auerngetft fid) nod) feft an feine toten formen geflammert f>atte. 2Kn ifyren oft ganj bebeutungSloS geworbenen Stedten, bie in ben fogenannten SSauernbriefen aufgezeichnet waren, Stetten bie Säuern ebenfo feft wie bie ftäbtifdjen fünfte, a-3 i^re fcfjaftlid^e ©runblage non neuen Gräften fdjon erfdjüttert mar. @rft im 18. ^afjrfjunbert, als bie olbenburgifdje Regierung foldje ©riefe non 52 33auernfdjaften einforberte, erhielt fie biefe non allen oljne weiteres jugeftellt, weil fie wertlos geworben waren, unb felbft auf ben efjrwürbigen ©ingel^öfen baS Bäuerlid^e Seben t)on tnelen Ueffeln eingefd)nürt war. — — 28o, wie in ber §eibe, baS Sanb weit unb offen baliegt, ber braune §eibeboben nur büftere ^abeltjolger auffpriejsen läf$t, ba wirft aud^) ber @inge!f)of fdjon als ein gefd)loffeneS ©iebelungSbilb. (2lbb. 9.) ©erabe baS ßufammenbremgen aller rotrtfdjaftlidjen Arbeiten auf einen t)erfyältniSmäf$tg fleinen ffieä, wäfyrenb bie «£eibe rings baS f leine Äulturbilb umrahmt, f)at biefem einen aud) oon fern fdjon fidjtbaren monumentalen 2luSbruor, bie mir übereinftimmenb in SBeftfalen, in ben 5ftar= feiert, ber unfrudjtbaren ©eeft ober aud) auf ben ;JJorbfeeinfeln in bem 23erf)ältni3 be§ ©e£;öfteö jum 33aumraudj3 ernennen, unb bie nad) ben Gräften be3 Sanbeg ben £of in fid£) ju betten fudjt. 3)a§ Stimmungsvolle ber nteberf äd^fif d^cn Sfteberlaffungen beruht jum 3Jetl in ben ungefünftelten, nur wenig bef eftigten ober baumbegleiteten SBegen, bie oon Sumpf = unb §eibepfaben gefreugt merben unb mit Vorliebe ben Krümmungen ber f^tüffe unb ber SSäcEje, ben ^Bewegungen be3 ©elänbeS ober ben ©renken be3 KulturlanbeS folgen. „2Ba3 bie SQSelt sereinfad^t, mad£)t fie auef) größer", btefeö Sßort S^a^efö Ijat in ber §eibe gefd^icfytliclj umgef ehrten Söert. $e größer bie «£>eibe, um fo einfacher, fcfjlidfjter ber §of, ber barum feine ftärffte Sßirfung in feiner gfoliert^eit J)at. 2öo er aber anetnanberroäcljft, oerliert er etma3 von biefer SBirfung in bem 3Jtaj$e, in bem bie Siebelungen fief) ber 2lu3ftraf)lung3= jone ber 93erfet)r3= unb ^auptftäbte nähern. ©Ijemafä lugte in ber gerne roof)l eine fülle Kapelle auf, ju ber bie 93emof)ner von ifyren jerftreuten SBo^nfi^en maltten, ba3 ©ebetbuef) in ber §anb, graoitätifd§ in ber alten frönen Xradjjt, menn bie Klänge ber Kircljenglocfe feierlicf) buref) bie Sonntagöluft füllten; Ijeute liegen bie uralten Kirnen au£ ©ranitfinblingen inmitten ga^treid^er §öfe, bie — einem natürlichen Konjentrationggefet^ folgenb — immer näfjer jufammengerücft finb. 2lber auef) l)ier nodj bleibt bie (Entfernung non £>of ju §of gro£ genug, um bie SSorftellung be$ @injelf)offr)ftemö aufredet ju erhalten, wenn auü) bie Kulti* tnerung ber §eibe bie $elbflur meiften3 längft ju einem einf)eit= liefen ©efilbe gemalt £)atr unb felbft bie gluraufteilung ba3 äufjer- lief) Hare Silb einer gefcfjloff enen Drtfcbaft nerftärft. — 93ei all ben bisher ermähnten @injelf)öfen fanben mir ben alten fädfjfifdfjen ©inbau, ber SJlenfcf), Stere unb gelbfrüdfjte unter bem= fetten* 3)ad)e birgt. Sie grof$e ©iebeltür öffnet fic£> auf bie Siele, ju ^ber Don beiben Seiten bie Küfje unb 3tmber in ben 9?aum bltcfen, mäfjrenb in ber SCiefe ber niebere £>erb mit feinem qual= menben Xorffeuer ben Staudt in ba$ ganje ©efyäufe bringen läf$t. Sie bafyinter gelegenen 2öof)nräume geftatten ben 93licf in ben gangen 2öirtfcf)aft3raum, mag ftcfj am Sage erübrigt, ba fiel) ba3 gange mirtfcfjaftlicf)e Seben oon früf) bi§ fpät auf biefer 39 ©tele — bem inneren $ofe — abfptelte. 2)iefe3 ©ad£)fenf)au3 ift in 9?orbbeutfdf)lanb gmar ber f)auptfäd)licf)e Präger be3 ©injel- f)offt)ftem3; e3 ift im ©orfoerbanbe über ganj SR teberbeutf d£)Ianb — efyemate bi3 nacl) ^Sommern unb SBeftpreu^en l)tn — t)er= breitet; aber e3 i[t burdf)au3 ntdjt mit ifym et£)nograpl)tf(ij ober territorial oerbunben. %n ton frieftfdjen SJtarC^en ift ber ein= jelne £>of trielfadj ber Vorläufer fpäterer ©örfer geraorben, ein Vorgang, ber ftd£) unter unferen 2lugen noä) fjeute ooUjte^t; in= beffen treffen mir f)ter einen anberen $au3tt)pu3, ber un§ nod£) beschäftigen mirb. Unb im oftelbifcfjen ©ebiet, mo ber aufenborfe finb audf) $meifello3 neue ©efelltgfeit3= triebe emporgef ommen ; minbeftenö erleidjterte e3 bie gegenfeitige 2lu3fpracfje unb (Einigung in allgemeinen Angelegenheiten im 40 9Heberbeut]d)e Dörfer. ©egenfatj gu ber felbftanbigen 2X6gef d^Iof|en£)ett ber ©inselljöfe. @3 fann bafjer feineSraegö überrafcfjen, baß gerabe in bem ©ebtete biefer ©iebelunggform aud; bie 2ßei3tümer unb bie fonftigen alten getriebenen SBauernfat^ungen fdjon früf) eine Spotte fpielen, unb baß bie Sntereffen ber ©emeinbe, ber SSauernfchaft in ben organifierten 33erfammlungen, ben 33urbrinfen ober ben £5auern= fpradjen gemiffermaßen einer ftänbigen 3techt3geroohnheit würben. (Sine unmittelbare $olge mar bann bie SBebeutung be3 3lnger3 afö be3 gegebenen $lat$e3 biefer 33erfammlungen. @r tft burdj ba§ 3uf ammenrüden ber von außen, oon ber gelbflur nach einem SRittelpunfte rücfenben £)offteIlen entftanben. Stuf if)m befinbet ftd) neben ber Kirche unb bem ^irdjfyof ein ©orftümpel unb häufig bie 3)orflinbe, unter beren ,3^8^ bie SBerfammlungen in ber Sieget ftattfanben. 23auernfpracl)e, Singer unb $irdje gehören alfo eng gufammen — fachlich unb räumlich. $n Söeftfalen, Reffen unb Springen finb für ba3 Sorfgericht fteineme ©cfyranfen unb £ifd)e (2lbb. 10), im Dften gewöhnliche ginblinge, unter bem ©erid^t^baume erridjtet, ober aber e3 mürben bie 23erfammmlungen auf ben Kirchhof oerlegt, ber bann mof)l auch geeignete Saulid^feiten gehabt l)at. ©ie finb natürlich mit ber junefymenben 33ebeutung3= lofigfeit ber einft einflußreichen ©jungen oerfchmunben. 9?ach bem 2tnger finb bie ©e^öfte gerietet, meldte fid£) jebodlj nach feiner beftimmten 5tegel um tf)n fcljaren, nur burch bie Qänm ber Vorgärten üon ben Käufern getrennt, beren ftmftüoUe ©iebelfeiten je^t fd£)on reicheret ^runfbebürfnfe oerraten. 2Bof)l gab e3 fdE)on fe$r frü^ 23eftimmungen, meldte für ben ^mifchenraum, für bie «f)öf)e ber ßäune, bie Sreite be3 2Bege3 unb für be^inbernbe Säume ein allgemeine^ Sftaß feftfe^ten; im übrigen ^errfd^te reine SBitlfür in ber Sage ber §öfe, bie burch regellofe, balb enge, balb breitere ©äffen getrennt toaren. Stuf biefe 2Betfe ift ber politifdje 33egriff be3 2)orfe3, ber urfprünglich mit ben (Singet^ £)öfen al$ mirtfd^aftlid^er @inf)eit oerbunben mar, unb bie £en= benj ju rinem republifanifchen 9Jiifrofo3mu3 hatte, ju einem fiebelungSted^mf d^en oeräußerlidjjt, ber biefen ©ebanfen baulief) §um 2lu3brud fommen ließ. 2Bie fidj beim ©ingel^of biefe 2Birt= fdjaf Feinheit au3 ber $lur ^erausljob, fo mar e3 beim Käufern borf bie ©efamt^eit ber «£>öfe, meldje jei$t aber afö 9JlaffenftebeIung von ber glur lo^gelöft unb nxä)t feiten noch von einer Ummatlung umbogen mar. $n einem Sßunft beftanb jebod) ein großer Untere fdjieb: obmohl bie gelbflur fdjon früh, *m fp^ten Mittelalter, ©efettige Anlage. 41 10. #Jorfo*ru#t in IfajBtt fc:ei Jameln, (9tod) sßfjotograjjljie.) ju ©onberbefit^ geworben mar, fo fjat bod^ ber glurjmang eine gerotffe ©ebunbentjeit bt§ in bie ©egennmrt fjinein bemafyrt. dagegen beftanb für ©efyöfte ein ^mang nur infofern, afä §erfommen unb 23e= bürfniffe einen beftimmten üE^pug — in biefem gaffe ben fädjftfdjen — 5ur felbftoerftänblidjen $fltdjt matten. $n bem überlegenen ©ebanfen allein, bie £öfe au£ ber gelbflur Ijeraugäitnefymen unb fie auf einem bafür beftimmten $lat$e $u einer gefd)loff enen Drtfdjaft jufammenjufü^ren, liegt eine au3 ber ©ntmtdlung f)er= vorgegangene Planung unb nid)t, mie man annehmen fönnte, ein 9lad)af)men frember 33orbilber. 2öir fjaben gefef)en, ba{$ ba3 SBort ,,©orf" £aufe bebeutet; in biefem §aufenborf fönnen mir bie tatfäd)lid)e SSeftätigung biefer bttblidjen S3egief)ung fefjen. ©er S3egtr£ biefer edjtgermanifdjen §aufenbörfer fällt mit bem ©ebiet ^ufammen, auf bem fid) bie erfte 3lu3breitungsbe= megung ber germanifdjen ©tetmme üoffjog, bie mit ben Gimberm friegen — etroa um bie Söenbe be3 erften oord)riftltdjen 3a^= l)unbertö — ifyr @nbe erreicht fjatte. @3 entgte^t fid) unferer Kenntnis, meld)e inneren Urfadjen biefe DrtSbilbung beförbert f)aben; jebenfatfö aber fönnen mir in ifjr eine fefyr alte ©iebelung3= form feiert, bie fid) nur in rein germanifdjen ©ebieten nacfjmeifen läftt. 2Sir finben foldje ©orfanlagen in SSraunfdjraeig, in ben 3Jiaingegenben, in Söeftfalen auf bem fogenannten §effmege, in ber ^Pfalg, jmifdjen bem 5ftedar unb bem Dberrfyein big jum £edj 42 9?ieberbeutjd)e Dörfer. unb von biefem bte gut Sfar unb bem %nn — alfo in einem ©ebiete, ba3 aße brei geograpljifcfyen ©tufen ber beutf d)en @rbe umfpannt unb bie nerfd£)iebenften «g)au§tppen etnfdjliejst. Saft fie aud£) im norbmeftlicfjen ©eutfcf)lanb — jmifcfjen SRJjetn unb 6lbe mit ben (Sin§eIE)öfen gemixt — verbreitet finb, bemeift eine alter= tümli^e 33ejiel)ung $u btefen; bod) erfdEjeint e§ immerhin fraglid), ob fie nid^t al3 $olge jener erften 9tu3breitung3beraegung ju er= Hären finb, bie t)ermutlid£) t)on tiefgefjenben agrarifcfyen Ummäl= jungen begleitet mar. ^ebenfattö finb mir jur 3eit nicf)t im= ftanbe, barüber eine au^reidjenbe 2lu3funft ju geben. ^ünftlerifd) betrautet, ift ba3 §aufenborf eine natürliche Steigerung ber SSorgüge be3 @injeIf)ofeg ; aber e§ beginnt in if)m fd^on ein leifeg 2lbf dementen von ber innigen 33erbinbung jmifdjen ber Umgebung unb ber Saufunft. £)ag ift er!(ärlid(j, metf mit ber Häufung ber 23aulid)feiten audj) ber SBunfd^ entfteljt, ben §of ard£)tteftontfd£) jur ©eltung ju bringen, ein Seftreben, meldfjeä burcf) ben bef)errfd£)enben $ird)enbau in beftimmte Sahnen gelenft mürbe, ©er natürliche ard^iteftonifd^e SERittelpurtft ber $ircf)e f äfft eine ©lieberung fomofyl innerhalb be3 ©orfeä afe aud£> naä) au^en J)in, mo ber ted^nifd^e ^Begriff be3 ©orfeö ju einem äftfyetifcfjen be3 ©orfbilbeä empormäd£)ft. SBurben nod) baju bie $ird)e unb ber griebljof ju einer üerteibigung3fä!)igen Anlage gemalt, bann entmidelten fidj burdj 3u= Zubauten au§ biefen Slnlagen fefte fünftlerifcfje ©runbfä^e, benn bann entftefjt inner= f)alb ber §ofe eine 3Xrt ©rof$of, ber manchem £)orfbilbe einen ftäbtifd^en ßljarafter gegeben f)at. 2)af$ biefeS felbft ju Übertreibungen führen fann, bezeugen un3 einzelne fpätere @in= fdjränfungen. %n einem meftfälifcfyen £)orfe mirb 1370 ben be= red£)tigten Sauern unb Göttern au3brüdltd£) bie 33efugni3 gemätjr- leiftet, ©Rennen auf bem befriebigten $ircf)f)ofe anäulegen. ©iefe t)ielfad£) nachweisbare Bebauung be3 Kirchhofes f)at häufig gerabeju ju Unoerträgltchfeiten geführt, meil fidE) babei biSmeilen ganje Söotjnhäufer entmtdelten unb böfe SfedjtSljänbel entfielen liefen. 2öte fdtjon gefagt, bietet ba£ §aufenborf für bie 3Serteibigung eine geeignetere ©runblage afe ber ©njelfjof, ma§ in ben 35rang= falen fpäterer Reiten nicht t>erfannt mürbe unb in manchen ©e= genben bie Ummanblung ber @injeI^of=©emeinben ju einem §aufenborf bemirft f)at. gnbeffen ift baS befeftigte 2)orf Jetneö= megS eine fpätere ©rfd^einung. 3lad) alten SßeiStümem ift baS 2)orf mit einer «£>ede, baö fjei^t einer unburd£)bringttd£)en 3Ser= ©ejeKtge Anlage. 43 fledjtung lebenber 33aum= unb ©traudjjarten ober einem $ßlanfen= jaun, bem fübbeutfd^en „@tter" umjogen, aus benen fid£) oft genug eine mefjrfyafte 2ln(age, mie fie un3 bei einzelnen füb; beutf cfjen §aufenbörfern entgegentreten n)irb , entraicf elt fyaben mag. SöatI unb ©raben, bie ftd; bann btömeilen bagu gefeiten, finb alfo burcfjauä nidf)t grunbfäi$Iidfje @igentümlid£)fetten ber ©tabt, fonbern fie fommen, roenn audj nid)t fo fjäufig, audf) bem ©orfe, unb befonberö bem ^aufenborfe ju. $ft bod£) aud§ mand£)e fpätere ~Mb. Ii ^jeg^borf fcet foUz a. M. ^ Super im Brrglaubr. ©tabt au§ folcfjen börflidjen Söefyranlagen entftanben, bie nodE) in bem ©tra^enft)ftem fjerau^jufinben finb! Treten mir in ein SDorf be3 nörbtidjen SBeftfalen, fo glauben mir bie benachbarten ©injelfyöfe nod£) cor uns ju fefyen, nur ein menig aneinanber gerücft. 95odE) (äffen fie nodf; fooiel 9^aum jmifcfjen ftd£), bajs befonberg im ^oc^fommer, wenn bie (Siefjen, Suchen, Lüftern unb Sinbenbäume ben 2lu3blicf fperren, mir immer oereinjelte ©eljöfte oor 2tugen Ijaben. SDte breiten gafjrmege, meldte aud£) in ifyren Stbjroetgungen nidEjt ertjeblidfj fdfjmäler merben, uerftärfen ben ©inbruef ebenfo nrie einzelne bie ©efjöfte ein= fd^Ite^ertbe Änidfö, §ecfen unb gäune. ^art erfennt, baf* ber £of nodfj mit fetner ©efdjidEjte brausen in ber gelbflur ftef)t, mäfyrenb bie Srfafyrung ifyn fd£)on beuttidj ju einem mirftid^en ©orfe gruppiert £)at. ©omie mir aber bie erften ©ebirg^djroeßen be3 5Deifter unb Solling, be§ Teutoburger SöalbeS unb bes ©üntel 44 9Heberbeutjd)e Dörfer. über freiten, fomie mir ba3 Söeferberglanb erfteigen, ba mirb ba3 33tlb anber3. 3)ie formaleren, J)ö^eren unb baulich ent= midelteren §äufer unb bie nur von ©artenlanb umgebenen §öfe rüden aneinanber, bie SBege nerengern fiel) unb laffen audj bie -Jtebenmege fleiner werben, furj e3 fteigt ba3 Drtöbilb afö eine fomprimiertere ©iebelung au3 ber glur auf. (Abb. 11.) ©chon tyier, mo bie SBeoöIIcrung nod; gang in ber Sbene fte£)t, mä^renb ba3 Sanb fdfjon im Übergange jum sollen Öerglanbe ift, geigt fidj fo recht ber gemaltige @influf$ ber geographifcfjen 3Ser= hältniffe, ber ftdj metter füblidfj in einer rabifalen Ummanblung ber 33eoölferung äußert. 3n einem fünfte aber fd^lie^en ftd> all biefe ^Dörfer ju einer einheitlichen ©ruppe jufammen: ba3 ift ihre @igenfd)aft als ©ernannt börfer, bie burd) bie Aufteilung in ©emanne unb ben fidf) barauS ergebenben mtrtfd£)aftlichen Kommunismus fidf) von ben @inheit£= felbern nieler Singelhöfe abgeben. pte fxiefiftfen puffen- unb Jttfefbörfer. Äußerlich gleiten manche ber auf ben Unfein ber 9?orbfee gelegenen ©orffdfjaften ben §aufenbörfern, ohne ba£ man jebocl) J)ter eine anbere afe entmidlungSgefchicljtliche £enbenj annehmen barf. 3)te Sürftigfeit beS SanbeS an ©etreibebau unb an Säumen gmingt fytx ju einer Ausnutzung geeigneter £SebauungS= fläzen, bie ein hunteZ Vielerlei ber ©e^öftanlage gumege bringt, ßmar fyat eine jüngere $eit ^ie burdEjmirrenben $fabe burd) plannolle 33erfehrSmege unb burclj ben Sabeoerfehr gu einem breiteren 9ttd(jtungSbünbeI vereinigt, aus bem fiel) leid)t eine breite §auptoerfehrSaber löft; bod(j läf$t fiel) ^äufig nod) bie ^wangloftg^ feit ber älteren Anlage unfcf)mer i)eraugfinben. ©in 3ufammen= l)ang mit bem oben genannten nieberfädjftfcljen §aufenborf läfst fiofraum nidjt baS foftbarfte ift, fonbern baft er ber SBeitfd^meifigfeit ber Anlage entgegenfommt. Umge= fehrt fteigt burch bie ^Bewertung beS SobenS bie Neigung gu börflid^em gufammenbrängen ber §öfe, namentlich aber bei jenen älteren ©iebelungen, bie urfprünglicf) oereinjelte SBarften maren grteSlanb. 45 mh. 12. müljlborf auf Born. (Sfladj $[jotograpl)ie.) unb nun ein ganj anbereö ©eftdfjt erhielten. Sn ^en weiften fällen ergibt fxdj eine 2tnreif)ung t)on «£>öfen, bie einen t)erl)ältni3= mäßig breiten 2uf träum grotfd^en fiel) Ijaben unb mit fRüdffid^t auf ben 2Binb nact) ©üben gerietet finb. ©o gteljt ftenbeö Zentrum be|ü$enb. (2166. 12.) 2lnbcrerfett§ f)a6en bieje friejtfdfjen ^njelbörfer nod) eine bejonberne ©gentümltdfjfeit in ber faft oegetationmlofen Umgebung. 2)etm auf ben Qnfeln, auf benen fiel) nur üerftoljlen ein niebrigeö, t>erlrüppelteö SSalbgebüfd) cnt= micfeln fann, ba3 ein jornigem 2)reinfat)ren üon SBinb unb ©turmflut einem Süagem melleidfjt üerfcfjrainben macfjt, überwiegt ber bunfelbraune «geibeboben, bem im ©ommer ber blaue ©njian unb bam §eiberömlein ein etmam lebhafterem Kolorit uerleiljen. 28o er aber non %kx ober 3Jlenfd^ ein wenig gelüftet ift, ba gerrt ber ©türm balb ben meinen ©anb aus ber £iefe, ber alle Vegetation in feiner Umgebung erftieft unb in mächtigem 3Sor= gelänbe bie ^nfeln umgibt. @ine Siegel in ber 2lnlage läßt fidfj t)ier meber aum ge[dfji 9tedjnung, ba3 niebrig unb mit Keinen Söofynräumen angelegt unb ber ftrengen SBinterfälte gegen= über burcf) wenige unb Heine genfter gerüftet ift. ©ie feften giegeltnauern finb auf^erbem^nocf) burd£) ein ftarfeg gadjjmerfgerüft befonberä gef^ü^t; fatfö bie brängenben 2ßogen ba3 $ad;merf I)erau3fpülen foltten, ergibt ftclj nodC; immer ein geringer §alt in bem auf $fä£)len rufyenben SSobenraum. ber roaljrfdf)anlid) au3 biefem 2lnlaf3 nod; eine befonbere ©taatöftube erfjielt. 33iettetcf)t ift au3 biefem Verlangen nadj ©d)u£ aud) ba§ 2lneinanberrüden ber §off)äufer fjernorgegangen, bie balb im SBinfel, balb in verlängerter $irftlinie angeorbnet finb unb bie SSerbinbung innerhalb be3 £aufe3 mh. 13. Wlax^mUxf ItylTimttiörf (fabeln). (2lu§ Wand ,^beutftf)e§ S3auernt>au§.) geftatten, ofyne ba$ greie paffieren ju müffen. 2tud) finb bie fünftlicfyen SBafferlödjer, bie fogenannten gelinge, eine @igen= tümlidjfeit ber galligen, mefdjje ben jufammengebrängten §öfen ein malerifcf)e3 2lu3fef)en Der leiten. 3)a3 S3eftimmenbe biefer $rie$Ianbbörfer ift immer baS 93erf)ältm3 non ©eeft ju 9Jtarfd£). Sie erftere au3 fanbigen unb Ijodjgelegenen, teitmeife audj aug Tloox beftefyenben ©ebieten gebilbet, ift ber urfprünglicfje ©tebelung^boben, non bem au3 bie ^nfelroelt in ber ermähnten §alligenart befeitf mürbe. 5fteue SSerfyältntffe ergaben fid^ burcf) bie Kultur be3 SKarfdjjlanbeä, ba3 aus ange= fdjroemmtem SSoben eingebeidjt ift unb in ber Siegel tiefer afä ber 9JteereefpiegeI liegt. ©a3 ältere friefifclje ©eeftborf ift nrie auf ben galligen au3 ber 33obenftru!tur ber Söarften, alfo mefjr in miHfürlid^er SSeife, äufammengewacfyfen, mäfyrenb in ben neueren Drtfcfyaften, b. f). immerhin in ben legten fieben Safjrfyunberten, grte£lcmb. 47 fiel) ein planmäßiges SSeftreben oljne weiteres etfennen unb f)ifto= rtfeh beglaubigen läßt. 33ei jenen bilbet bie SSBarft mit intern herumgelegten ©raben eine bem (Stngel^of oerraanbte ©eftaltung. treten ju ber notroenbigen Srücfe nod£) §auStore, fo f)aben mir eine dEjarafteriftifclje ©eftattung ber Anlage fdEjon im Äeim, bie bei ber fpäteren fäcfyfifcfyen 2)urcf)bringung Dieter Sftarfcfjen beibehalten mürbe. (216b. 13.) SemerfenSraert ift baS ÄolonifationSgebiet audfj baburd), baß bie £>öfe häufig innerhalb ber zugehörigen Sänbereten %hh. 14. BHMum (tob töhtrjfrn). (SRadj $Ijoto9tatf)ie.) liegen, bie nur burd) befonbere gerichtliche @reigniffe, mie im Sanbe -Surften (2lbb. 14) ober in ber 9?ä£)e von Äirchen, ju einer größeren Slnfiebelung äufammengemad£)fen ftnb, in meinem gaffe aber nodj bie ©ärten in nächfter 5Jlä^e bleiben. ©ine eigene Söelt für fich bitben bie -JRarfchen, meldte fid£) von ber @mS an ber %)rbfee bis nach ©chleSmig hinaufziehen, überall bie breiten ©umpfftreifen ber großen glüffe bis tief in baS 33innenlanb einnehmend Urfprünglich xvofy ausnahmslos frtefifch,finb manche bem anbrängenben ©achfentum erlegen, baS fym fiegreidj feine eigne Kultur einführte, mäfjrenb in einzelnen, mie u. a. in bem olbenburgifdEjen ©aterlanb, fich bie friefifdje SSeoölferung faft unoermifd^t innerhalb ber umbranbenben fächfifd£)en Spenge erhalten hat. Um nur bie größeren biefer in früheren $5at)rE>unbertert fich teilmeife einer repubitfanifd£)en ©elbftänbigfeit erfreuenben 93auem= ftaaten ju nennen, feien tjier oon Sßeften nad) Dften ge§ä£)It: 48 9?teberbeutfd)e Dörfer. 9teiberlanb, $et)erlanb, Sanb SBittmunb, ba3 erwähnte 2lmmer= lanb, SSutjabingen, ©tabingen, alle groifd^en ©m§ unb Söefer ge= legen, ferner 2ßut)rben, durften, fabeln, Ebingen, baö 2llte Sanb grDifd^en SBefer unb ©tbe unb bie 33ierlanbe, bie Äremper= unb Sßilftermarfdf), Sanb SDitt)marfdE)en unb Derfcfyiebene Heinere, bie fich faft big naä) 3)änemarf hinaufgieljen. $n ber SDorfanlage finben wir eine nerl)ältm3mäf$ige ©htfjeitlid&Ieit, in ber 3lu3geftaltung ber £>öfe jebodlj eine um fo größere SJJannigfaltigleit, bie faft von 9Jiarfd) gu 5Jtarfd£j ifjre örtlichen ©onbetfjetten ausgeprägt hat. SDa3 ift jebocl) ein ©rgebniä ber inneren ©efdfjichte, bie au§ biefen bäuerltd£)en ©emeinben balb Heine 3iepublifen fd£)uf, balb unter einzelnen bäuerlichen Stynaftengefdjlechtern in langam bauembe politifcfye Segieljung gu anbeten beutfdjjen ©taatämefen braute, balb auch in langen fdfjroeren Kämpfen an anbete §errf(^er{)äufer fettete, non benen bie olbenburgtfdjen ©rafen, bie dürften non Sauenburg, 33raunfchmeig, ipolftein unb felbft bänifdje §errfcf)er in erfter Sinie gu nennen finb. ©ogar bie SBifdjöfe von fünfter, bie (Srgbifd^öfe non Bremen fugten ^ier feften guj} gu faffen, ohne bafs bie SBauerngememben — ©itt)marfchen in erfter SJlei^e — ihre ©elbftänbigfeit gänglid; üerloren, bie \xä) nicht guleitf in Dielen Drbnungen über bie Sauart von ®orf unb unb §au3 äußerte. 2Benn man e3 nid§t auch an anberen ©teilen beobachten fönnte, fo mürbe bie @inficf)t ber friefifdjen 3)orforb= nungen banon überzeugen, baf$ bie f<ä)lid£)te ©chönljeit unferer ^Dörfer ntd)t gum menigften biefer gefei^IidEjen Zügelung gu t)er= banfen ift. ©er 2lltlänber mit feinen grojsbacfjigen, mit bunten Riegeln gemufterten gad^metlljäufetn, unter benen bie breite maffiüe Kitdje faft tjwfdjroinbet, bef)ettfd)t ba£ füblid^e Ufer ber Untetelbe; bie f rteftfd^e Sauerngemeinbe mit ben faft im Sßiefenlanb t>er[unf enen 93acffteinf)äufern bie lüften be§ SReereS unb bie SmSufcr; eine meitfdjidjtigere unb an ber Sangfeite mit einem ©iebel gefdjmüdte 2l6art begfelben ©tammeS bie fd;le3mig=holfteinifche ißeftfüfte. §ollänbifd^er (Sinflujs hat jwifchen ®mg un^ 2Sefer geroirft unb fd;lief$Hdf) ift auch eme neuhollänbifche 2lrt, bie felbft ba3 alt= fächle §au3 gefreugt fyat, in bem «§>euberge, einer T artigen SluSgeftaltung beö ©runbplaneS big in bie ©iberftäbter 9Karf dt) Dorgebrungen. 2llfe biefe 2Serfd)iebenf)eiten finb eng mit ber Statur be3 Sanbe3 t)erbunben geblieben, bie einerfeitö burch ben 3JJangeI an SSauholg gu einer ©mfchränfung beS §olgbaue£, anbererfeitS 9Kar(d)en. 49 %hh. 15. ^ifjtfjnerforg (BtßrlanbB Wx Hamburg). (Sfcacf) $f)otograpljie.) ju einer reiferen 2lnwenbung be3 3iegel3 führte, ber bei ben 2Bof)nbauten be3 2lltenlanbe3 tnelleicfjt feine fünftlerifdj entraicfeltfte ©tufe erreicht f)at. $>n bemfel6en 3D^a^e, in bem fkfy bie ;3Jtarfcf)en feftigten unb burd) neue @inbetdf)ungen t)on bem Sfteere entfernten, in bemfelben SERajse umgürtete ftcf) ba3 ©orf mit einem bidjten Hantel von Rappeln, Söetben unb ©rlen, fomeit ber fjeftige ©ee= rainb folcfje jur ©ntrxncflung fommen lief*, ©er £urm ber Keinen gelbfteinftrdje — maffir) unb breit wie ba3 friefifd^e §au3 — recft ftcfy f)ier unb bort in bie §öf)e, afö 32at)r^eid^en bienenb für ben Seefahrer nrie für ben Sanbfatjrer, ber fidjj in bem grünen Sftarfdjenlanb jured^täufinben fud^t. §alt unb $Rid)tung erhalten all biefe ©örfer burcf) ben mäßigen 2)eid£), hinter bem fie roie auf breiter, fünftlidlj gefristeter SSobenfcljroelle lagern. Sine anbere SBelt finben mir in ben elbumf Gelungenen 3Sier= lanben bei Hamburg, beren 33eroof)ner — urfprünglich mofyl frie= fifd^en Urfprung3 — ftc| allmählich burch guwanberung fachten ©emo^n^eiten anbequemt haben. Sie t)ier ©örfer liegen in einer langen geile innerhalb ber großen ©etd£)e, bie 2Bof)nfeiten biefen, bie 3Sirtfchaft3feiten ben SBiefen jugefe^rt. Sftur an ben $nnen= beiden finb bie ©efjöfte $u beiben ©eitert be3 ©ammeS an* georbnet, auf biefe SBetfc ein regelrechte^ ©tra^enborf bilbenb. (2lbb. 15.) ©iefelbe 2tnorbnung fe^rt auch in anberen Wiarden tmeber, roo oft jmei ©ehöftreiljen ben 2lnger unb bie Kirche um= fdjjliejsen. ©o entmicfelt fid£) faft unmer flieh — geleitet oon ber natürlichen ©runblage be3 SanbeS — ba3 ©tra^enborf, baö auch mu® 192: SJHetfe, ba§ beutle Sorf. 4 50 9Ueberbeutfd)e Dörfer. %bh. 16. Ewtwnbovf MsIterJjautorftfrn Bei Httx. OTfmsranb.) (SR. sßfjotogr.) an anberer ©teile, mitten im ©ebiet ber ©injel^öfe unb §aufen= börfer, aU bie natürlidfje @ntmidlung ber ©orfanlage erfcfyetnt. ©eit man begonnen £)at, in ben meilenmeiten §odf)mooren Dftfrie3lanb3 Kolonien anzulegen — etma feit 1750 — l)at man ba3 beroityrte ©pftem, ba§ \\ert)ä(tni3mäßtge Sidjerfjeit ber früfyeften $eit burd) bie ©rünbung größerer politifdfjer Staaten unb burdf) bie bamit t)er= bunbenert Megerif djen Erbitterungen t)erflüdf)tet fyatte. @3 fann bafyer nid^t nmnber nehmen, trenn nur felbft in SBeftfalen (2166. 17), in §annot)er unb Scfyle3mig = .£)olftein fcfyon alte regelmäßige Straßenbörfer finben. 9ftd)t feiten ift nodj in t)erf)ältni£mäßig jüngeren 3^'ten in ben bäuerlichen Urfunben non ber $nftanb= Haltung ber ba§ ©orf umfcfyließenben 33efeftigung bie 9tebe, bie natürlich f)auptfäd£)ltd; in bem ©raben unb bem 33er£)au 6eftanb. 216er fdfion in einem altjütifdfjen ©efe£ be3 12. $al)rt)unbert3 roirb baron gefprod^en unb gejagt, baß nur bie rier £ore ju paf= fieren erlau6t fei, nid)t a6er beliebige Übergänge, bie für ben (Smroofyner wofy nafye gelegen fjaben mögen. 33ieüeid£)t ift biefeS ©efe£ eine ber Urfadjen geworben, baß fidj in einem fo urbeutfcfjen Sanbe n)ie Scfy(e3roig=£>olftein ber ©injelfyof unb ba3 §aufenborf nicfyt bie befjerrfdfjenbe Stellung Ijaben bemafjren fönnen, bie e3 jmifcfyen @m§ unb Söefer fyat. Seinen §auptgrunb f)at biefe @r= fdEjeinung aber mof)l in ber reiben t)ölfifd£)en 9Jiifcf)ung ber 93e^ moljner wie in ben roirtfcfjaftlidEjen 33erf)ältniffen be3 Sanbeö. %m ■Jßeften Ijaben, rote mir fd)on gefeljen, bie ^riefen beftimmenb ge= 4* 52 üftteberbeut(tf)e Dörfer. wirft, in ber $robftet unb ber ©utiner ©egenb treffen mir §oI- länber, ©adtfen im treftltd^en ^olftein graifd^en (Slbe unb (giber, norbmärtä erE)e6Itd^e Bruchteile bänifcfjer Beoölferung, im Dften ■WacPömmltnge, bjm. 33ermi| jungen von ©lat>en unb £>eutj$en, unb fd(jließlid|) aud) nodlj vereinzelte meftfältfdje Slnfiebler. 3)ie urfprünglid) freie Beoölferung, meiere in ©injelljöfen unb in §aufenbörfem faß, Ijat fid; in ber ©röße unb ber ,3af)l ber großen Bauerngüter unb bie politifdje ©d;id£)tung in ber fyoljen 2lnjaf)l ber Rittergüter nodj fjeute beutltcf) auägebrüdt, bie fidjj ju ben Bauernborfern etma mie 1:5 vergalten. Sieben ben freien, mit Söefyr unb Söaffen bienftpfltd()tigen Eigentümern, ben Bonben, treten fdjon frül) bie heften ober Sanften auf, bie auf bem «£>of jmar frei fd£)alten fonnten, bie Sänbereien aber in $ad)t Ratten, kleinere Befi^er, bie mefyr ober weniger in 2tbf)ängigfeit von ben Bonben blieben, bie Äätner unb Snften, fWb von ben Bauerngütern abgefplittert. Seibetgenfd£)aft, bie mir in ©üb= beutfd£)lanb unb ben ^oloniallänbern finben, f)at ficlj in ©cf)le3n)ig= «^olftein erft im 17. unb 18. $al)rl)unbert gebilbet; fie ift audE) nie fo fjart gemefen mie in jenen, ©er fdtjmerfte Schlag für fie mar jebenfalfö bie Bauernbefreiung, menn man biefen 3lu^ brud unter ben befonberen Berljältniffen anmenben barf. 2113 ju Stnfang be3 19. 3al)tf)unberte Seibeigenfdjjaft, bie übrigeng meljr in §olftein aU in ©d£)le3nrig beftanben f)at, aufgegeben mürbe, naljm man ben Seibeigenen bie ©üter, auf benen fie früher erbfeffen maren, fort, machte 9Jteierf)öfe barauS unb feiste bie efjemate Unfreien auf Heinere unb fdjjlecljtere §öfe. Stuf biefe Söeife ift ber merfmürbige ^uftanb gefdtjaffen morben, baß e3 in biefem ©ebiete große ©traßenbörfer gibt, beren Bemo^ner nur menig Sanb befü$en unb auf gemerblidfje SCätigfeiten ober auf Slrbeit auf ben ©ütem angemiefen finb. 3umeift finbet man auf biefen ©örfern ba3 altfäd^ftfc^e £>au3, ba§ im Horben einer bänifcfjen Sangform $la| mad)t. Sie Neigung ju ftraßenförmiger älnlage finbet fiel) jebonfe( gefymarn unb auf bem benachbarten geftlanbe. (2lbb. 18.) ©in ganj eigenartige^ ©eftd;t erhalten — mit 2üt3naf)me ber roeftlidjen ÜJJarfdjge&tete — bie fcfyleSraig^olfteinifdjen ^Dörfer in ber ^6fdf)liefhmg ber gluren burdf) bie oft bäumten ÄnicfS, eine btdjte £>ede aus ©afel?, ^lieber-, £>agebutten=, 23rom= beerenfträud^ern, Hambuchen, 2ßeif$bom, ©fd^en u. a. Räumen, bie in materifcfjen 2imen ftd£) über bie gelber gießen unb auf fünftlid£)en SBätlen angelegt finb. ©ie finb burdj) Ijötgerne ©ref)= %bh. 18. 3totjifj£0 3otf auf JEfjmarn mit t)iEr;etnT0Em Bngcr. (2tuä gtancf, beutfd)e§ S3auernfjau§.) pforten gefcf)toffen unb auf ben über fie Ijimoegfüfyrenben $ufc roegen burdf) ©tigeln überfcfyreitbar. ßroar finbet man fie aud£) im nörblidfjen ^annooer unb 2öeftfa(en, in bem meftltdjen Wied- lenburg unb üereingelt aud£) in ber $rigni£; nirgenbö aber finb fie fo eng oerbunben mit bem Gljarafier be3 2anbe3, ba3 ba= burdj etroa3 ©artenäfynUdjeö erhält, urie in ben meerumfcfjlungenen Herzogtümern, ©o alt biefe gelbeinteilung audlj ift — bie 2lngeln fjaben fie u. a. and) nad) ©ngtanb gebraut — fo ift fie bodfj $um -ffia^eidEjen ©d)le3roig=£olftein3 erft burd) bie t>ermut= lief) im 15. unb 16. $af)rf)unbert beginnenbe SBalboermüftung geworben, melier bie 33itbung einer auögebe^nten §eibe folgte, ©egen bie oernidjtenben 9Dteere3rt)inbe bieten fie ben liefern einen guten ©djjut^ abgefeljen baoon, ba£ aud§ bie 23tef)5ucf)t ifjrer jür Stbfdfjliejsung ber Goppeln bebarf. 54 9Heberbeutfdje Dörfer. Pas oftbeutftfe ^fraßen- ttnb fteüjenbotf. Öfttid^ üon bem alten 23oIfögebiete ift baS norbbeutfcfje £ief= lanb reifer gegliebert als in ben ebenen ©elänben beS SöeftenS. Söalb unb ©een beleben baS an unb für ficf) einförmige Sanb, baS in feinen uerfd£)iebenen ©ebieten nod£) fjeute t)iel bürftigen §eibeboben f)at. 33or allem aber finbet fid(j f)ier ber Sßalb, ber in großen jufammenfjängenben Staffen fid£) von ben mittelbeutfcfyen Sergen bis faft an bie Dftfee erftredft, wenn audf) von ber Kultur breite Sichtungen gefdf)affen morben finb. SDie ^rcming 33ranben= bürg ift ja auch fyeute nod) eines ber malbretchften ©ebiete in 2)eutfd£)Ianb ! ©iebelungen in einem folgen Sanbe fjaben von vornherein etmaS SBalbnatur; f)ier trifft baS 3öort ju, bafs baS beutfdje $auS in feinen Anfängen noch im Sßalbe ftefyt. 2)aS geigt fid§ fornol)! in ber auSgibigen 93ermenbung beS ^olgeö als Sauftoff, melier tiereingelt von ben reich üorljanbenen ginb- lingen unb fpäter von bem Sacfftein Derbrängt mürbe, als aucf) in ben engen ^Beziehungen tneler ^Dörfer ju ihren ©emeinbemal= bungen. 2öie baS Sanb reich gegliebert ift in ©umpf, 9Jloor, 3ßaffer, §eibe, Söalb^ unb Sßief engebiete, fo bietet auch bie 93e= üölferung ein buntes -JRofatf von Stämmen, bie inbeffen burd) bie 5Ratur beS SanbeS unb ben äu^erlid^ tuelfach ähnlich t>erlaufenben gefd)id)tlichen ©reigniffen miteinanber ausgeglichen finb. 3U *>en mahrfd)etnlich übrig gebliebenen heften ber germanifchen ©tamm= beoölferung famen flatrifche ©tämme, bie mieberum einer ftarfen ©inmanberung fädE)fifd£)er, friefifd^er, fränfifcher, thürmgifdjer 33e= oölferung erlagen, $n biefe — in fiel) balb einheitlich gemorbene — ■JJtaffe mürben fpäter noch ©infchiebfel hollänbifdfjer, fd^meigerifd^er, tiroler, böhmifcfjer, felbft franjöfif^er SSolfSfplitter gefegt, bie fidf) äußerlich in ©eraohnljeit unb ©itte einfcfjmolgen, in ©enfungS= meife unb ©prache aber nodj manche ©gentümlicfjfeit bema^rt haben. 9lur im äu^erften Dften ift ber flaoifche Untergrunb un= uollfommen von ber beutfdjen Kultur überfdf)icf)tet morben, wenn- gleich bie Söenben, ^af^uben, iRuren unb Sittauer ihre ©genart faft gang, bie 3Kafuren jum Seil aufgegeben fjaben, mährenb bie $olen, unter benen fidf) t)iele flatiifierte 3)eutfdf)e befinben, nod) ftarf ber beutfdfjen Kultur miberftreben. ©df)on Äarl ber ©ro£e §at burch Äolonifatton ber fyoUän- bifdjen 9Jtarfd)länbereien ftarf auf bie (Sntftefjung beS 9teiljen= borfeS ^n9ett)^/ *>aS m% befonberS in ben Sßefer unb @lb= ^olontfationSbefoegung. 55 marfcfyen entgegentrat, ba3 aber einer cfyarafteriftifcfjen Sanbe^ form erft in ben oftelbifd^en $olonifation3gebieten geworben tft. aSielfac^ ift e$ mit einer größeren §ufe al3 ba3 35orf im alt= germanifdjen SSoIfötanbe begabt, ber ^önig^, 2ßalb= ober £>agen= f)ufe, bie 60 9Jtorgen mif$t, mäljrenb bie burcfyfcf)nittlicf)e 2lnjal)t ber £mfen bei ben alten Dörfern bie «£>älfte beträgt unb bie Dörfer 33ranbenburg§ unb ©cf)leften3 mit 40 borgen au3ge= ftattet finb. ©cfyon bie ©eftaltung ber glur, meldje mie bei ben 3SeenenfoIonien in lange fcfjmale ©treifen geteilt ift unb fomit bie ©ef)öfte in einer langen Steide anorbnet, meift auf eine plan= mäßige Anlage f)in. 35ie meiften ^Dörfer ftammen in ber %at au3 ber $eit ber großen ©iebelungen, alfo au3 bem 12. unb 13. gafjrijunbert, in benen ber oon ben ©laoen überflutete Dften mit beutfcfjen ^Dörfern befe^t mürbe, $n 9Jtittel= unb ©üb= beutfcljlanb, mo ja nor biefer $eit — menn aucf) in fleinerem 9Jlaf$ftabe — ebenfalls triele neue S)örfer angelegt mürben, er= fennt man ben Söeg, ben bie ©iebelung^bemegung genommen Ijat, an ben Ortsnamen, bie burdf) reut, rüti, rode, hain, hagen, wald, busch, grün, hart, ried, brand, schlag, gschwand, schwendi u. a. bie Siobung angeigenbe Snbigungen afä foldfje Jteuanfiebelungen fidf) bemerkbar machen, in bem oftelbtfdfjen 2ief= lanbe am fyäuftgften an au, hausen, walde, feld, see u. ä. SBetradjten mir bie ^Dörfer nunmehr im einjelnen. Unter= fdjiebe in ben oerfd£)iebenen ©ebieten finb nur unbebeutenb unb bann meift örtlicher 5Ratur, bie fidj fjauptfädjtid) in ber meift oberbeutfcfyen mit bem Eingang an ber Sangfeite gefennjeidfjneten Sauart ber Käufer unb ber $irdf)en geigen. S)ie alte glurein= teilung in ©eraanne — fomeit fie überhaupt oorfjanben mar, ift jum größten £eil burdf) bie fdfjon feit ber 9Jtitte be3 18. %afo fyunbertö eingeleitete ©eparation t)ermifcf)t; nur bie in einjelnen Sftieberungögebieten übliche ftreifenförmige 3Balbf)ufe ift banon un= berührt geblieben. $m Dften £)eutfd£)lanb3 ift ba3 9teif)en= ober ©traftenborf bie 9tegel, meil e3 praftifdE), unb niele ber $oloniften au3 ©egenben ftammten, in benen biefe $orm gebräuchlich mar. 2Bo fumpfige ©elänbe befiebelt mürben, lag überbieg eine Slnlage in ber 2lrt ber friejtfdfjen -JJtoorbörfer nafye mie j. 93. in ben von £>ot(änbern fultioierten Slbnieberungen jmifcfjen SDömiij unb Sengen. SDann reiben bie ©ef)öfte fitometerlang aneinander, einreihig unb mit ber gront nacf) bem ©elänbe. SSiele ber l)ier in grage 56 •ftieberbeutfcfye Dörfer. fommenben ©ebiete, bie fjeute polittfdf) getrennt ftnb, fjaben oft berartig gemeinfame Büge, ^ fte am f>eften im Sufammenfyange betrauten finb. ©ad()fen;23ranbenburg. SBäfyrenb bie ^rotunj ©ad£)fen mit ifjrem roeftlidfjen Seil noä) altgermantfdtjeS Sanb tft, gehört ber überroiegenbe öftlicfje Seil unb Sranbenburg in ba3 Äolont= fation^gebtet. SJlefyr ober minber ift ba3 Sanb erft in bem 12. unb 13. Igafjrljunbert mit ©örfern befettf worben, bie — ur^ fprünglicf) burd(jau3 frei — bodj an bem SWebergang be3 S3auern= tum3 in ftarfem SCRa^e beteiligt waren, ©ie dürften riefen 2tn- fiebler au3 bem Söeften, fjauptfädljltcifj glamen, in3 Sanb, bie ftd) borf weife nieberliejsen. $erf online greifyett, 23ererblid)fett unb SSeräu^erltd^Ieit be3 Bauerngutes waren ifynen geroäfjrleiftet. 2lud£) bie ritterlichen ©efd£)ledf)ter, welche flaoifcfje ©örfer ober Stnfiebe= lungen auf Öblanb erhielten, ftellten biefelben Freibriefe au3. 9Som Anfang be3 16. $al)rf)unbert3 inbeffen verloren bie Sauern if)re unmittelbaren Bedienungen ju ben Sanbeö^erren baburcf), baf$ biefe bie lanbe^errltcfyen Siedete immer weiter an bie 9ittter= fd^aften oeräujserten, meldte tf)rerfeits> bie Sauern burdj) fronen bebrücften, fte unter Umftänben burcl) 2lu3fauf oerbrängten unb fd£)Iief$licf) bie übrig gebliebenen bmä) Verbot beS $ortjiel)en3, burd£) ^eiratgjmang unb ben ©ienftjwang ber Minber immer mefjr ber Seibeigenf d^aft entgegentrieben. 2)a3 Sanb neröbete mef)r unb mef)r; bie Sauembörfer oerfdEjwanben gum Seil in ben oielen Kriegen, $um Seil burdlj Slu^fauf; bie Rittergüter nahmen an <3a^I unb ©röf$e ju. %üx bie alte 9ftarf Sranbenburg liegen Berechnungen*) t)or, bie bie Serfcfyiebung be3 Befii$e3 oeranfd£)au= Itcfjen. 2öal)renb um 1300 bie Rittergüter ber Slltmarf im ©urd£)f(f)nitt 33/4 §ufen befa^en, waren fie 1337 in ber Ucfer= marf auf 6% in ber TOtelmarf 1375 auf 7V2 unb 1337 fdfjon in ber Heumar! auf burd£)fd(jnittlidE) 8y2 £>ufe geftiegen. ©arau3 ergibt fidfj bie oerfyeerenbe SBirfung biefeä 3af)rf)unbert3, jugleid^ aber audf) bie junefymenbe ©röf$e ber ©üter im Dften. ®a3 muffte auf ben 6f)arafter ber ehemals großen Sauernbörfer erf)ebltcf) einwtrfen. SftörblidE) finb beibe ^romnjen jumeift mit beutfcfyen ^Dörfern befeitf. @3 finb, abgefefyen oon wenigen flaoifdjjen SKunbtingen, ©trajsenbörfer, in ber SSJiitte be3 Singer^ bie granitne ober batf= *) 3- in ber 3eüf<$rift ber ©aötgnty=@ttftung für $etf)t3geftf)id)te, ®erm. 3D6t. XII. ©acfyfen * 93ranbenburg. 57 19. WtfylüXü (Branbimbnr0.) (SKacf) $r)otograpf)te.) fteineme ©orffirdfje (2lbb. 19), beten breiter, fattelgebedter £urm bigroeilen jur SSerteibigung eingerichtet ift, in ber Stunbe ©efjöfte, meldte urfprüngltdj) mof)! baS alte ©adjfenhauS enthielten. §eute ift es auf ben SBeften ber 2lltmarf unb ben Horben ber $rignitj befchränft; aber noch läj$t fid^ fein altes Verbreitungsgebiet burdf) bie ganje SRittelmarf bis Bommern umgrenzen. @S ift auf= fallenb, bajs noch heute t)iele biefer ©adfjfenbörfer, wenn man fie fo nennen barf, grojse Sauernbörfer finb im ©egenfaij ju ben Dielen gutsherrlichen, meldte in ber Siegel baS ©ad£)fenf)auS burch ein SanghauS erfe^t ober eS in feiner ©runblage oeränbert haben. 2WerbingS fjaben audj bie ©utsherren, meldte häufig mitten in Sauernbörfern fi^en — biSmeilen mehrere gamilien gugleid^ — bem SDorfe mie bem ©utshofe ein ardjjiteftonifcheS ©lement bei= gefteuert, baS ju bem frönen Silbe mancher ©iebelung erheblich beiträgt. Unfer oftnieberbeutfd^er 9lbel ift früher nidjt in ber Sage gemefen, unb menn er eS gemefen märe, hätte er menig Neigung üerfpürt, inmitten feines ©utShofeS grofje ^ßaläfte ju errieten. Sfain, im ©egenteil! 6r lehnte fidj bei feinen Sauten unmittelbar an bie Umgebung an, errichtete ©feuern unb ©tälle mie feine Sauern, ein menig größer, mie eS fid) für ben gefteigerten Söirtfchaftsbetrieb nötig machte, ein menig maffioer trießeidljt, unb bann fettfe er fein etmaS geräumigeres ein= bis jmeiftödtgeS 2Sof)n= f)auS mitten hinein, ©emöhnlicl) fd£)lo£ ftdj nod£) ein $arf an. @ine burd^auS fonfertmtwe ©timmung lagerte über bem ©utsborf mie über bem SDorf, bie ihm glüdlid^ermeife auch heute 58 ^ieberbeutjd)e Dörfer. noch geblieben ift. Db ba3 £ol$ von bem %aä)rvext unb bem Riegel abgelöft ift, ftclS bleibt ba3 £au3 ein fdf)Iicf)te8 Sauroerf, ba3 ©orf ein echtes Sieflanbborf mit 2tnger unb Seid), in ben alte Söeiben, Sinben ober $aftanien fyinunterfdjatten, ben freunb= liefen, von £otjgattern — ftellenraeiö von ©ranitftnblingen — abgesoffenen Vorgärten unb ben ftrohgebeeften Käufern. Sittel ift breit angelegt, au£einanberge§ogen, alles unter Saumifronen oerfteeft. (2166. 20.) ©ie alte 25ingftätte f)at fid^ an mannen Orten erhalten, meiftenS unter ber uralten Sinbe, in beren ©e= §rt)eig rounberfame SKärd^en unb ©agen flüftern. ©o manche griebenStat ift unter ihren Steigen befcf)loffen, aber auch manche Untat gefü^nt morben. 3)enn nicht nur baS Leibgericht fyielt hier feine ©jungen ab, um bie gemeinfamen 3)orfangeIegen^eiten rote Sau unb SSeränberung von SBegen, Triften, ©eljegen, Srücfen unb ©räben, SSerfaufe, Seftellungen u. a. ju orbnen, fonbem oft auch fal) ber Saum ba§ Urteil an 9JJiffetätem ober an folgen, bie man bafür f)ielt, noßftreefen. Unb treten mir auf ben Äird£)= hof, ber bie in märfif^en unb fächftfcfjen ©örfern feiten feljlenbe Äircfye umgibt, unb nach bem 2lnger burch eine Sftauer abge= fcf)loffen ift, bann erjagt uns auch ber burch ben jahrl)unberte= langen ©ebraudj er£)ö£)te Soben n\ä)t nur nom Sergehen ber ©ef Rechter, fonbem auch oon grtebenStaten, bie fief) auf feinem Olafen ereigneten, namentlich von ben gemütlichen 9Jlorgenfpracf)en am ©df)luffe beS ©otteSbienfteS. 3n ben ehemals menbtfdfjen ©ebieten, b. h- im öftlid^en Sitfd ©achfenS unb bem ©üboften SranbenburgS ftnb bie ©orfhäufer noch heu*e *m Sloclbau, jener urtümlichen, einft allgemein ange= roanbten Sauart SRorbofteuropaS errietet, bie nicht feiten fich auch auf bie Äircfje erftreeft. 2lber auch foldfje Kütten, von benen ber ©d^meiger ©eroetiuS um 1550 fagte, baf$ bie Sanbbauem ber 9Jfarf in ihren aus 2el)m unb §olj erbauten, faum aus ber @rbe ^er= norguefenben, mit ©trof) bebeeften einzelnen unb gerftreuten Kütten mo^nen, ftnb längft noch nid£)t alle oerfcf)rounben, fonbem finb in ben ärmlichen Dörfern beS DftenS — namentlich ber feuchten glufmieberungen — erhalten, 3n ben behäbigeren Säuern- börfern, in ber reiben 9Jlagbeburger Sörbe, einzelnen ©trid^en ber Stltmarf, in ber 5ßrigni| u. a. ift bagegen eine gemiffe Sau= freubigfeit ju verfolgen, bie fiefj namentlich im 18. $al)rhunbert bemerkbar madf)t. ^rädEjtige Bauernhöfe fyabtn befonberS bie Senjer 2ßiföhepunft ber baulichen ©ntroidlung bebeuten. !Jft freiließ bie Entfaltung burdf) bie ©runbljerrfcEjaft gehemmt, bann befdEjränfen ftch bie Sauern auf befdjjetbene graedbauten, ^ie a&er gerabe burclj il)re ©d£)lich^ f)eit unb bie altertümliche 2lnlage auch biefen ^Dörfern einen malerifchen 3leis verleihen, ber erhöht roirb, roenn — raie fo ^äufig — bie baumreidje 9iatur ba§ £)orf in ihren ©Ratten nimmt. $nbeffen bergen felbft bie gutstjerrfd^aftlid^en ^Dörfer, bie eigentlich nur au3 Tagelöhner =2Bof)nungen beftefjen, mandfje Schönheiten, meldte ben mobernen ftabti^en ^Bauarten roeit überlegen finb. 2Ber bie $oefie be§ £)orfe3 überhaupt empfinben fann, finbet fie aud) auf bem ärmften 33oben. grteblid) lagert e3 fich in ben Bulben be§ uralifd)=farpathifd)en ^öhenjugeS, fpiegelt e3 fid£) in ben fielen blauen, fcf)ilf umgürteten ©een ober träumt roettoerloren im ©Ratten bitter Söälber. (2166. 21.) %tq§ aller S)rangfale ber Kriege ober ber 33ebrüdungen fetteng ber fleinen ©runb6efi^er, gegen bte unter anberm felbft bie ^ohenjollern 6i3 ju griebrich bem ©ro^en machtlog maren, h<*6en ber -JJiärfer unb ber ©ad)fe ihr £>eimatlanb geliebt unb e3 gegen auswärtige geinbe oerteibigt. @3 ift ntdf)t bie laute greube beS SßfäljerS ober baS ftolje ©elbft6emu^tfein • be3 ^riefen, nod) auch bie jähe ^Beharrlichkeit beS 9fteberfachfen, bie ben 3Jtärfer an fein SDorf fetten, fonbern bie ftiHe ©elbftgenügfamfeit ernfter 2lr6eit, meldte 60 •JUeberbeutfcfye Dörfer. bie t)erfd()iebenen SolfSftämme i^rem §eimatboben einmurjelten. ©inb e3 bodf) märJifd^e Sauern gemefen, meldfje in ben ©dE)meben= Wegen ba§ unoergänglicfje SDenfmafömort prägten: „2ötr finb Sauem uon geringem ©ut unb bienen unserem gnäbigften $ur= fürften mit unserem Slut." freilich an gutem Sßiffen fyat e3 biefen fetten gefehlt, ifjren Sauern bie Saften, meldte bie @nt= midftung ihnen auferlegt fjatte, ju milbern. Erfolgreich fonnten fie e3 aber erft, nad£)bem eine neue $eit bie gange ©runblage beS ©taateS üeränbert ^atte. 9Jlecftenburg unb Bommern. 3U ^en flctütfd^en ©taaten, meldte an ber ©taatenbilbung in ber norbbeutfd£)en Tiefebene ftarf beteiligt finb, gehören SffJecflenburg unb Bommern in erfter Steide. Sag erftere, meldjeS fd^on feit ber SJiitte be§ 12. gaf)r= hunbertS im SEßeften unb ©übmeften beS Schweriner ©ee3 eine twrmiegenb nieberbeutfd^e SeoöHerung erhielt, Bommern, baS burcf) eine t)orftcf)tige $olitif baS ©roS feiner flatnfcljen Set)ölferung frieblich beutfd^en ©inflüffen unb beutfcfjer Sermtfdjung zuführte, boten einer bobenbebauenben Sauernfdljaft ein gewaltiges SßirfungS^ felb. freilich f)aben fid) fpäter gerabe fyier bie Serhältniffe un= günftiger entmidfeln müffen, meil bie freien SauernfdEjaften imM- gingen unb fid£) große ©üter bilbeten, bie bie Sauernbörfer ifolierten unb fie mehr ober minber in fotöje von Seibeigenen ummanbelten. ©teflenmeiS ift in sJJiecHenburg ber Sauer faft völlig ausgerottet unb baS anbaufähige Sanb in baS lanbeö^errlic^e ©omanium unb baS ritterfchaftliche Sanb aufgeteilt, baS allein mit ben 47 Sanb' ftäbten unb ber «ganfeftabt 9toftocf Präger ber polittfdjen @nt= midlung mürbe. SDer Sauer ift bamit, mie im mirtfcfjaft liehen Seben, fo auch aus ber ^olitif auSgefd£)altet morben. 5Rur menige fjunbert 3eit= unb (Srbpachtftellen finb bie 9tefte ber Sauem= fdjaften, bie einft hoffnungSooll baS neue Sanb befiebelten. Unb mo, mie eS feit 40 fahren eingeleitet ift, bie Silbung eines neuen auf @rbpad)t gegrünbeten SauernftanbeS oerfudjt mürbe, ba mürbe bie @ntmidlung von oorn^erein burch mancherlei Ueffeln ebenfo= mo£)l gegen Verringerung mie aud) gegen Vergrößerung be£ @rb-- guteS eingefcljränft. Siodj im 16. !gaJ)rf)imbert maren bie 2lu3- fidjten für ben Sauern nidf)t ungünftig, bie aber burch bie Ser= faffung oon 1523 unb fpäter oon 1755 oollftänbig t)erfperrt mürben. — 2tlS in SRedlenburg bie Seibeigenf c^aft 1821 aufge= fjoben mürbe, bebeutete biefe Sftaßregel nur ben Slnfang einer Slbmanberung, nidf)t aber einer ©rftarftmg ber bäuerlichen Se^ ffltd lenburg = Bommern. 6 1 %hh 21. tyvx^Uxti} in Witpzx&boxf (BranbBttöura). (9?ct$ ^fjotograpfiie.) t)ölferung. $n Bommern fd^roanfte bie (Sntmicflung lange 3eü, banf ber fiel) freujenben äußeren ^ßolitif . hielten anfangt bte ®änen ben ^ftorbmeften — befonberä bie $nfel 9lügen — für ein ÄolonifattonSgebiet, ba3 allerbingS nur wenige tiefte i£)rer ^errfdfjaft behalten f)at, fo ift ber ganje D[ten mehrere 3af>r= ljunberte lang polnif djen ©inflüffen offen gerne jen, mäfyrenb fiel) 9Jlittelpommem unb ber ©üben forootjl politifc!) rate t)ölftfd) bie 3JiarE (ernten. 2)a aucf) große ©ebiete bem mittelbaren ©influffe geiftlidjer §erren offenblieben, fo f)at, t)on bem faffubifcfjen Dften abgefe^en, fidf) manches große Sauernborf erhalten fönnen. SDie @rf Meinung unb bie ©ntnricflung ber Dörfer f)ängt in beiben ©ebieten jufammen mit ifyrem 33erf)ältniffe 3 um ©runbbefi|. ©ibt e3 bod£) Steile, roie u. a. 9ieut)orpommem bfe jum 9tegterung3= bejirf Stettin, in benen bie großen über 100 §eftar jä^Ienben ©üter faft allein vertreten unb bie 33auernbörfer faft oerfcfjmunben finb. ©3 mürbe fidjer etnfeitig fein, wollte man biefe STatfad^e allein ber für gan? £)eutfd£)lanb einfd^ränfenb mirfenben Übermalt ber ©runbljerrfdljaften jufcfjretben, obrooljl ba$ Segen ber Sauern jafjrtjunbertelang, unb t)on feiner gürftengeraalt gehemmt, t)or fidf) gegangen ift. £)a3 geljlen großer unb einflußreicher ©täbte, meldte burdj i£)re Kultur unb burdj it)re ©igenfdjaft als SSer= maltungSmittelpunfte Söecfjfelbejieljungen j$mifd£)en ©tabt unb SDorf 62 9tteberbeutjd)e Dörfer. herftellen fonnten, fällt fixer ebenfo ing ©eroi^t, rate ber Langel an f feineren SBalbgebteten bie SUlbung von £)orffcf)aften alg territoriale Sin^eiten begünfttgte. 2Bäf)renb bie beiben 5RetfIen= bürg uttb Bommern 10 big 20%, Söeftpreuften unb 5ßofen 20 big 30 % unb 33ranbenburg 30 big 40 % SSalbbeftanb aufroetft, roäd£)ft bag ©arten= unb Slcferlanb in utngefefjrtem 23erl)ältnig, nämlidE) 23ranben6urg 40 big 50 %/ SWecflenburg unb Bommern 50 big 60% unb $ofen fogar über 60%. 2)er Gijarafter alg ebene 2lcferbaufläd£)e brängt ju einem einheitlicheren ©rof$= betriebe, bem niel freie Dörfer jutn Dpfer fielen, bem fich felbft bie urbeutfdjen, im Horben 2Jtecflen6urg§ unb ^ommerng von SBeftfalen angelegten «gmgenbörfer unb bie wenigen, t>ermut= lieh friefifdjen, ©tranbbörfer ^ommerng ntd^t entminten fonnten. Sie Einlage ber ©örfer erfolgte ft)ftematifd£) alg ©tra£en= börfer, 311 benen bie menigen ^Runblinge nur noch 9Iugnal)me= benfmale ber alten flamfcf)en Seoölferung finb. Sie trielfach mit prächtigen alten Säumen beftanbene ©orfftra^e ift meifteng aug= gebuchtet, um bem £etch, ber Kirche unb anberen ber ©emeinbe bienenben 33aulid£)feiten Staum ju geben. Sie ber ©tra^e juge= manbten Käufer liegen etraag jurücf; fo erfcheint — befonberg in 9Kecflenburg — ber Singer größer, bag ©orf meitlagiger alg in anberen ©ebieten. 9ftnggt)erum, ben ©elften nach au^en angehängt, liegen bie Söortfyen, bag finb ©artenftüde, meldte ftd) big nac^ Dftpreu^en verfolgen laffen. SBeibenjäune, in ben ftein= reiben ^Jtoränengebieten auch $inbltnggmauem, beren Süden burch SJloofe gefüllt finb, fd)lief$en bie ©el)öfte nad£) ber Strafe ab, mä^renb im Söeften 9JfedIenburgg bie glur burdt) bie ung fdjon befannten $nicfg belebt mirb. Gine befonbere 2trt ber 2)orfan= tage haben mir in ben ermähnten ^agenbörfern, bie meifteng von ben pommerfdE)en $löftern angelegt unb einzeilig gebaut finb. 3m ©üben 5ßommerng befi^t ber fogenannte Söeijatfer in ber Um= gebung oon $t)rH$ gro^e Sauernbörfer von faft tabeltog regel= mäßigem 3lufbau, bie fteHenroeig allerbingg erft non griebricfj bem ©roften angelegt morben finb unb gro^e fd)öne SSauernhäufer ein= fchlieften. (2166. 22.) Sag unüeränberte Söeftfalenhaug hat ftd) Ijeute auf einem nach Dften immer bünner merbenben Streifen big nach §interpommern erhalten, mährenb eg fid; füblich ju einem leidet erfennbaren Slbfömmling umgemanbelt J)at, fich an anberen ©teilen jebodE) auch non bem cfjaraftertftifchen Saubenhaug fyat oerbrängen laffen unb im Dften jugunften beg faffubifd^en £ang= 9Jlecf lenburg s Bommern. 63 Mb, 22. Mfmtt Bßi ^rrri^. (ftatö ^fjotogra^ie.) Ijaufeg üerfdjmunben ift. 5Rtt ber 2luflöfung ber freien 23auern= börfer fie|t natürlich bie Sntmicflung be3 ©utäborfeg im 3U= fammenfyang, ba3 in ber ©runblage moljt ©tra^enborf geblieben ift, fic£> jebod^ fd£)on äufserlidj burdf) $teinf)eit als bem großen ©utöljofe angeglieberte ©iebelung auStuetft. 5Jiur ber prächtige Skumbeftanb üerbecft bie§ manchmal, bagegen t)erfcf)önt bie uralte anfef)nlterf)ältni§mä£ig fpät, nad£) ber oößigen Unterwerfung ber ^5reuf$en im 13. 3<*fyrf)unt bat)in, ebenfo ob fid; foldje bi§ in baö 18. Safjrfjunbert erhalten fyaben. ^ebenfaßö fjaben bie nueberf)olten furchtbaren 3Serroüftungen be3 Sanbe3, bie 3erf^^es lung beö 33auernlanbe3 unb bie 1821 begonnene, fdjon 1750 verfügte Separation ba3 Sanb erfyebltd) uerembert. S5ie fjof)en= joUernfc^en Sanbe^fürften fyaben ftcf) t)iel SDJütje gegeben, ba3 Sanb burdj 9]euanlage t)on Dörfern ju beoölfern, bie Kultur burdf) ^ebung be3 Dbftbaueö unb burcf} anbere SlJiaftnaJjmen ju Smit© 192: SDiieUe, ba* beutle 2>orf. 5 66 Sftieberbeutff e Dörfer. Ijeben. ©örfer naf „Polmer" 9teft maren jumeift frei; bie fo= genannten „SfyatouHgüter", beren $in% in bie furfürftlif e 6fja= toulle fam, erfreuten fxf befonberg unter bem ©roften ^urfürften großer Vorliebe, menn fie auf im ©inne ber $e\t bei lanbe3= ijerrtif en ©ebäuben, burf ^ßoftfufyren u. a. m. fronen mußten. 2)aj$ babei jebof mit t>erf)ältm§mäf$tger SRilbe vorgegangen mürbe, bezeugt bie gro^e ©inmanberung, bie unter griebrif Sßilfjelm I. unb feinem ©oljn aus gan^ Seutfftanb, felbft au3 granfreif, @nglanb unb vor allem au£ bem öfterreif iffen Salzburg erfolgte. 2tuf ber Drben Ijatte naf beften Gräften bafür geforgt, fobafs Dftpreuf$en foimfl t)tnfid£)tlid^ feiner SSemofjner als auf feiner ©iebelung ein anwerft buntes 33ilb bietet. $m ©rmelanb, ba§ eine üormiegenb nieberbeutff e aber mit ftarfen oberbeutff en ßinff tebfeln burf fet$te Seoötferung Ijat, liegen bie großen ©trafsenbörfer gern an glüffen unb ©een. ®ie alten Drtff aften finb im 19. 3>aljrl)unbert burf SluSbauten ftarf aufgelöft morben, fobajs ba§ Sanb je$t einer ©injelljofbefieblung juftrebt, bie bem baumreifen, bergigen unb t)on Sßaffer burf = jogenen ©elänbe ein f arafterifttff e3 2tu3fet)en nerletljt. $n ben ©örfern fte£)t bie $irf e nif t immer in ber 9Jiitte, fonbem auf feitroärtS in ber ©efyöftref e, eine fonft in SDeutff lanb nur oer= einjelt aorfommenbe @rff einung. §inmeggemel)t mie bie ©preu im Söinbe ift auf bie börf^ life SSefiebelung be3 alten Sittauen, raeil ber ©eutffe Drben bemüht barauf ausging, bort als ©rensff \x% eine fünftlif e 2Bilb= nis mef)r als jmei ^at)r£)unberte befielen ju laffen. @rft ber Untergang ber DrbenSfyerrff aft brafte f)ier einen Sßanbel mit fif. 2Son wenigen beutffen Sauerngeff lef tern abgegeben, ift bie erft im 15. ^aljrfjunbert eingeleitete Sefiebelung Ijauptfaf lif von Sittauern getragen morben, gu benen fpäter ^ranjofen in ber ©umbinner unb ©tallupöner ©egenb, 9Kafuren im ©üben famen. STartareneinfäHe, $eft unb örtlif e Unbequemlif fetten Ijaben allere bingS auf oiele ^Dörfer roieber serniftet, foba£ eine bauernbe Sefiebelung eigentlif erft von griebrtf bem ©ro^en an batiert, ber namentlif bie TOeberungen ber ©ilge unb beS 9iuj3 mit großen einzeiligen ^Dörfern befe^te. £)a3 eigentlife littauiffe ©orf ift ein ©tra^enborf mit ftarfen SluSbuf tungen ber ©el)öft= reiben, baS inbeffen erft burf bie ebenerracfnte ^olonifation ge= ff äffen mürbe. Ur[prünglif lagen bie baumumgebenen ©ef)öfte als ©tnselEjöfe mitten in ber glur — angeblif um bie geuer3= $eftebelmtg. 67 gefa£)r ju verringern; je£t ift bie — auä) von ben etngerocmberten £)eutfd£)en geteilte — Vorliebe für ben ©injelfjof burdj bie ©epa= ration mieber geförbert morben. ^m Steife ©tatlupönen finben mir lieber t)oßftänbigen ©treubau, ber burd) 2lu§6auten t>erurfacf)t ift, mäfyrenb fidj) ba£ alte ©orf auflöfte ober oon einer anberen ärmeren ©d£)idf)t ber 23eoölferung belogen mürbe. 2Bir l)aben t)ier raie im ©rmelanb ba§ feltene 33eifpiel, ba§ uns> fpäter noä) einmal im 2ltlgäu befestigen rairb, ba£ ficf) bie ©iebelungöform von ©runb auf änbert, mag burdfj bie 9Miorterung ber großen 9Jioore unb 9iieberungen, bie notfy lange nidf)t abgefcfjloffen ift, bauernb geförbert mirb. — 2tuf$erlid) muten bie Silocfbauten eines folgen baumumgebenen ©e^öfteS eigenartig genug an, obgleich bie d)arafteriftifdf)en littauifcl;en Käufer mit bem großen glur unb ber niebrigen, burdlj eine 9JJauerbanf abgefcfyloffenen geuerftätte unb bem feltfamen Dberlid^t nur nocfj an ber rufftfcfjen ©renje ootfommen. 2lud) in Sftafuren, bem füblidEjen ©ebiet Dftpreu^enS, Ijaben im 14. ^aljrfyunbert beutle Äoloniften ©tra^enbörfer an= gelegt, nacfj Polmer SRed^t jumeift, ba3 unmittelbaren, üererbbaren unb üerläuflicfjen 33efi£, a&erbingg audf) mit ber 93erpflidf)tung, Äriegöbienfte $u tun, gemäfyrletftete. ®amit mar eine ©runblage für ba§ ©ebenen btefer ©iebelungen gegeben, bie freiließ von bem Drben felbft balb mieber erfdljüttert mürbe. Sie von ifym geforberten 33aulaften für ©dE)löffer unb SBarten, meldte u. a. in bem ©amlanbe noä) bis in ba§ 19. $af)tf)unbert hinein für bie 2lnlage von SBauernfyäufem »erlangt mürben, Ijatten fcf)on 1338 ju einer ©d^arraerföpflid^t auclj ber beutfdfjen SSauem geführt, bie ftd£) fomit ber 2lHgemeinentmidflung in ganj £)eutfcf)lanb einfügte. £)a3 ©erfaben mir h\%l)ex bie bäuerlichen 33er^ältniffe be= tradjtet, um bie Eigenart ber beutfd)en ^Dörfer ju t)erftef)en, fo müffen mir, um ba§ SDorf in $ofen, be;$m. ben Säubern eljemate polnifcher Sunge fennen ju lernen, umgefe^rt von ben ©runbljerren aug- gehen. Sie formen be3 33efi|e3, unter benen ein 3Solf feinen §eimat= boben bebaut, beftimmen bie polttifdEjen, rotrtf d^aftlid^en unb metter= hin bie fojialen unb fulturlidjen 33erhältniffe überhaupt, $n ben efyemate polnifd)en Säubern fd£)eint ber Sauer urfprünglich fein 2lnrecf)t am ©oben, ben er bebaute, gehabt ju haben, er ift ber §örige feinet ©runbherren. 2Ba3 in ®eutfd£)Ianb (Sntmidlung au§ einer Steide von Umformungen ift, erfcfjeint fyier 2lu3gang. 9lux fo erJIärt fidf) bie oötlige Unbemegheit in ben formen ber länblic^en ©tebelung 5ßofen3, bie nur ba seränberlich mar, mo beutfdje Slnfiebler nach beutfdjem (fölmifchem) SRed^t eingefettf mürben. Sie guerft 1535 in einem polmfd)4ittauif djen ©tatui formulierte $orberung, baß e$ ben Sauem verboten fei, ihre ©runbftüde einanber ju uerfaufen, ift bafjer nur fo ju üerftefjen, baß bie ©erechifamen ber beutf djen Dörfer auf bie ^5oIen jurüd= mirften unb fie gu bem für ihre Ser^ättniffe unerfüllbaren Söunfdjj nad^ einem feften 93efx£tum brängten. llnb menn auch einzelne ßeugniffe anfcheinenb für ein burdE) langjährige Bebauung er= morbeneg SBobenrecht fpräd^en, fo ift, wenn biefe Beobachtung richtig ift, e£ balb mieber burch ben ©ang ber ©reigniffe überholt morben. 2Bie ein 3eugni3 öon jmmgenber 33eraei3fraft fprid£)t allein bie S^atfad^e, baß bie Sefiebelung burdf) beutfd^e Äoloniften im 12. biö 14. $al)rf)unbert nid£)t nur üöllig neue 33erf)ältniffe für bie ^Dörfer fcfjuf, fonbem bafe biefe ©tebetungen felbft unter ben ungünftigen 23erf)ältniffen ihre ©igenart behielten, ©ie ge= malttge 2lu§bef)nung anbaufähiger Sänbereien unb bie Verheißungen ber dürften ließen eine 9lieberlaffung in ber $rotrin§ $ofen, beren jetzige «Jpauptftabt nach beutfd^em (branbenburgifd)em) Vorbtlb ge= fdfjaffen mar, üerlodenb genug erfdEjeinen, um ©tnmanberer nad; bort ju gießen, ©iefe finb nach beutfdjem 1 9ted}t angeftebelt morben, ba£ bie ©ericf)t3barfeit bem polnifchen ^aftellan entzog unb fie bem (Schufen jumteö. %ixx bie 3ufunft ™ar bieg von ungeheurer 2Bid)ttgfett, meil bie SDörfer bamit bag eigene Stecht $ofen. 69 unb eigne Verwaltung bem fleinen ©runbherren gegenüber er= gelten, ma3 ben polnifchen Dörfern fehlte unb bie 33emohner einer, felbft ber trübften ßeit ber ^örigfeit in 3)eutfcfjlanb faum oergleichbaren, persönlichen ©flaoerei überlieferte. 2)urch beutfd£)e Äoloniften i(t ber 2lcferbau auf eine fyolje ©tufe gebraut morben, ber in SSerbinbung mit einem auögebefjnten über ©angig gehenben @£port bie ©runbherren ju bem ^Betriebe einer förmlichen 2lgrar= inbuftrie brängte — allerbingä auf Soften ihrer polnifdfjen SSauern, benen fd£)lieftlich fogar jebe SBefdjraerbe gegen ihre Unterbrücfer gefe^ltdE) nur bei biefen felbft geftattet mürbe. Unberührt finb bie beutfcfyen ©örfer bat)on nid)t geblieben; aber bie Sebrütfung erhielt fidf) in foldjen ©renken, baft im 16. unb 17. ^ahrljunbert noch immer neue Dörfer von ben fleinen 2)t)naften gegrünbet merben fonnten, bie burd) förmliche ^roflamationen beutfdje $o= loniften nach 5ßofen $u gießen mußten. 2)ie polntfcljen ©örfer, meldte smeifeltog bie alte gorm noch heute bewahren, fann man mol)t gu ben ©traftenbörfem rennen; bocf) neigen fte, mie bie oben ermähnten, mafurifchen Dörfer ju einer ©ejentralifatton, bie triel freiet Sanb §rotf cfjen ftd£) übrig läftt unb mit ber urfprünglich mangelhaften 93emirlf Haftung, b. h- ber $ülle be3 jur Verfügung fteljenben 2anbe3 in SSerbinbung fteht. demgegenüber ermieä e3 fidf) fpäter, als man fich einem intenfioeren 2tcferbau jumanbte, als burdfjaug praftifcf), bie neuen beutfchen $olontftenbörfer, bie überall im Sanbe angelegt mürben, als ©traftenborf burdf^uführen. 2(udh bei ber fpäteren Äolonifa= tion beS 17. unb 18. ^ahrhunbertS raurbe biefe $orm beibehalten, mit Slu^nahme ber fogenannten ^aulänbereien, einer 9fobung3= art, bie nrie im Sßeften deutfchlanbS ben ©ingelhof als praftifdjer erf feinen lieft, ©oldfye $aulanb3börfer, bie fidf) übrigens auch in ber Heumar! unb in ^reuften finben, liegen faft immer in fumpf= reifem ©elänbe, in $ofen oorroiegenb in ben erft fpät befiebelten !Jiei$enieberungen. -JteuerbingS ift burcf) bie Sättgfeit ber 2ln= ftebelungSfommiffton ber ©treubau mieber teilmeife in Aufnahme gefommen, menn es fid) um Kolonien für aus SBeftfalen ftam= menbe Slnfiebler ^anbelt ; im allgemeinen finb bie neuen SDörfer allerbingS als ©traftenbörfer angelegt. Slbgefehen oon biefen neueften ©iebelungen ift bei allen Dörfern $ofenS faft burcfjgehenbs ber SSlocfbau angeroanbt, ber in ben menigen Saubenhäufern eine monumentale 2luSbilbung er= fahren §at. 2lucf) Lbie SDorffirdfje ift noch JEjeute 'als Slocf bau 70 9?ieberbeutftf)e Dörfer. UbB 24. Bsiie ^urfanlaae ©otemjafen fat ^öjen. (Sr&aut t>on S3aurat fyi^er.) £)äufig genug sorljanben, um bie Sebeutung biefer Sauart für ^3ofen ju belegen. §ier aber gumeift, bei ben Sauernljäufern oeretn;$elt, bricht eine bobenftänbige Sauüberlieferung burdE), welche fidler fefyr alt ift unb in ber bewegten Stnie ber Slirdfjtürme bem ©orfe ein von ben Säumen unterftüi$te3 malerifcfjeä 2lu3fel)en t)er= leil)t. Sie unglücflicfyen 33erf)ältniffe be3 alten $olen mirfen nodfj fyeute nadf) in ber Säffigfeit unb ©orglofigfeit, mit ber bie reinpoInifd£)en Dörfer fdEjnell ein fümmerlicfyeS Silb bieten, ba§ nur burdjj ben ^ofjen 2öud()3 präd^tiger Saubbäume ettoaä freund lieber geftimmt wirb. 33ielleid(jt mirb bie neue beutfd£)e Äoloni- fation, bie in i^ren bisherigen ©rfolgen ftd^ fo fcfyön ben Se= bingungen be$ £anbe3, in ben einzelnen SDörfem fidf) fo innig ben Überlieferungen ber §eimat ber neuen Äoloniften anjupaffen gemußt tjat, l)ier audj) fegen3reid£) mirfen unb für ba£ national polnifd£)e Sorf eine beffere $eit anbrechen (2166. 24 u. 25). ©cfjlefien. $n ©cf)(eften ift bie @inf)eitli(f)feit ber ^Dörfer, bie tro£ aller ftamme3artlid)en Sefonberfyetten t)on ber ftärferen 9Jtad(jt ber geograpf)ifdf)en ©runblage aufregt erhalten mürbe, burcf) biefe fpäter felbft gebrochen. 2Bie fid^ im ©üben bie fcfjroffen Letten ber ©ubeten mit t£)ren me£)r ober meniger befiebelbaren ©rünben auftürmen unb bem 2Iufbau, ber Sage unb ber ^lurteilung be= ftimmte Sebingungen oorf (^reiben, fo forbert bie ©bene Stücffid^ten ber Sefiebelung, bie fie an baS roette ©ebtet be3 oftnieberbeut= ©Rieften. 71 Mhh. 25, Bbue ^orfanla^ ©DlcnfjDfBtt hn Ißoftn. (@rf>ctut bott SSaurat (giftet.) (%laü) ^f)otogra^f)ie.) fdjen !£ieftanbe3 unmittelbar artfd^Iie^en. Sie übermiegenb frän= ftfdje 33efiebelung brachte groar ben bekannten £ppu3 be3 beut= fcfjen ©trafjenborfeä unb ber glureinteüung mit; boclj formte aud^ biefe inmitten einer anberen SSeoölferung, bie fid£) im Horben, Dften unb ©üben an oermanbte ©tämme lehnte, ntd^t gänglid^ burcfjgefüfyrt rcerben. 2)a^u fam nod^ ber gefcfyicfjtlicfye Serlauf ber SSefiebelung felbft, ber ftdf) t)ier etroag anberö geftaltete als im übrigen Dften £)eutfd()lanb3. %n ©cf)lefien finb nur einzelne ©ebtete ;$ug[eid[) unb mit einem 9Me mit Dörfern befetjt morben, fo bie ©egenb von Sfteumarft, bie bann jugleidf) al3 dufter für anbere beutle Dörfer galten, ©agegen mürben oft beutle ©örfer üereinjelt angelegt, bie bann neben rein flatuf djen lagen, ©en erheblichen 9Jiüf)en ber 9iobung mürbe burd^ bie beutle freiheitliche SSerfaffung begegnet, bie ben mit polnifdjem 9tecf)t bemibmeten Dörfern von porigen natürlich oorju^ieljen mar unb au3 ©Rieften in faum jmei £$af)tf)unberien ein jum größten ^eile faft rein beutfcfjeä Sanb madjte. Sie §erjöge, 33ifd£)öfer 2t6te, ^röbfte, ©rafen unb bitter bemühten fiel) aud), biefe 3Ser= beutfdEjung reblicf) ju unterftü^en, bie nidjt mit friegerifdEjen Vor- gängen oerfnüpft mar, nid£)t bem augenblidlidjen 33ebürfniffe ent= fprang, fonbern ^ielfidjer unb auf breitefter ©runblage aufgebaut mar. Sine 33elaftung ber ©cfjarmerfbienfte Iäf$t ftcf) bi3 jur SJiitte be3 14. $af)rl)unbert3 nur bei einzelnen menigen ^Dörfern 72 aJttttelbeutfäe Dörfer. nadjmetfen; bod£) bitbete bie Vergebung von einjelnen $ufen an Heine Seute — oermutlid) urfprünglid) flaoifdje porige — ben 2luSgang eines StanbeS Heiner 2lderleute, bet fogcnannten ©ärtner, rcelcher ber SluSbilbung von gronbienften gefe^licf) oorarbeitete. Wtit folget 93e^arrlid)teit ift biefe (Sntraidlung in ©Rieften oor fidf) gegangen, bafj man ben Urfprung ber befannten fdE)lefifd)en Seineninbuftrte aud) auf grxmbfjerrlicfte 3Ser^äItniffe ^urüctgefül)rt fyat. 5Der fruchtbare Slcferboben 9Dfittel= unb 9iieberfd)lefienS, beffen große ^Salbungen ber Sefiebelung {)aben meinen müffen, bot ber älnlage von Straßenbörfem ein burdjauS geeignetes gelb, ber bie flaoifdjen Siebelungen Ijaben meinen müffen. -ftur in Dber= fd£)lefien haben ftd) mit ber polnifdjen Seoölferung aud) rerein^elte ^Dörfer bis m baS 19. ^afjrhunbert hinein erhalten, meiere neben ber 9tunbform aud) bie fegmentartige glureinteilung bewahrt hatten. (Stnjeilige 9?eihenbörfer finb an ben gebirgigen Rängen ber Subeten fcfjon aus praftifdf)en ©rünben in biefer gorm ent= ftanben, weil bie erhebliche Steigerung ber gelbmarf eine folcfje 95emirtfd)aftung auf einem jufammenl)ängenben Streifen nahelegte. Schließlich fyaben mir in ben hochgelegenen Sauben beS liefen- gebirgeS aud) noch Seifpiele für baS ßinjelhoffpftem, menn eS fich hier — unter ber 33orauSfei$ung einer jumeift nur fornmerlictjen 3SiehmirtfdE)aft — oft auch nur auf menige StaHräume unb baS angefd) (offene SßohnhauS befcfjränft. 9Jian erfennt, baß eS SdEjteften an 9Jtannigfaltigfeit ber ©orfbilber nicht fehlt. ©r£)öf)t mhb biefer (S^arafter noch burdf) bie Sauraeife, meldte neben bem Slodbau auch Schrotholjbau, eine SSerbinbung non Stänbermerf unb Slodbau, unb fdjließlidfj in ber (Sbene aud) einen ausgezeichneten gachmerfbau fennt. ©uref) biefe £>etmifcf)ert Sauarten hat baS fct)Ieftfd)e 2)orf einen fehr malertfdjen Gharafter befommen, als beffen berühmtefte $eug= niffe bie meten ^oljfirdhen DberfcfjleftenS gelten, bie fteßenmeiS in baS 14. galjrhunbert jurüdgehen unb Vermutlich 3lefte eines alten mittelofteuropäif djen ©ebtrgSftileS finb. 3)ie beutf d^en Mittelgebirge beginnen auf beutfdfjem Soben mit einer Verhältnismäßig fchmalen Äette, ben Subeten unb bem SRtejengebirge, um fidf) in bem ©rjgebirge mit bem 3:I)ürtnger 9ltfgemetne§. 73 SBalb, ben ^effifd^en unb rfyetmf djen ©qftemen oerbinben, bie fidf) immer breiter nach Horben unb ©üben lagern, balb in ju= fammenf)ängenbem ©efüge mit tiefen gluf$tälern unb erheblichen ^od^flärfjen, balb in vereitelten SJRaffiuen. ©ie Sßefer mit ihren $uflüffen burchbrtcfjt bie breitefte ©teile biefe3 ©ebirg3lanbe3, in bem ber £aunu3, ber SBefterroalb unb baö ©auerlcmbifche ©e= birg3lanb rechtSrheinifdje, ber §arbt, §un3rüeimat, bem 3RE>einlanbe, gebliebenen ^raufen ber 2lu3gang einer nach Dften gerichteten Sefiebelung 9JtitteIbeutfd£)lanb3, bie fich um bie SJtofel unb ben SJtain gruppierte, bie Sßfalj, mo fich ^te granfett mit ben ©chmaben, SJJittelf raufen unb ba3 Mittelgebirge, mo fie fich mit ©laoen üermifd^ten, bauernb behauptete unb über ©adjfen unb 93öhmen nach Schlefien v orbrang. @3 ift charafteriftifdf), bafs ba3 mittelbeutfche ©ebirg^lanb mit 2lu3naf)me ber von Reffen unb 2:J)üringern befehlen ©ebiete fränfifd^er Slrt hulbigt, bie fid£) mie ein von SBeften nach Dften gerichteter Querriegel jtmf djen 9iorbbeutfdh= lanb unb ©übbeutfchlanb legt. 33on einer (Einheit ber Kultur fann £)ie* um fo meniger bie Siebe fein, al3 fomofjl bie ©ebiete in fich w?fd£)ieben finb, afö aud^ bie fränftfdhe 33eoölferung3= menge fidh oft mit anberen ©tammeöelementen t)ermtfd£)te. SJttt ber Statur be3 SanbeS änbert fich au$ ba% 33ilb be$ ©orfeö erheblich. $n 8anS SJteberbeutfchlanb fyahen mir — von ben immerhin noch re$* unbefannten ©iebelungäoerhältniffen ber SÜtftaoen abgefehen — eigentlich nur größere 33eränberungen chronologifdfjer 2trt. @rft mit bem Stufftieg in ba3 ©ebirge treten ju ben zeitlichen auch ©inflüffe, bie nur aus ber Statur be3 Sanbeö hert)or9e^en- ®ag freunblid£)ere unb abwechslungsreichere ^ügellanb gibt ben 2lnfiebelungen, melche fidh m^ Vorliebe in einer Salmulbe ober an ben leichtgeneigten Abhängen eines 74 2RttteIbeutfdje Dörfer. ©tromtaleg verbergen unb nur mit bem fd)Ianfen Kirchturm in bie $erne roinfen, etroaS $reunblkhe3, ©efelligeS, ©inlabenbeS. 3)a3 SDorf verliert bie ©benen^eigung, fich möglichft weit in bie Sanbfcfjaft ju verlieren; feine Käufer brängen fiel) eng gufammen, wie bie ^Dörfer felbft, welche oft feljr nahe beietnanber liegen unb ben ©tromufern ben 2lu3bru bei ben beutfcfyen 2RitteI= gebirgäbörfern fogar bie Stdferrotrtfd^aft ju einer 93etrieböteilung, inbem fie neben ber 3Stef)§ud^t and) ben ©emüfebau pflegt, mag allerbingS mofyt audj) mit ber intelligenten fränfifdt)=thüringifd^en 3lrt jufammenl)ängt. SRirgenbg in Seutfdjlanb medfjfeln fo fyäufig fleinftäbtifd£)e, aber nodf) acferbautretbenbe, ©iebelungen mit großen, faft ju ©täbten geworbenen Sauernbörfern unb mit ftiHen glacf^ lanbfiebelungen roie in 9JJitteIbeutfcf)lanb. 2lber trotjbem, b. Ij. tro£ ber intelligenten, tuelfad) rationell veranlagten üDenlungöroeife ber 9Jtittelbeutfcf)en ift bie Vorliebe für ben 33aum unb farbigen 33lumenfd^mu(f geblieben, bie manches ©orf faft vergraben fein läfet unter mächtigen Äronen. -JBäfyrenb fid£) bie nieberbeutfd^e 76 fflWttelbeutfäe Dörfer. ©tebelung Ijäufig von einem bunflen, meifteng au3 Stfabelbäumen befteljenben Söalbfyintergrunbe loölöft, liegen bie mittelbeutfcfyen auf einem tyaxh unb SBiefengrunb. ©enn in ber @bene fteljt ber 23aum afä Söalb fjinter bem ©orfe, ba3 baburcf) teilmetfe ju einem SBalbborfe mirb, unb ba e3 btefe ©igenfcfjaft nur unter befonberen Umftänben aufgibt, wirft er im Serglanbe afö ©injel= l)eit, bie fiel) in bem unb um ba3 ©orf legt. 9lf)einlanb = 2Beftfalen. ©er biametrale ©egenfa^ von Sieflanb unb $öf)enlanb fommt $ur vollen ©eltung in biefen beiben preu^ifd^en 5ßrot)injen. $m Horben verbinden fiel) bie ^oHänbifc^e unb nieberfäcfyfifcfje Slrt ju jener abgesoffenen @in= jelfiebelung, bie mir bereite fennen gelernt Ijaben. (©.21.) Slberbie gefellige Neigung ber ba§ 9tljeinlanb aud£) in feinen ©benen be^ mofjnenben granfen fyat ben ©injel^of jum größten STeil aufge= geben, mctfyrenb ifjn bie SBeftfalen treuer bemafyrt fyaben. ©ie nörblid^en S^ieflanbgebiete fyaben e3 nerftanben, burcf) alle 2öanb= lungen ber ©ef5 meften an ber 9Jlofel — beren ©tebelungen bereite ber fpät^ römifdE)e ©tdfjter unb 33ifd£)of von 5ßoitier§ Venantius Fortunatus mit ben Jßerfen befingt: SR^etnXanb * SSSeftf alen. 77 „Stützen ben Dörfern einher am ®eftab — e3 tauften bie Gttebel — kam \&j an ben Ort, tr-o firf) bte ©ura (bte (Sauer) ergießt" haben bte etnfehnürenben ©ebirg^üge baä §aufenborf in ein ©tra^enborf üerroanbelt. 2ßo aber ber dictum e3 geftattet, roirb bte alte %oxm beibehalten, ©inen malerif djen Slnblicf gemährt ein 3Jiofelborf burd) biefe 6nge, in ber fid) bie fränftfd^e §of= anläge an bie Nachbarn brängt unb fdfjiebt, unb bodj fo feft unb gemütlidj einlabenb ausfielt, balb au§ ber $ront ber anberen heroortretenb, balb gurüdfbleibenb ober plöttftdfj eine neue 3tid)tung ber ©traf$e beftimmenb. 2öir feiert fd)on ^ier, baf$ bie @nge be§ 33oben§ bie ©e£)öfte aneinanberbrängt unb fie ju bem fonft ganj ungermanifchen Slneinanberrüdfen ber ©ebäube t)erantaf$t, ba3 üielleidjt auch burd) 33etfptete römifcher Anlagert geftärft rourbe. Unb tro£ ber @nge weitet fidj hinter ber Sttauer ber grojse £>of, auf bem ber Söoljltctter ber 3JiofeI — ber SBetn — üppig gebeizt unb mit feiner ranfenben $ülle f)o^e 9Jlauer überflettert. (2lbb. 27.) SBtr finb ja im Sanbe ber Trauben unb feiner feud^tfröf)Iid^en Serao^ner, bie ihr überfcfjmellenbeä fränfifc^eö Temperament auch in ber 2lnlage ber ©örfer jum 2lu3brud bringen. Troi$bem e3 geeignete S3aufteine gibt, liebt ber Sauer an ber 9JlofeI, mie überhaupt mit 2lu3nahme einzelner banrifdEjer unb pfätjifcfyer ©ebiete in ganj ©übbeutfchlanb, ba3 gad^merf^auö mehr al3 ben ©teinbau. Sobt bieS bod) fdjon ber genannte mof elf reunb liehe 33ifrf;of, menn er von ben Käufern fagt: „2Beid)et it)r SBänbe — gemauert aus ftetnemen SBlöcfen — ; td) ^telje 2Begen be3 -äfteifter^ ©ejdjtcf eud) uor ben tjölgernen 33au. £reffltd) öertüe^ren öor 28inb unb üor Detter getäfelte ©tuben, 2ßo tttcfjt flaffenben Spalt bulbet be£ 3immermann3 §anb, ©d)u|, rate tlm fonft nur geroäfiren ©tein, Hörtel unb ©anb im Vereine. @tn§tg oerleit)t unb allein if)n un3 ber gütige SBalb. Suftig umgeben ben 9Sau im $eöiert fyocrjragenbe Sauben, 9faicf) oon bem 9tteifter gefefmt^t, ^ierlicf) in fpielenber Swtft." ©emif$ ba3 erfte Sieb, ba3 bem beutfd)en ©orfe erflang! 2Werbtng3 finb bie ärmlicheren ©ebirg^börfer auf ber uul= fanifdjen @ifel unb in anberen abgelegenen ©egenben auch auf ben Stein angeroiefen, ber f)üx näher liegt afö Sauhol^. 2luch mehrt fich naef) Sothringen unb Su^emburg bie Neigung, bie Käufer ju einer gefdjjloffenen Saumeife äufammenäurüden, mag fich im öanrifdjen fogar foroett fteigert, baf$ mehrere Kleinbauern unter bemfelben SDadje mohnen unb in Sothringen bie Spaltung einer 2lrt £au3genoffenfd£)aft bi§ in ba3 18. ^ahrljunbert begünftigt E)at. 78 SMttelbeutfäe Dörfer. 3iömifd()e3 Seben fycttte einft bte frönen Säler erfüllt; aber beutfdje SDörfer finb fjeute if)r ©cfymud. 9JidE)t wenige unferer 2öei3tümer flammen von ben ^Dörfern ber @ifel unb be3 Trierer SanbeS; beutle ©itte f)at ftdf) t)ier auf altem Äulturboben ent= midelt. Sag Sftieberfad)fenf)au3 retd£)t nodE) t>eremjelt unb in 2tbmanblungen in ba3 Jtfyetnlanb Ijinetn, mctfyrenb e3 in 2öeft= falen im ©ebirge fjerrfc^enb ift. 2ln feine ©teile ift jumetft ber freunblidfje fränfifdje 2ßirtfd£)aft3f)of getreten, ber ben füb= unb meftbeutfdjen Dörfern einen befjaglicfjen Gfjarafter gibt. 3m 3u= fammentjange bamit, unb ate $olge be3 mtrtfdjaftlidjen Sebent f)at ftdf) ba3 ©orf oielfad; ftäbtifdjen ©iebelunggformen genähert. 2Ba3 an ber Sftofel unb 9ialje nur in einzelnen 3^9en ^toor= tritt, £)at fiel) am 9if)ein jur sollen 33Iüte entfaltet: „Sßenn aUe SBteSbabcncr dauern in bie 2tder gelten, fo ift fein ^Bürger meljr ju §aufe", fpottet ber launige 23olf£munb. @r matt mit biefer mofylmollenben ©elbftoerfpottung trefflid) bie 9lu3bel)nung be3 börf liefen Sebent, ba3 aus ber Sldermirtfcfjctft leidet gu einer breiteren ©runblage £)inübergleitet. ©er gange 9W)eingau bilbete ja politifd) mie mirtfdljaftlid) eine @inf)eit, in bie bie einzelnen börfltcfyen ©lieber aufgingen, mäfjrenb bie eigentliche ^auptftabt @Itt)iIIe f)inter ben nielen felbftänbigen Meinen ©emeinroefen faft oerfdjmanb. „25a ber gange ©au naljeju ftäbtifdfje greiljeiten genofs, fo mar bie «§>auptftabt eben nur eine ©tabt in ber ©tabt, mefyr nur im Settel als in ber ©acf)e unterfdjieben. Slud) bie Semoljner ber übrigen Drte be3 9tt)eingaue3 nannten fiel) „Bürger" unb begeid()neten i£)re ©örfer al3 „Rieden", bie fie bef eftigten; nur t)ier fleine ©örfer mürben ratrlltcf) ^Dörfer genannt. 3)a3 S)orf mar in biefem Sanbe bie 3lu3nal)me, ebenfo bie ©tabt, ber Rieden bagegen bie 9tegel. (Sin Rieden ift aber ein f)alb= müd£)fige3 SUJittelbing gmifcf)en 2)orf unb ©tabt, genau mie ber 9tf)eingau al£ ©anjeä ein fold^eö 9Jtittelbing mar." 9Jlit biefen SBorten fenngeicfjnet 9iief)I treffenb ben ßfyarafter ber 9if)eingau= börfer, ber audE) bei tuelen Drtfd^aften anberer 33erfef)r3börfer gu= trifft, ber aber autf) bie gelbmarf md)t unberührt läftt. ©d)on @nbe be3 15. Qa^r^unbertg rüfjmt ein 9ieifenber bie „munberliblidE) ange= legten gaerten", bie befonberö am Stfjein „nit allein ber) großen Herren, fonbern oftmals bei einf eltigen bameräleuten angetroffen mürben". @3 ift ein munberlidjer ©egenfat* j$mifd£)en ben gefelligen glufc börfem be3 SRfyemeg, feiner rebenumfrängten 5Rebentäler unb ben bürftigen §öf)enbörfern einerfeitS unb ben ftolgen, abfdjliejsenben meft= ^cinIanb = SBeftfalen. 79 27. (Üröff fiui traten an b:er Motel. (Sftacf) ^otogtapf)ie.) fälifdjen ©injcl^öfcn anbererfeitö, bie aud; in bem^ufammenbrängen ju einem £>aufenborf btefen felbftänbigen 3ug fcfyarf heroortreten laffen, grotfd^en beiben eine oer6inbenbe ©ficht moberner ^nbuftriebörfer. Sie Sßfalj. 2öo ein fo auSfchlagge6enbe3 SBirtffaft^ element fdfjon frü^ in ben Dörfern ©eltung fanb wie ber 9Bein= bau, ba fann man überaß ba$ 23eftre6en ©erfolgen, auö ber adfer= mirtfcljaftlichen ©runblage tyerauSjufotnmen. $m günftigften gaHc nimmt, rtrie mir beim 3^^eingau gefehen haben, ein ganje3 ©ebiet neue formen an; fyter in meniger einheitlichen unb beoorjugten (Ge- bieten fdfoetbet fid£> bie SBauernfdjjaft in bie ftäbtifd) angehäufte Söeinborffultur unb in eine — meift ba3 f)ö£)ere ©ebirg^lanb einnehmende — ärmere SDorffcfjaft, melche beim 91cf erbau fteEjen geblieben ift (2166. 28); fo auf ben bie SDtofel begleitenben ©e= birg^jügen ber ßifel unb be3 §un§rücf'ö. 2ludj in ber fröhlichen $falj, bie mir nodh ju SRittelbeutfchlanb rennen bürfen, läßt jtdj biefe ©Reibung ©erfolgen, Söeften bie jerrtffene £>ügellanb= ffaft be3 SBeftrich mit großen ©ehöften, bie unregelmäßig ge= lagert finb; im Dften, mo ber 2öein6au ftdj am guße be3 £>aarbt= ge6irge3 quer burdj) bie ganje ^Pfalj §ieE)t, gefdjloffene Dörfer mit ©anbftein6auten, bie faft ftäbttfdjen QXjaxatttx h^6en. ©ort, in jenem 2öeftge6iete, ba$ ü6er ^ollanb in lofem 3ufammenf)ange mit bem nieberbeutfd£)en ^ieflanb ftef)t, fyabtn wir 6t3n>eüen nieberbeutfdjen ©nfluß, ber 6efonber3 in ben menigen ©injelhöfen jum 21u3brucf fommt; fyzx, in bem t)om 3flE)ein unb bem ©e6irge 6egrenjten ©tridj) finben fich große SDörfer ©on 4 6iS 5 £aufenb 80 SWttetbeutföe Sörfer. (Einwohnern, bie §ctu3 an §au3 lange ©traftenbörfer bilben, nacfy aufsen oft nur wenig getrennt finb unb baö fruchtbare ©elänbe ju einem ber bidfjtbeoölfertften in SDeutfdfjlanb madfjen. $n biefem Sanbe finb ntd^t nur bie ©egenfä^e gtüifd^en Sieflanb unb §öf)en= lanb ftarf auggeprägt, fonbem e3 t)at audfj bie ftammeäartüdje ©iebelung, weldjje von %xankn unb Sllemannen getragen würbe, biefe natürlichen ©egenfät$e oerfd£)ärft. @S fd)eint, al3 fei burdj ben SBeinbau ber 5ßfalg manche (Eigen- art bewahrt worben, bie fie fonft t>tetIeidE)t oerloren haben würbe. Sa3 Sanb ift wof)l im ganzen überwiegenb 2tderlanb, aber ^nbuftrie unb Söeinbau, baju eine günftige Sage mit ber großen 9tf)em= ftrajse im Dften, ^aben oereint t»tel Söofylftanb gefdjaffen, ber wieber auf bie (Erhaltung bäuerlicher Freiheiten jjurüdwitfte. ©rojse unb Heine Herren E)at e3 natürlich auch f)ier gegeben, bie auf ben Sauern brüdten; boch ^aben fie biefen feine3weg§ fo in 2lbf)ängigfeit bringen fönnen wie beifpieföweife in ben anberen ba^rifd^en ©ebieten. 9Jtan erfennt, baf$ ju einer günftigen Sage auch wirtfdjaftliche (Entfaltung gehört, um bäuerliche Freiheiten ^u fiebern. £)a$ Söeferberglanb. 2Bo ber DSning unb bie 2Befer= gebirge wie eine SSJiauer oor bem weiten, von großen ©ümpfen burd^jogenen, Fladjlanbe auffteigen, ba haben fie weber ben 33olf3= ftämmen nodj aud£) ber nieberbeutfd)en $ladE)Ianbfiebelung ein £>alt geboten. 35a§ breitfpurige ©achfenljauä tritt barüber ^inmeg bi3 in ba3 f übliche -Jöeftfalen unb §effen; e3 f)at namentlich bie tiefe Söeferfurcfye ate 2Beg gewählt, um oon ihm au3 bie beiberfeitigen §ügelgelänbe ju befe^en; aber e3 fyat fich babei in bie £>öf)e ge= redt unb feinen bad£)()au3artigen ß^arafter oerloren, ber fid) fo fd£)ön ber §eibe anfdEjmiegte. ©djon bei Sßinben bereitet fich bie 3Sertifalrid^tung be3 ©adjfenljaufeg oor, bie in mittelbeutfcfyen ©e= birgen ben ©orfbilbern einen beftimmten ftäbtifd^en gug Berietet, ber aber erft jur oollen (Entfaltung bei ben fränfifdjen ©elften fommt. 2lnberer[ett3 geht aber triel oon ber ftoljen ©elbftänbigfeit ber fädf)fifd^en ©iebelung oerloren, ba ba3 ,3uf ammenbrängen eineö fo ausgesprochenen (Ein$eIhofe3 ju gefc^Ioffenen Drtfdjaften etroa3 Unorganifd)e3 an fidj fjat. (2166. 11.) 2)a3 trifft übrigeng auch bei ben in Reffen unb in SBeftfalen oorfommenben ©ad^Jen^ Käufern ju, bie nicht nur nach oben mad)fen, fonbem auch gern burdf) einen erferarttgen SSorbau bie urfprünglidje Schlichtheit oer- laffen unb bat)er burch ba£ leidjt oerfleinerte Xor biefen fächfifdEjen 93eftanbteil leidet einbüßen. 2)aö ©ad^fen^auö ift nur mirfungö= Söeferberglanb. $cffcn = 3laffau. 81 ooll, wenn e3 allein ftefyt! §ier f)at e3 aufterbem ba3 alte ©trol)= badfj burd) bie ferneren ©tüde be3 ©oüingfanbfteinä erfe^t, bie jwar f)öd)ft eigenartig, aber wenig börflid) ausfegen. £effen = 9taffau. SBefentltdfj anbcrS f)at fid; bie 6nt= widlung be3 3)orfe3 in bem — allen obengenannten mittetbeutfdjen ©ebteten benachbarten — Reffen ooßjogen, bem flafftfcfyen Sanbe altbeutfcfjer (Erinnerungen unb wattmmraufdjter SSergbörfer. @3 fdjeint, al3 l)abe bie Saft biefer (Erinnerungen bie ^Dörfer unb Sauern an einem altertümlidjen 2lderbaubetriebe gefdjidjtlid) feft= galten wollen, ©enn in ben malertfdjen $adf)n)erfl)äufem (2lbb. 29), bie tum einer forgfam gepflegten örtlidjen Überlieferung von ©au ju ©au t)erfd)iebenartig gebilbet finb, ift ber Slderbau allein ber ©ebieter ber wirifdjaftlidtjen 38erf)ältmffe, bem fid) neuerbtngS — faft ganj unuermittelt — bie Snbuftrie gugefellt ^at. Äein ©emüfebau, noä) weniger ein börflidjeö ©ewerbe, ba3 nur auf ben oben §ö^en be3 2öefterwalbe3 ben färglicf)en Sofyn be3 gelb= baueö ein wenig erf)öf)t, nod) weniger ein fröt)lid£)e3 SBinjerleben l)at in biefem Sanbe ber Glatten 95oben gefunben. Qft bodf) erft 1239 baö erfte 2)orf mit 6tabtred)t bewibmet worben, jur felben 3eit etwa, in ber Gerling 9kme guerft al£ fiäbtifdfjeS @emetn= wefen au$ ber nebelgrauen ^Dämmerung be3 oftbeutfd;en $olonial= lanbeS emportaud)t! 3ll§ (Ergebnis biefer allem 9ceuen gegenüber 2t9ht© 192: hielte, Dag beutle SDorf. 6 82 SMttetbeutjctye Dörfer. fo giemltcf) ablefjnenben Haltung pafet eS burcfjauS in ben Gahmen ber norrtriegenb altertümlichen Slcferbautenbenj, bajs noch im 17. unb 18. 3aJ)r^unbert bie ©emeinbe gricfhofen mehrere $elbfluren in ungeteilter ©emetnfdjaft befafs, unb bajs f)ier bie einzelnen Scfer jährlich unter bie eingefeffene S3auer[c^aft oerloft morben finb. Reffen ift eines ber malbreidjften ©ebiete in ©eutfchfanb. Über 40% beS 33obenS ftnb mit 2Balb bebecft, ber burch bie m&B. 29. Btrfonrteb hti KDafjnfrtBb. (Sftacfi ^otogra^te.) jcrKüftcte üftatur beS gebirgigen SanbeS in fleinere Seftänbe aufgelöft ift. Sa bie f)öf)eren Sagen beS ©ebirgeS megen ihrer 9{auf)£)eit unbewohnt finb, fo £)at fidlj baS bäuerliche Seben auf bie breiten unb fruchtbaren STäler befd£)rcmft, unb §mar im Sinne eines mitt= leren 33eft£ftanbeS von 5 big 20 «geftar, ber teilmeife über 50 % einnimmt. 2)ie Anlage ber Dörfer ift faft ausnahmslos als Raufen = borf erfolgt, baS ftch feine Büge, bie burdjj bie malerifchen fränfifdljen ©ehöfte mit ben $ad)mxl bauten unb ben hübten runbbogigen §of= eingängen belebt werben, bis ^eute erhalten f)at. (2lbb. 30.) Thüringen. 33on §effen gehen mir h^ber in baS be= nadjbarte 2anb Thüringen, baS einftmalS mit jenem polttifd) eng serbunben mar, unb baS audh in geographifcfjer §inficht mit ihm auf berfelben ©tufc fteht. £>ier raie bort bilben bie Getier bie ©runblage ber ©iebelungen, meldte inbeffen teilmeife E>öt>er liegen Düringen. 83 dl% in Reffen, ©o t)iele SanbeSgrenjen and) über 2£)üringen3 33erge laufen, in ben ©iebelungen gibt e3 — von einigen oft- liiert flaoifchen 3lunbbörfem abgefeljen — nur einen £t)pu3, ben be3 §aufenborfe3, ber fid^ unter bem gmange örtlicher 3Ser^äIt= ntffe nur miberunlltg bem ©traßenborfe annähert. 2)a3 tf)ü= ringtfdje ®orf mit feinen fyodjaufgeridjteten Käufern I)at fomel ed^t beutfd^e 3üge, fotnel ber alten bäuerlichen Ungebunbenljeit innerhalb ber gefdfjloffenen 2lnlage bewahrt, baß man e3 als £i)pu3 be§ ^aufenborfeö mit fränfifdjen ©eljöften betrachten barf. Eigentliche SBalbbörfer gibt e3 in Springen nur wenige (2lbb. 31), aber um fo met)r %'albörfer, meldte in ben breiten Tälern — %hh. 30. BontKbxtrg Bpn-Bapit.) $f>otograpf)ie.) mand£)mal ben ©ipfel einer befonberen £alanl)öhe einnef)menb — gelagert finb, allerbingg unter bem ©Ratten balb näher, balb ferner liegenber SSergwätber. ®ie überaus malerifdjen Drtfdjaften, welche burdj ben behäbigen SBirtf^aftö^of ein red£)t ftattlicheS Sttlb barbieten, über bem fid) bie ©orffirdje in beherrfdjenber Stellung ergebt, f ehren jumeift bie ©iebel nach ber Strafe, feltener bie Sangfeiten. $n biefer 2lrt reiht fid£) in ber frud)t= baren „golbenen 2lue", jener blühenben ^alfenfe gwifdjen %fyn~ ringen unb bem «garj, S)orf an ©orf, auf bie nid£)t wenige 93urg= refte ber Thüringen einft beherrfchenben ©pnaften f)erabfef>en. 2tuf ben 33ergen änbert fid) naturgemäß auch ^ Slu^feljen be3 £)orfbitbe3. £>ier finb al3 unmittelbare (Srgebniffe be3 fteinigen ©elänbeö bie hochf^ebenben mehrftödigen Käufer unter= fellert unb burch bie aneinanbergefchobenen SDadjftrfte oft ftabt= ähnlich geworben. (3lbb. 32). 6* 84 attttelbeutfäe Dörfer. %bb. 31. Butfjfjül? htx 2£*rut#ett. (^XlacJ) ^f)otogra*)f)te.) Springen ift nidjt mehr bae> aderbauenbe £anb, ba3 e3 in 2Beimar3 großer Qtit war; e£ ift ein moberneg gnbuftriegebiet geworben, wa3 auf bie beteiligten ^Dörfer nicht o^ne ©influ^ ge- blieben ift. 2tber barin geigt ftd£) bie mittelbeutfcf)e Semeglid^Ieit in ihrer retnften gorm, baß biefe neuere ©ntwidlung nid^t gleid^ maßig, fonbern in Dielen 2lbftufungen erfolgt ift. Oftmals ha* bie gewerbliche unb inbuftrielle 9?ebenbefcf)äftigung ben 3ldEerbau nur unterbrochen, ber im ©ommer roteber aufgenommen wirb, oft ihn atlerbing3 auch ganj t>erbrangt, wie e3 überhaupt eine häufig be- obad)tete 9?otwenbtgfeit hochgelegener ©ebirg^börfer ift, fid) aus bem fpärlidjen Slderbau ju einem geroerblid)en Seben emporjuentwideln. ®te Slnfänge biefeä gewerblichen Sebent liegen in Düringen bereite in ber golbenen Slue; aber fie finb fyex in ben blüfjenben Sldergefilben nid£)t aufgenommen, fonbern erft in ben höheren Tälern unb am Serggemaffer gereift, wo bie SSebingungen bafür günftiger liegen. 2ßo ba3 Söirtfdjaftöleben, ba3 burch eine lanbmirtfd^aft= lic^e SRebenprobuftion unb burch ben Söeinbau bereichert wirb, ba$ ©orfbilb beeinflußt, ba fyat e§ auch bie §öfe immer ftattlicher, geglieberter werben laffen; wo e3 mit ber rauhen §anb ber I^nbuftrie fid) ©ntfaltungöfreiheit gefd^affen fyat, ba ift ber freunblid^e §of= d£)arafter leidet verloren. Sro^bem £)at bie gefunbe Überlieferung auch in bem neuen SE^puS be3 ^rtbxxftrieborfe^ £>äitftg genug — befonberä im «£arj — ©orfbilber gefchaffen, bie fid) fehen laffen fönnen. (2lbb. 33.) $m benachbarten §arj wie in ber golbnen Düringen. 85 2tue, in ben Tälern ber 2ßerra, ©aale, Unftrut, felbft auf ber ärmlicheren §ö^e be§ @id£)3felbe3 , fjaben fid) bie Dörfer in ber typifdfjen gorm be3 §aufenborfe3 oft ju red)t ftattlicfyen ©iebelungen entroidelt. 2öo e3 an 9taum mangelt, ba fcfyieben fid) bie ©eljöfte eng aneinanber, namentlich auf ben fleinen 2ln= höhen; fdf)male ©äffen minben fid£) burd^ bie ©eljöfte Ijmburdj, um fid£) ber breiteren «^auptftra^e ober bem ©orfpla^e anju^ fcf)ltef$en, ber ^äufig burdj ben Sftangel großer Säume unb ber Vorgärten ju bem ftabtäf)nltd^en Silbe mandjer biefer 2)örfer"er= heblid) beiträgt. (216b. 34.) Sie alten ©iebelungen liegen, roie immer im ©ebirg^lanbe, in ben Tälern, bie neueren, welche fid; jumeift au3 fleinen 2öalbanfiebe= lungen erft im 19. Safjrfyunbert $u anfehnlidfjeren Drtfchaften ent= micfelt ^aben, trifft man in ben höheren Tälern, bie barum nidf)t feiten mie Hambach u. a. afö fommerliche Kurorte eine neue mirtfcfjaftlidje S3afi3 gefunben haben. Seiber mcfjt immer jugunften ihrer äußeren ©rf Meinung, bie t)on einzelnen, außerhalb börftid^er ^rttereff ert fteljenben SKädjten beeinflußt wirb. £)a t)erfd£)U)inben bann balb bie freunblidjen S3auernl)äufer; an ihrer ©teile ergeben fidf) ftäbtifdj fein motlenbe ©ebäube, bie ben börflidjen Qfyaxattex nur ju balb t>ertt)if d)en. %m Dften SL^üringen^ r mo bie ©aale jaf)rf)unberte= 86 3Mttetbeutfd)e Dörfer. Mbh. 33. 3oxg.z (£übtyar£). (Wart) ^tjotoßrüpljie.) lang ©rengfluß gegen bte ©[aoen mar, welche, ifyrem Saufe fotgenb, big nad) $ranfen t)orgebrungen waren, finbet fid) nod) Ijäufig genug ber flatrifdje £r>pug in ben 9iunbling§anlagen, mit if)m afterbtngg aud) eine gemiffe 33efc^eiben^eit ber §öfe, bie fyäufig gu beobachten ift, mo bie Söirfungen einer übermächtigen ©runbfyerrfchaft bie Entfaltung ^emmte. ^ft bodj biefe fyex von bem großen $uge beg oftbeutfcfjen ©ntroidlungggangeg nocf) ftarf beeinflußt! Königreich ©ad)fen. $e weiter wan in -JRittelbeutfchlanb von SBeften nach bem Dften fommt, um fo mehr ftöftt man auf SKefte ftat)ifd^er Slnlagen. yiifyt nur in ben oermef)rten SKunb= lingen ober ben aud) flcunfdjen Stämmen eignenben ©traßen= börfem geigt ftd) bieg; mehr nod) fommt eg in ber eigenartig frönen Stmmerei ^ ©tänbermerfeg jum 33orfd)ein, bag bem So^Ienmerf vorgebaut unb Von Dftpreujgen an big nadE) Söhnten Derfolgbar ift, in ©ad)fen aber gangen Sanbftridfjen, befonberg in ber fädf)fifcf)en 2auft£ unb bem fyöljeren ©rggebtrge, ein eigenartige^ ©efxd£)t gegeben hat. (2tbb. 35.) Stein ftamfdje Siebelungen, bie fo= roof)l £)äufig ein meilerartigeg 2Iugfehen, als auch bie %lux b!otf= artig aufgeteilt h<*ben, finb in ber Umgebung von ©reiben unb SReißen gu finben. S)ie ©nrairfungen ber ©runbljerrfchaft, bie felbft in bem ehemals reidjgumnittelbaren SSogtlanbe eine meit~ ge^enbe gerflüftung beg bäuerlichen 33efi£eS bewirft Ratten, haben allerbtngg beutfd^e unb ftaoifdfje 35orffd£)aften äußerlid), namentlich in bejug auf bie $lureinteilung, tnelfadf) genähert; aber bie ftammegartlichen Urelemente finb tro^bem in feinem beutfdjjen Königreich ©ctdjjen. 87 löö. 34. Bofimflimt a. b. 3aale. (9fcatf) ^fjotograpfjte.) ©ebiete fo intenfb in bie @rfcf)einung getreten, rate im Königreich ©achfen. @ine gan^e Steide malerifdf)er Sauarten — von ber einfachen ftrohgebecften 2et)mfate ber sJJieberungen bi3 ben fchinbetgebecften 33Iotf- unb ©tänberbauten be3 @rägebtrge§, t)on ben fränftfcfy=tfyüringifcf)en burgartig gefcl)loffenen si$ierfantbauten bi3 ju ben mannigfachen fd;iefer= ober bretterbebecften offenen $öfen — f)at fich auf biefem befdfjränften ©ebiete ljerau3gebttbet. 5Der ©laoe hat fidf) anfd£)einenb ben fogenannten fränfifdfjen £ppu3 be3 £>aufe3 angeeignet; vermutlich übernahm er bamit nur eine $orm, bie feiner eigenen, angeftammten SBofjnroeife fcfjon etroa3 nahelag; inbeffen fpredjen f)ier noch anbere Vorgänge mit, bie flar ben ©nftufc geograpfyifcfjer 3Ser^ältniffe belegen. 3)ie t)ölfergefd)icf)tlid)en ©reigniffe, meldje au3 einem reim flamfcljen 2anbe fcfjon früt) ein oon Reffen, X^üringern, 33ai)ern, $lamlänbem — oor aKem aber von $ranfen — befiebelteä SSotlraerf beutfdfjer Kultur gemalt haben, liefen, unabhängig von emseinen 2tu3naf)men, bie fränfifdjen 93olf3rae(Ien über bie höheren ©elänbe fyinroeggefyen, mätjrenb ba3 gladjlanb bem f(a= üifcf)en Solfötume noch lange $eit vorbehalten mar. ©o ift e3 ju verftehen, baft im Horben unb Dften be3 Sanbeö ba§ foloniale ©traftenborf (Slbb. 36) mit feiner Kirche, feinem 2lnger unb feinen l)übfd)en Vorgärten f)errfd^t , ba3 nadt) ber intenfioen ^Bewegung ber Kolonifation auch m^ ^Runblingöbörfern vermifcht ift, bajs an 216= hängen be3 Sr^gebirgeö bagegen bie großen einfeitig erbauten 2Balb= hufenbörfer mit ihren d^arafteriftifchen, bem glujslaufe quergelegten 88 aHtttelbeutföe Dörfer. Mh. 35. (&hzx&hatf)-(§2üx$*maVbs (Iauft%). (2Ut§ Wand, beutjdje§ 23cmentf)au§.) glurftreifen, mit ihren meit auäeinanberltegenben, oft tro^ig ge= fcfyloffenen Bauernhöfen f)errfd£)en, bie über bie Saufig l)inmeg big in bie ©ubeten t)orgebrungen finb. £rier fehlt t>or aHem bie ©ruppierung, meldfje in ber Sorfftrcfye eine ardjiteftonifche Steigerung erfährt; ba3 ®orf ift in SBirflkfyfeit nidE)t3 anbereg al3 eine Häufung beS (Stngel^ofeö, ber nicf)t wie im nieberbeutfdtjen £ieflanbe in meiten Slbftänben unregelmäßig rerftreut ift, fonbern mit SiücFfidjt auf bie ©ebirg^natur in engeren ßraifchenräumen jufammenniftet. Sin großer Steil ber Sörfer — namentlich im (Sr^gebirge — ift ju einem QnbuftrxebetrteS übergegangen. $n biefem $alle aber reiben bie Anfänge meit jurütf big in eine Qeit, bie no. ätexizwin bei Meiftea. (2luä ©ädj|. SBerfefjräfntdj , SSerlag b. $erein§ jur Säuberung 3)re§t>en§ unb be§ fJrembenöerfefjrS.) 90 SDberbeutjcfye Dörfer. it)irb ffar, roenn wir bie ©iebelungen in Dberbeutfcfylanb be= trauten, reo eine $af)rtaufenbe alte Kultur niftete, betwr fie von germanischen ©tämmen überfdfjwemmt würbe, wo bie ©tämme ntdfjt nur ifyre nationale ©igenart bewahrten, fonbern audj manche ©rinnerung an bie Soweit um fo fcftcr gelten, je meljr fie in bie $efö= unb ©djottergegenben ©übbeutf d^lanbS aufrüsten. Sßenn bie nörb liefen ©ebiete am walbärmften, bie füblicfjen am walb= reic^ften finb, wie e§ bie SSobenftatiftif nadjj weift, bann ergibt ficf) barauö aud) bie notmenbige $olge, baf$ bie ©iebelung ifyren ©Ijarafter cntfpredjenb änbern mu|te. ©arüber belehrt eine Um= fcfyau unter ben Dörfern ©übbeutfd()lanb3 unb ber benachbarten beutfdjfpredfjenben ©ebiete. ©er 2ßalb gibt aud) bem ©ebirg^borfe ©fyarafter, aber e§ ift nidf)t me^r ber fdjweigenbe 2öalb !J}ieberbeutfdf)lanb3 ober ber anmutige mittelbeutfdfje SBhtenroalb, fonbern ber in manchen ©egenben jum STeil nod) heute urwatbähnlidfye 33aumbeftanb ber ©ebirg^fcfyroffen. ©rof^ügig aud) im ftetnen, ftefyt er mehr im engen ßitfammenfyange mit bem 23irtfd)aft3organi3mu3 be3 ©orfeä afö in 9tieberbeutfdj; lanb, rao man von ber früher umfangreich betriebenen SSief)^ud^t mehr unb mehr ju anberen 2Öirtfd)aft3betrieben übergegangen ift. 3um 2öafte, ber oft in riefenljafter 2tuöbet)nung bem Sorfe angehört - — ba3 SDorf Sd)weighaufen im ©dfjwarjwalbe befi^t allein etwa 9000 borgen SBalbgebiet — fommt ba3 fprubelnbe unb OTgemetne3. 91 %bh. 38. BiHersgrün im (Sr^eMrgß. (2Iu3 Gruner, ©orffirdöe.) rctufdfjenbe ©eroäff er, ba3 balb in ungezügelter SBilbljeit in bie Xiefe [türmt, balb über $el3barren fpielenb f)üpft unb biefe unter Um= ftänben tnit(eibIo3 auf ba3 Sßerf non 9!J?enfchenhanb herabfd)feubert. Sine ©turm= unb 2^ru^n)e[t jeicfjnet bie ©runblinien be£ 2)orfc3 auf, eine Sßelt, bie bem 35eroof)ner afä grof$e3 Problem bie Aufgabe ftefft, fie ;$u meiftern. Unb ba3 J)at er im reichten 9JJa^e getan; er £)at fie unterjocht, menn fie audf) gettroeilig ihre Ueffeln fprengt. ®er SSemo^ner ber Serge hat bie üorbilblidje ©röf^e ber SRatur auc^ *n feiner ©iebelung roetterjufpumen gefugt. §olj unb ©tein bietet ihm ba3 Sanb, unb au§ §oIj unb Steinen finb bie ©örfer erbaut, batb unmittelbar nebeneinanber an bemfelben 93aumerf ober ©orfe, balb auch, um eine $one tetnen §o!jbaue§ — be3 eigentlichen 2llpenf)aufe3 — üon einer folgen be3 felfen= türmenben 3Jtauerf)aufe3 $u Reiben, bie in bem Ickten gaffe meiftenS mit ben ©iebelungen ber älteften rätifdfjen 93emohner äufammenfäKt. 3)er (Steinbau ^at inbeffen nodj eine anbere Säuberung üolfös tümlicher Äunft au^gelöft, bie für Dberbeutfd)tanb charafteriftifdh ift, in ihren Söirfungen fidh jebod) bis nach granfen, fetbft bi3 nach Reffen h^ erftreeft: baö ift bie $arbe. .$n 9iorbbeutfd)lanb ift fie üerf)ältm3mäj3ig wenig ^ur ©eltung gelangt, obrooht fdtjon 92 Obetbeittfdje Dörfer. £acituS auf fie anfpielt. Stur bie Salfen finb f)ier mit bunfek roter, Ijaufig fd^roarjer, garbe geftrid^en, ober eS wirb — nament= lid(j innerhalb ber (linflufeone f)anftfd)er Kultur — baS Sretter= werf mit einem faftigen ©rün überwogen, baS baburcf) gewiffer= ma^en jur §anfenfarbe geworben ift. 35aoon mad£)t nur baS SCItlänber §auS bei ©tabe eine 2luSnaljme, weil eS — wenigftenS im 19. 3af)rf)unbert — neben bem beoorjugten Söeift eine ganje ©fala von färben jur ©cfjau trägt. ©aS meberbeutfdtje §auS ift audEj barin bobenftänbig , bafs eS mef)r burdf) feinen maffioen Äern als burdj baS §eroorfef)ren arcf)iteftonifdf)er ©injelfjeiten wirft, baf; eS me^r Sinie unb §orm als ranfenbe Suntfjeit liebt, bie audfj ber ernften Statur beS SanbeS burdEjauS miberfpredjjen mürbe. SlnberS ift eS fd§on in 3JtittelbeutfoH entgegenftef)t. (2lbb. 39.) $tn oberbeutfcfjen S)orf entwidfelt ftch bie Steigung jum 2)te mtttelrljeimjdje £ie{ebene. 93 Bbfc. 39. B*ttt (i^fal). («Rad) einer ^otogra^ie bon 2t ©rat) t, SnitSbrud.) @cfdpo^6au> bie fd^on in SRittelbeutfc^Ianb oorfyanben ift, ^um be£)errfdf)enben ©runbfafe. 3>ft f$on bei bem 2llpenf)aufe ba£ £Se- ftreben, bte SBoIjnräume über ben Ställen anzulegen, t>orl)anben, fo verftärft e§ fid) oft baljin, aud) nod£) ein jroeiteö 2ßol)ngefd)of$ aufjufetjen. ©agegen t)erfümmert ba£ 2)adj, ba3 in ber ©bene £)äufig größer al3 ba3 unter ifym liegenbe ©todroetf ift, einem niebrigen $lacf)badf), ba3 roegen ber jerrenben ©eroalt be3 göf)n3 in feiner geringen §öf)e erhalten roirb. 3>a ba3 urbeutfcfje §aufen= borf im ©ebirge burc^ bie einengenbe 9?atur ber S^alfenfen feiten 6ntn>idlung3freil)eit fyat, fo finbet man e3 mefyr in ber ben 2llpen norbttmrtö vorgelagerten £od£)ebene, fyier aber oft mit fteilen ©äcljern auf ben Käufern. Xxitt, roa3 nid(jt feiten ift, ein 2lneinanberrüden ber §of fteilen fjinä^bannfjabenmir mieber eine ftabtäfjnlid£)e©tebelung roie roir fte fdjjon in Sftittelbeutfcfylanb gefunben fjatten, bie aber f)ier um fo ftärfer mirft, aU ba3 oberbeutfdje 2)orf in ber Siegel feinen 35orfteid(j befiijt unb ber grüne 2lnger, faH3 er überhaupt oorfyanben ift, afö etraaö grembeS in bie glur verlegt ift. SDte mittelrt)einifd^e Tiefebene. SBenn in ber äußeren @rf Meinung grojse Unterfdjiebe in ben SDorf anlagen ©übbeutfcf)lanb£ t)ort)anben ftnb, bie einzelne ©ebiete ^erauöfonbern unb fte mtttelbeutfcfyen ^Dörfern anfcfyliefcen, menn ftcf) ferner ber §au$bau faft au3fd)liepd() an ben fränfifdjen £t)pu3 anlehnt, ben man Ijeute t>orfidf)ttger als oberbeutfd£)en bejeidmet, bann ift bte§ jum 94 DberDeutfcfye Dörfer. größten in ber 9Jatur be3 33erglanbe3, jum minberen aber aud) in ber Sefiebelungggef dachte begrünbet. @3 ift, afö roollte fie felbft bie Neigung jjur 2lbfonberung, bie fo t)erf)ängnt3t)oH für unfere politifdje ©efd)idj)te geworben ift, baburdj) milbern, bafs ba3 anmutige mittelbeutfche ©orf, ba3 feine f)öd)fte malerifche @nt= faltung in ben tf)ürtngifd;en ©ebteten finbet, fid) mie eine nationale SSrüde burd) bie große unb t>erfei)reretd^e Stfjetnfenfe faft bi3 an' ben §uf$ ber Sllpen uorgefdfjoben J)at, mafjrenb feine nörblidjen 21 bm anbiungen fid; in ben ^olonialgebteten 9?orb= unb Dft= beutfd;lanb3 uerlieren. Unb nod; etneö fpielt f)ier mit hinein, ©ie Sänbermaffe tjon bem SßaSgenioalbe bis ju ber §o^ebene SöfjmenS ift burd) große 2öalb= unb Serggebtete in einzelne natürliche 2lbfd£)mtte geteilt, in benen 2lderbau, SBic^jud^t, 2Bein= unb ©emüfebau beftimmte engere ^ntereffengebiete fd)affen. «£)ier brängen fidlj bie Drtfcfjaften ftellenmeis eng jufammen, I)ier ent= falten fid; aber auch bie nielen Meinen, reidjSunmittelbaren §err= fdjaften, bie erft im Anfange be3 19. $ahtf)unbert3 aufgehoben mürben, unb bie gu ben mirtfdjaftlidjen ^ntereffenJreifen foldje politifcljer 2lrt fügten. Nur bie 9Jftttelrf)einebene erfd^eint afe eine ©in^eit, obwohl an fie t)ier große (Staaten grenzen unb fie burd) ben SR^einftrom felbft eine natürliche ©Reibung in $mei Hälften erfährt. @3 ift bejeidjnenb für bie gfrudfjtbarfeit ber SR;E)etneberter baß bie ^Dörfer faft burd)gehenb3 mofjlhabenb finb, von bebeutenber ©röße erf feinen unb auch in ihren älteren §öfen 3eugniffe früherer SBehäbigfeit aufraetfen, obraohl ber bäuerliche SSefiij vielfach jerfplittert ift, unb bie Nachmittagen grunbf)err= lidher Beengung noch in ba3 19. gahrljunbert hineinreiten. ©ie ©iebler, welche h^ große §aufenbörfer anlegten, traten bie ©rbfdjaft ber römifdEjen Kultur an mit einem feften SBeftanb t)on 3SorfteUungen, bie burdE) ba$ 33orf)anbenfein von älteren ©iebelungöformen nid^t beeinflußt mürben. §ier auf biefer breiten 23öiferftraße ift ba3 £>aufenborf fd)on als fertig auSgebilbeteS ©iebelungSftjftem eingeführt morben unb mit ihm bie $lur; einteilung in ©emanne, bie noch heu*e ba% Sanb mie ein bunter S£eppid£) überbedt. ©ie ©runbherrfchaft, meldje fd£)on recht früh einfefct, §at jebenfalfä ben ©hctralter ber ©örfer nicht t>er= änbert; eS fei benn, man molle bie üielen befeftigten Dörfer, bie man gerabe in bem £)effifd^en £eil ber SR^einebene finbet unb bie mit SöaU, ©raben unb %ox fogar vox ben reid)3unmittelbaren Dörfern ©übbeutfd()lanb£ etraaS twrauS haben, mit ber©runbf)errfchaft fölfafj = £otf)ringen. 95 jufammenbringen. Soweit bie SDörfer jur Sbene gehören, galten fie an bem fränfifcfyen ©e£)öft feft, ba3 wir in Reffen unb Düringen fanben, an bem ©efyöft, ba3 burd) ba3 große, mit bem ©iebel ber ©traße gugefeljrte 2Bof)nf)au3, bem gegenüberliegenben ©talle, ber ©djeune im £intergrunbe unb bem großen Torbogen fo einlabenb erfdjeint. S)ann aber wirb ber malertfdje ©nbrud nod) gehoben burc^ bie Unterkellerung unb bie baburd) notwenbig geworbene treppe, burcf) bie offenen Unterfaßten unb bte tnef)r= facf) ben ©iebel wageredjt burdjfdjneibenben ©d)ut$bäd)er. ©erabe biefe festeren, meldte fid) wie ein einljeitlidjeS fünftleri[d)e£ Jftotit) in ber ganzen SRfyeinebene finben, belegen ben 3ufammenf)ang be3 ganzen ©ebieteS, ber ftärfer burd£) bie 5Ratur be3 2anbe3 ju= fammen gehalten afö burdf) bie polittfdje <35efdf)id£>te getrennt mürbe. @tfaß=2otf)ringen. 2)er Slfyein mar lange Qeit eine polittfcfje ©renje, aber er f)at in oolflidjer S3e$teljung nur wenig al3 ©djetbe gemalt. $üben wie brüben btefelben ^Dörfer, biefelben Käufer, biefelben gluren; l)ier wie bort breite ©eftrüppufer, bie ben gluß begleiten, unb biefelbe 23ermifd)ung tum ©traßen= unb §aufenborf. 9JJe£)r nur als bie babtfd^e «Seite ift @lfaß=2otf)ringen mit SBeilern burdjfetjt, bie, wenn fie fid) nod£) mcfjt ju ©örfem entwickelt fyaben, untrennbare ,3üge einer fremben §erfunft geigen. @3 finb oermutlidj ©iebelung3nadf)flänge ber Stömer, wenn nidjt gar einer nod) oorrömifdjen 23eoölferung; fie finb barum weniger in ber Sbene alz auf ben 2lbl)ängen be3 2ßa3gen= walbeö ju finben, weit ber fruchtbare Soben jwifcfjen bem ©ebirge unb bem 9iE)ein twn ben Sllemanen mit bem 9ied)te be3 ©robererS in 33eft£ genommen unb mit ©ewannbörfern befet$t würbe. 93e= twrjugt finb babei flache ©rfjebungen, bie fid) an ben 3Sorbergen beö 2Sa3genroaIbe£ afö (Schwellen genügenb finben. 33ei großen, befyerrfcfyenben ©traßenjügen nimmt ein elfäffifd)e3 ©orf leidet bie formen be3 ©traßenborfeS an, in ^eiligfreuj bei Colmar j. 93. mit jwei rechtwinklig ftd) freujenben £aupt= ftraßen unb regelmäßig oieredigem $la£e. ©3 gef)t babei von ber überlieferten $orm beö 2)orfe3 mandjeä verloren. S)ie aneinanbergerüdten §öfc mit tfyren offenen Torbogen laffen jwar bie fünftlerifdje SBirfung beä fränfifcfjen 3öirtfd)aft3f)ofe3 ooU auSflingen, aber burcf) Verlegung beö freunb liefen SSorgartenö, ber bafür in oergrößerter ©eftalt ftd) hinten bem £ofe anfdjließt, gewinnt ba3 äußere SDorfbilb, nid£)t aber bie innere ©rfcfyeinung. (2lbb. 40.) ga, e3 wirb fogar bei ben nidjt feltenen gälten einer ®orf= 96 £)6erbeutjtf)e Dörfer. %hh. 40. BmtjBttljBtm hn 1|a0£ttau. (9fcadj ^otoflrajrijie.) befeftigung roie fie 3. 33. in unoerfennbarer ©eftalt Rettenberg bei $aifer£berg noch ^eute aufzeigt, ber £)orfcf)arafter faft oollenbg getilgt, ©rofte ^Dörfer fchmücfen gum Seil ba3 „herrliche ©Ifa^', wie e3 ©o*etf)e bejeid^net hat; aber in feiner inneren ©efcfyidE)te treten biefe jurücf oor ben ©täbten, föniglidf)en $Pfaljen unb ©Uphöfen. 3hre lö^fte Steigerung erhielt biefe ©ntwicflung in ber £)oE)enftaufifd^en Reit, aber mit ber 5tücfwtrfung, ba£ in ben Dörfern eine boppelte Söanblung oor ftch gegangen ift: ent- weber fie würben $u freien, nur von bem 3ieid)e abhängigen Dörfern ober fie gerieten — ba3 war ber übliche 2lu3gang — in 3lbhängig!ett oon Älöftem unb ©runbf)erren. 2)er grofte 9Ser= luft, welken ba3 Sanb in bem befannten 2lufruljrjaf)r 1525 burcf) " baS oerräterifche ^inmorben von 20000 Sauern erlitt, trug weiterhin baju bei, bie bürgerliche Kultur ben Vorrang gewinnen ju laffen, ben fchon bie äußere ©eftaltung fo mancher Sauern- häuf er aufgeigt. S)ie freien Sauemf duften finb jum größten Seil jertrümmert, bie SJtarfen untergegangen; aber bie von ben ©täbten auSgehenbe ©rneuerung be3 bäuerlichen 2öirtfcf)aft3leben3 fyat e3 im 19. Qaf)rhunbert von vornherein an bie ©table angefchloffen. 9Kehr als in anberen Sänbern trifft man im @lfaf$ Dörfer, bie bem @influffe beftimmter ©täbte — oft finb biefe felber nicht oiel mehr als 3)örfer — unterworfen finb. Vielleicht ha* bie räumliche ©röfce mancher ©örfer baju beigetragen, biefe Annäherung Reffen *$)armftabt. 97 ju t)ott6rtngen; t>on bem SDorfe ^erinftetn tt)iffen mir ja fdfjon aus Jarolingifd^er 3eit, baß eS aus nicf)t weniger als 60 $öfen beftanb! 9ßat)rfcfyeinUcf) ift aber, bajs bie fruchtbare 9latur beS SanbeS bie ^Dörfer ju großen Stnlagen äufammengebrängt Ijatte, bie barum in weiteren 2Ibftänben ooneinanber entfernt finb als fonft in Dber= beutfcfjlanb. Umgefefjrt fteJ)t bamit im (Sinflange, baß unmittelbar am Sterne, in bem von (Steden unb Platanen gebilbeten 33ufcf)malbe, bie ©örfer mdEjt fo groß finb mie in ber f)öf)er gelegenen ©egenb. £)er fränfifd^e §of tyat — wie mir gefefjen tyafcen, bie SBrücfe gebtlbet, bie von bem nieberbeutfd)en 33oben ju bem ©dijweijerfjaufe reicfjt; er fjat babei ebenfo wie baS §aufenborf bie ©bene ntdjt t>erlaffen. ©$on in Sotfyrmgen, baS fidf) feiner gangen Statut nacf) mef)r bem §interlanb ber 3KofeI unb 9flaaS anfd^Itejst, als bem 3tf)eintanbe, geigt ftdj ber abmeid^enbe gallifdje ©nfluß in ben fteinernen, Söanb an Sßanb mit ber Sangfeite ber Strafe gugef ehrten Käufern, unb vor allem in ber 33ernadj= läffigung beS 93aumfd(jmucfS, ber eine unferen ©örfern geroiffer= maßen notmenbtge ©rgänjung ift. 33ietleidf)t ebenfalls ein fettiger STtad^Ia^ ift eS, baß ficf) Ijier eine abgeblaßte 9lrt twn §auSge= meinfdjjaft bis in baS @nbe beS 18. $af)rf)unbertS erhalten f)at. 3wei fd£)öne SCatfad^en beleud£)ten ben UnterfdE)ieb gwifcfyen bem SDorfe im (Slfaß unb in Sotljringen. ©rftereS ift bie Heimat jener frönen ©age vom 3üefenfpielgeug, bie burdf) SfyamiffoS ©ebicfyt jum finnbilb liefen 3luSbru(f beS SöerteS eines gefunben SSauemftanbeS geworben ift; aus Sotljringen aber wirb jene übermütige S£at berichtet, bei ber bte ^Bauern nadf)tS ben ©cfytoßteicf) mit 9tuten fdjlagen mußten, bamit bie $röfd£)e nicf)t bie SJtulje ber Herren ftörten. ©ort eine Slpotfjeofe ber 93auernarbeit, ^ier eine Äußerung ber Setbeigenfcfjaft, bie feibft ber Dften nidjjt fennt unb bie eine oötltge SSerad^tung ber bäuerlichen Arbeit befunbet. §effen=£)armftabt. %n ber rf)einifcf)en (Sbene beS ©roß= IjergogtumS Reffen haben mir bie als befeftigte ©iebelungen d£)arafterifierten ©örfer bereits fennen gelernt, ©ie unterf (Reiben fich wenig von benen ber gangen Slfjeinebene; eS fei benn, baß bie 3Sorberge beS DbenmalbeS bereits für bie ©traßenbörfer bie Sinien beftimmen. ^Dagegen tritt in ben nörbücfyen 33or= bergen beS DbenmalbeS an bie ©teile breit gelagerter ^Dörfer ein ,3ufammenrüermutlidE) aus ber t)orgermanifd)en $ext ftammen. inmitten ber jugefyörigen glur= marfung liegt ba3 oft au3 brei klügeln juf ammengebaute ©efyöft mit feinen — im ©egenfa^ ju ben mobernen Dbenmalbljciufern — ebenen Räumen. §ier f)aben fie aud£) eine perfönlidje 9lote burd^ bie Übernahme be3 33efit$ernamen3 in bie Drtäbejeicfjnung be= Reffen = Stormftabt. S3abett. 99 galten, wie 3. 33. bei bem Söeiler „grau ^auberS''' (9Jiümmling3= tal), ber fogar in bie fartograpf)ifd£)en 2lufna£)men gebrungen ift. 33 a ben. ©er alte Äulturbobcn 33aben3 ift burcf) bie ale= mannifdfje 33efiebelung berart umgeftaltet, baf$ von ben urfprüng= lidjen Drt^anlagen xefyt wenig, unb biefeä wenige jumeift nod) in ben ©täbten, fid) erhalten f)at. ©ine Söurjel, bie wie bei bem bem Rödental vorgelagerten 3ar*en auf ^ rßmifdfje STarobunum jurüdgeljt, t)aben bie wenigften Dörfer. ®ie fruchtbaren ©elänbe ber Stljeinebene finb f)ier wie jenfeitö be§ feines mit beutf djen £aufenbörfern, unb vermutli^ unter ben Stnflüffen ber ©runbljerrfdjaft, bie bereite im Mittelalter eintreten, aud; mit ©trafsenbörfem befet$t worben. ©er £Sefi£ ift t)ielfad) in Keine Slnwefen gerfplittert; nur bie Sefyngüter, welche ja tf)rer 9tatur nad) nid)t geteilt werben fonnten unb in ber gorm t)on galleljen, b. f). folgen, bie nadj bem £obe wieber an bie ^errfdjaft prüdftelen, unb ©rblefyen, biefe befonberS in bem ©ebiete von ©t. ?ßeter im ©dj^war^walbe, machen eine 3lu3= naljme. §eute finb allerbingä bie Unterfdjiebe tnelfacf) au3ge= gltdjen; bie natürliche grud£)tbarfeit unb ber fteigenbe Söoljlftanb be$ gangen ©roj^ergogtum^ haben bieg guwege gebracht. §m nörblid)en 33aben l)at bie 2lnlage be3 §aufenborfe3 ftd£) giemlich frei gu einem ©traf^enborfe entwidelt. @ä ^aben ba ©inwirfungen ftattgefunben, bie ba3 Schwergewicht von bem älderbau auf ben SSerfe^r legten. §au3 unb £>of finb mit ben oben erwähnten elfäffifchen gleichartig; bie ©orfftraf^e er= mangelt auch l)ier £)äufig be3 freunblid^en SSorgartenä. (2lbb. 42.) ©a$ änbert fidjj nadE) bem ©üben ju. ©d^on im walbreidjen Äaiferftuljlgebirge unb feiner näheren Umgebung brctngen fich gwtfdjen ben ^offteHen bie 33aumgärten an bie ©tra^e heran; auch rinnen f leine 33äd)e burdf) bie ©traf$e, bie näher am ©d£)war$= walb jene offenen, bem alemannifdEjen ©ebiet fo eigentümlichen Saufbrunnen treiben. 2lucf) ber 33aumfdf)mud wirb üppiger, ber ba£ ©orf burcl) gewaltige 9Jupäume überfcf)attet. ©er ©runb= plan wirb oft ftrajsenmäjsig angelegt, weniger nadf) bem ©d£)ema biefeS ©iebelung$plane£ als mit 9Wtdficht auf einen twrf)anbenen 33ad£). 2Bäf)renb e3 ©örfer gibt, bie nollftanbig ftraf$en= ober freugförmtg finb (Raufen bei £>eiteräheim), finb anbete mit ihrer ©orfftrafse allen Söinbungen be3 33ad£)e3 gefolgt (©fcfjbach bei §eiteröl)eim). ©ie ftrengfatholifchc SSeoölferung Ijat bem Drt3= bilbe ferner in 33et= unb ©ebenfiäulen einen ©d^mud gegeben, 100 £)berbeutjtf)e Dörfer. 42. MUvzmzxzx hzi Büljl. (Vlaü) ^otograpfjie.) ber im Sßeretn mit ben ermähnten SSorjügen ber Sagerung unb ben burd) eine SDtauer nad£) ber ©traf$e gefd£)Ioff enen großen £>öfen biefe ^Dörfer ju ben freunblid£)ften be$ babifcfjen SanbcS madjjen. (216b. 43.) ©er ©dOmargmalb felbft ift erft mfyältni3mäf$ig fpät be= fiebelt morben unb jmar mit grunbfyerrlicfjen ©örfern. Dbmofyl bie §oft)erfaffung burdjauä nerfcfyiebenartig ift, fo laffen fid^ leidet territoriale ßufatronenljänge feftftellen — namentlid) ba, wo bie SBefiebelung t)on einzelnen ^löftern auggegangen ift. 3Me ©d^marj= malbtäler legen eine ftra^enförmige 2tnlage an unb für fiel) nafye, bie allerbingS me^r einer .ßufammenljäufung von 6in-$elfiebelungen ähnelt al3 einer beraubten Planung. 2)ie festeren finb bie eigentlichen ©iebelung3tt)pen ber §ö^en — urmüdE)fig mie ber SSalb, ber fie umgibt, behäbig unb mürbeooK mie ber 9Jtenfd(jen= fcfylag, ber fie beroofynt. Dbmoljl bie $ronben aud) im ©<$n)arg= malbe nicljt weniger brücfenb maren al3 anber^mo, fo finb f)ier noanbel unb bie ted^nifd; t)od)ftef)enbe 2ldferroirtfd^aft if)re oermittelnben Soten über weite ©ebiete fenben. Sie territoriale 3erriffenf)eit be3 Sanbeg, ba3 einft eine ganje Steide von felbftänbigen ©ebieten einfdf)loj3, mar inbeffen ber äußeren Ontrotcflung ber ©örfer nicfjt ungünftig. ©ie fronen waren, j. 93. im Serl)ältni3 ju ben Seiftungen in anberen füb= beutfdjen ©taaten, nxä)t nur befd£)eiben, fonbem auch t)ielfadf) ge= fet^Iid; geregelt. ©djon im 16. ^a^rf)unbert mürben bie £)ienft= leiftungen in ©elbabgaben umgemanbelt unb SBege gefugt, auf benen ber Sauer überhaupt frcifommen fonnte. 23cm Sor= mh. 44. 3fau*s. ©utadjsr f al. (2lu§ 3* nncf , beutfcf)e§ SSauernfjcmä.) teil mar e$ auch, baf$ bie ©ut3{)öfe ber ©runb{)erren fet)r $er= ftreut unb mitten im Sauemlanbe lagen, ma3 minbeftenS ba£ 33erf)ättni3 beiber ©tänbe jueinanber erleichterte. 2lud) in anberer 3trt fam bie t>erljältni3mäf$ige (Sntmidtungöfrei^eit be3 Sauern $um Sorfcf)ein, fo in bem nur t)erein§elt nachweisbaren SMenffc jmang ber ^inber, bie eine 9teihe von fahren auf bem ©ut3= f)of arbeiten mußten, eine für Sapern unb Dftbeutfcfylanb gerabe= ju fefte @inrid£)tung. Sftan fann nach allem biefem wof)l fagen, bajs ber bäuerliche Seftijer — fomeit er nid£)t überhaupt ein Freibauer mar — von feinen fübbeutfdEjen ©enoffen am beften in SBürttemberg geftettt mar. ©o ift e3 benn auch fein Söunber, ba£ e3 ^ier nicht meniger als 6 9teicf)3börfer gab, bie jmar er= fennbare Sorteile nid^t befaften, aber bodfj burch ifjre Serfaffung SBütttemberg. 103 allem eine geroiffe äufeere 2lnerfennung bäuerltd^er ©emeinben be= funbeten, ©ine SJtücfnnrfung baoon ift jebenfalls bie bemerfen3= roerte Xatfadfje, baf$ e£ felbft auf ben Dörfern 9tatljctufer gibt, in benen einft tute fyeute bie ©emeinbemitglieber tagten unb be= ratfdjlagten, raäfyrenb in anberen ©ebieten bie ©orflinbe, ba3 §au3 be3 2lmtmanne3 ober aud) ber $irdE)ljof biefem ,3mecfe bienten. £ro£ atlebem aber finben nur in SBürttemberg auffallenb oiele fleine Sauern, bie ben Dörfern ba3 ©epräge geben, ©ie finb burcf) bie lange $eit ^errfd^enbe ©eroofjnfyeit entftanben, Mhb. 45. Miriam hzi ©aifjingEit (Baöun). (ftadj ^Ijotograptjte.) ba3 Bauerngut ju teilen, nm3 gu einer fo Rödigen ^erfplitte- rung be3 ©runbbefi^eä führte, baf$ e3 im alten ^er^ogtum Söürttemberg älnfang be3 19. ga^unbcrtä nur nocf) rereingelte ungeteilte §öfc gab. Sfamentlicf) ber ©d&roarjroalbs unb 5ftecfar= freiä fjaben mele fleine Sölbner ober <£>äu3ler — im ^ränfifd^en Söbler genannt — , bie nur ein £>au3, tnelleidfjt and) einige einft im glurjmang beftnblidfje ©runbftücfe befi^en unb bie unterfte, faft Arbeiter $u nennenbe, ©d)td)t ber dauern bilben. Wart erfennt in ben §aufenbörfern ber nörblid^en ©e= biete bie ^Eenbenj jufammenjurüdfen, für bie jroar nocf) feine gormel gefunben ift, bie aber fef)r roafyrfdfjeinlidfj mit ber grud£)t= barfeit be3 ©elcmbe3, anbrerfeitS mit bem Seftreben, bie §luj$- täler al3 SiebelungSbaftS ju benutzen, jufammenf)ängt. (2lbb. 45.) 104 Dberbeutfdfje Dörfer. $n ben roalbigeren Seilen be£ SanbeS — nacfy bem ©dj)roar$= malb — löft fid^ ber 3ufa™wenl)ang mieber gugunften rx>eit ronetnanber abrüdenber §öfe, bie fteüenroeiS in baS ©d;ttmr5= roälber @inäelf)offr)ftem übergeben. Dften aber, wo im ©e= biete ber einft freien SieidEjsftabt Sßangen unb auf ber Seutfirdjer £>eibe ftetS freie Sauern gefeffen fyaben, fyaben nur grofee, jum Seit üereinjelte §öfe, mäljrenb Söeiler im Horben jmifdjen 9JJatn unb Sauber, am mittleren $ocf)er unb $a£t unb im ©üben bis nadj Ulm verbreitet finb. (3166. 46.) Samern. SDie «£>od(jebene SkpernS ift nur im SRorbroeften von bemerfenSroerten ©infenfungen unterbrochen, IJm ©üben %hh. 46. ^arflJraJt* in Woltyhviü}. (KuZlftanä, beutf^eä S5auernf)au3.) leiten bie SWgäuer, Saprifd^en unb ©al-jburger SCIpen bereits ju ben ^odfjalpen über, bie ftd) norbmärtS 9Jlünd£)enS bis an ben $nn, bie $far, bie Slmper unb ben meftlidE) ber Sedjmünbung liegenben Seil ber oberen Sonau erftreden. Sie fcfynmbifd£)= baprifdje §od£)ebene unb baS fd)mäbifd)=fränfif(^e Serraffenlanb, roeldje fübüd) vom gränfifcfyen $ura, oftnmrtS oom 23ar)rifd(jen Söalb unb nad) Horben burd) Mittelgebirge, ©teigermalb unb anbere fleinere ©rfyebungen begrenzt, bejro. burdfjjogen werben, bilben ben ^auptteil. 35a3 Stderfanb ift im ©üben bürftig, nad£) 9iorben nimmt eS aftmäf)(id[j ju unb erretd^t im 9?orbraeften feine größte 2lu3bef)nung, mo eS von bem Stromgebiet beS SJtaineS 6efpült mirb. £>urd) biefe 33erfd£)iebenf)eit beS (MänbeS, ju ber fid^ nodf) ein reifer 2Bed)fel jmifd^en 9Jioor, SBalb unb Sßiefen gefeilt, S3at)ern. 105 ift aucfy eine nad) ben Sanbfd&aften anberä geartete SDorfanlage bebingt, bie oft an Reffen (316b. 47) ober Düringen erinnert. Sägern ift burcfy alle SBanblungen ber ©efd)id;te fyinburdj Sauernlanb geblieben, ba3 tyetfjt ein Sanb, in welchem bie ©runbtjerrfdjaft ben eigentlichen Sauernftanb nie l)at ganj unter= brücfen fönnen, obwohl bie (Stellung be3 einjelnen Sauern ju ben @runbf)erren,benfogenann= ten§ofmard£)3ljerren,feine3= weg£ eine beffere war afä in Dftelbien. ©egenteil! ©3 fdjien, als follte burcl) bieDttonif^e^anbfefte von 1311, in welcher ben welt= liefen unb geiftlidjen Herren bie niebere ©ertcfjtöbarfett abgetreten würbe, ber bie „©iegelmäfctgfeit" folgte, b. f). baS Sted&t, bie Seft^er ~ Urf unben oöUig felbftänbig anfertigen ju fönnen, bie (Sntwtdlung in berfelben SBeife t)orge= jeicljnet werben wie im 9iorboften £>eutfd)lanb3. SDie ©rünbe, wetdEje bie £>ofmard)3l)erren oeranlafc ten, von bem ifjnen bi3 in bag 19. S^r^unbert hinein freifteljenben SRedjjte be3 Sauernlegenö feinen ©ebraud) ju machen, finb nodf) nid&t gan^ Mar geftellt; jebenfalfä aber war e3 für bie Sauern ein Vorteil, ba£ bie ©utslänbereien flein, ba£ Sauern = lanb bagegen fefyr ausgebest war, baf$ alfo bie Bearbeitung ber erfteren t>erE)äItnt^mä^ig fdjnell ju erlebigen war. SDamit ftefyt im ßufammenljange, baf$ bie £eibeigenfd)aft fid) nur über einen fleinen Seil beS SanbeS erftrecfte. Qn ben £o$mooren Dberbeutfd)Ianb3 unb be3 benachbarten Dberöfterreid) finben wir wieber ben ©injel^of, ben „ßinöbbof" ober „2Iinet". 2ßo fidE) bie Serge jufammenfdjliejsen, glüffe unb Sädjje bie §alben burd)furd£)en, wo bie Sieljwtrtfdfjaft vox bem 2lcferbau überwiegt, ba ift bie ©iebelung nocl) auSeinanbergejogen, (ftacf) ^otogra^te.) 106 OBerbeut^e Dörfer, meil fie ftdj fo für bie 23iel)mirtfchaft beffer eignet; Ijier bleibt ber SBirtfdjaftShof in ber Siegel eine @inf)eit, bie alle länblicfjen unb gewerblichen Vorgänge in ftd) abfpielen läftt. 3)er felbftjufriebene (Spott ber Dberpfäljer: „2Benn bie dauern ju gelbe ftnb, ift fein Sürger baheitn", baSfelbe Söort, baS mir bereits im Stfyeingau fennen gelernt ty&px, f)at ^ier feine ^Berechtigung. DfttoärtS unb meftmärtS ber ©chmaben — baljin, wo bie Samern einft beutfcfje Kultur trugen unb fidf) tüte ein Äeil in bie 9Jtaffe ber meftmärtS unb norbmärtS tiorbringenben ©lauen ein= fdfjoben, ba fyat fidj biefer ©nöbljof in ber -Brenge ber beutfd&en Raufen- unb ©traf^enbörfer erhalten, ber nicfjt tote jene mit anbeten §öfen in $elbgemeinfdfjaft üerbunben ift, fonbern unab= gängig von anberen 2Birtfcf)aftSeinheiten innerhalb ber ^gehörigen $lur liegt. „®an$ mie bei ben ©rofjbauern an ber Sfar ift ber ©utö^of int SSierecf errietet unb beftefyt aus t)ier klügeln. 2)urd; eine f leine STür betritt man baS SßohnhauS, burch einen großen Sormeg fahren im entgegengefetjten glügel bie belabenen SBagen in ben §of. Stallungen, Sßagenf puppen, ^ornböben, §eufcf)euent verteilen ftch über bie anberen glügel. S)er groeiftödEtge Sau madf)t ben ©inbrucf altgegrünbeter S53oE)l^aben^ett. 2)aS §auS ift au^en mie über ben Xüren im S^nern mit frommen ©prüfen üerfehen; auch baS §auS= gerät bis tyxab auf bie Seiler feiert mir mit Sibelfprüdjen" (21. $trd()= hoff). @S läftt ficf) annnehmen, ba£ biefer Sinöbhof — mögen ihm nun altgermanifche Urjuftänbe ober Übertebfel ber 33orbemohner ju= grunbe liegen — von ber 9?atur biefer Hochebenen bis ju einem ge= miffen ©rabe tmrgefdjrieben mürbe. älnbrerfeitS ift er aber aucf) über ein größeres ©ebiet Derbreitet, baS baneben nodlj t)on ©örfem mit gelbfluren befetst ift: ein 33emeiS, ba£ bie fiebelnben Samern nidf)t un- bebingt auf ihn angemiefen maren, fonbern ihn aus beftimmten ©rünben mahlten. Sa er, mie bereits gefagt, tJorjugSmeife auf bürftigen §öt)en üorfommt, fo beutet bieS vielleicht auf eine fpätere ©iebelungSjeit, in ber bie befferen gluren bereits t)on ©emannbörfem befettf maren, mie eS in ähnlicher Söeife ja auch im oberen Dbenmalb ber galt mar. S)aS fübliche 93apern geigt unS nochmals im fleinen — mie auf einem SluSjuge — bie ^auptformen ber ©iebelungen: oben im rauhen ^odjtanbe finbet ftdj ber ©injelhof, bem ftch in ber Sllpenhütte eine jüngere Sodjjter gugefeCft hat, baneben feiten ein mirflicheS 2)orf unb faft gar feine ©tabt. Siefer naä) ber ©onau fyn unb ihren füblid^en Sfabenflüffen ha&en wir bagegen gro£e ©iebelungen: S)örfer, Sßeiler unb ©inöben. (2lbb. 48.) 93at)ertt. 107 £)ct3 ©ebirgSlanb ift ber ©ntraicflung großer ©iebelungen überhaupt nid&t günftig; foroie aber bie ©cfyroffen unb einengen^ ben ©teilmänbe jurüdtoetd&en unb breite £äler entfielen laffen, bann entmicfeln ftdfj leidet, rote an ben jur £)onau abfließenben 2lmper, ©ton unb $aar Dörfer unb gießen, unb mit tftnen tritt bie 2öetberoirtfd)aft ber Serge jurücf jugunften be3 gelbbaueS. gn Dberbapern Hegen bie malertfcljen unb flatfjgebecften 93IocE= Käufer inmitten ber SBiefen; f)ter in ben meilenroeiten ebenen fmb bie Käufer ber §aufen= unb ©traßenbörfer au3 Biegein er= ridjtet, auf benen ein fjoljeä ©trof)bad) errietet ift. 2ßenn ber Sauer im ©ebirge oft meilenweit unb auf befcfymerlidjen Söegen %bb. 48. 5rf;Urf>ui0 (#6*rtiatjsrn). (3lu3 SRancf , beutf^eS SSaueuitiau^ Ijerabfteigt bis baf)in, rao ba§ ©eläut einer einfamen Capelle bie ©laubigen sufammenruft, fo ftrömen bie Seltener in ber ^ieberung unmittelbar in ifyre großräumigen, mei£getüncf)ten Äircf)en, bie mit ben ziegelroten ober fcf)inbelgrauen ©ädjern unb barodfen ftxokUU türmen ftattlidjer im 2anbfd)aft3bilbe fteljen als jene einfamen Capellen. 2ln anberen ©teilen, mie auf bem rei^gefegneten ©ungaboben, ber bie SDonau jmifdjen 3tegen3burg unb SjSaff au begleitet, mecf)feln in bunter SBietyeit £ügel unb %al, §luf$ unb ebene, 2ßalb, Söeibe unb 2ldfer, unb fd)lie£lid) aud) Söeiler unb ©inöben. Sajmifdjen liegen Dörfer, bie faft ju ©täbten ge= raorben finb, unb ©täbte, bie ein bäuerlichem ©epräge l)aben. Unb jenfeitö roieber umlagern btefeS ©ebiet am fernen ^ori^ont bunfle, nur für 3Ste£)3ud)t unb Salbrairtfdjaft geeignete SBälber, meiere fid) unmerflid) in bie unwirtliche SBilbmS be3 33öl)mer= malbeö verlieren. 108 Dberbeutfdje Dörfer. nbb. 49. Mimmaxkl (ßforpfal*). (Wa<$ <ßf)otogra}jJ)te.) •JBenben roir uns aus biefen 2anbfd£)aften über bie Dber= pfalj mit ifyren altersgrauen, fdfjinbelgebecften ©tetnljäufem unb flacfygebecften 93Iotf6auten (2lbb. 49) na^ Dberfranfen, bann treffen roir Ijier lieber ben mittelbeutfcljen gad£)merfbau, ber auf fteinernem Untergefcfyoft ruJ)t, ober mir finben nodj) immer ben großen, von üier bis fünf Käufern umfdfjloff enen ©tnöbljof mit feinen ftnfterert, fenfterlofen Stufsenroänben, bis mir — an 9Jiebe= rungS= unb 93ergbörfern vorüber — bie dtjarafteriftifcljen ober= baprifdfjen Käufer mit ifyren Altanen, ©rfern unb 93retterr)erfd^a= lungen gcmjlid) hinter uns gelaffen f)aben. ©agegen nehmen jei$t — entfpredjjenb ben breiteren unb fladfjmulbigeren S£a(ge= länben — bie 2)orfer immer meljr an Sreite ju. 3n *>em gadljmerf, bem ©cfytnbelbacf), bem gelegentlichen 3Serf(eiben . ber ©iebel mit ©d£)iefer unb gemiffen genfterformen treten je£t leife 9ln|länge an baS ©rjgebirge auf, t>or affem aber merben bie §öfe mit if)ren funftüoUen £aubenftänbern größer unb freunblicfyer. 2Btr finb mieber im ©ebiete ber beweglichen granfen. (Slbb. 50.) sJ?ur ber ©teigermalb, beffen gro^e ©taatSforften feinen Siaum für bie ©ntmicflung von Sauernbörfern fyabm, unb in ber un= mtrtücfyen 9tf)ön fto^en mir mieber auf üereinjelte ©inöben, bie ficf) an ber Seite fteingetürmter, ärmlicher ©traf$enbörfer feftge^ fe£t fyaben. 2öie in TOeberbeutfcfjlanb unb ben Sllpen ift ber Eckern. 109 Mhh. 50. <$tyzx im T\fyUl&b\x$z (Jraiifcsn). (2lu§ ©ädjf. $erfef)r§fcucf) , SSerläg be§ 9Serein§ jur $ötberung 2)re§bett§ unb be§ grembenberfeljrS.) ©in§eIE)of immer ber ponier ber Kultur, bem bie fyftematifdjje 33eftebelung be3 3tobIanbe3 burd^ ©trajsenbörfer folgt! Söäfyrenb ftdf) in Dberfranlen ein 33eftreben getgtr größere ©iebelungen 31t üermeiben ober fie bann menigften£ bem tarnen na^ als glerfen cfyaralterifieren, mad£)fen in ben fränfifd£)en ©ebieten 33at)ern3 bie enggebauten Dörfer von felbft in eine ftabtäljnlidje ©eftaltung hinein, bie nicfjt feiten burcf) Ringmauern (2lbb. 51), £ore unb felbft 9tatf)äufer gehoben mirb. %u6) flat)ifd(je 9tunbbörfer finb Ijier, roo bie ©lauen ifyre meftltd£)fte 5lu3ftraf)lung fjinemfanbten, ntd)t feiten, mag t)ieHetcf)t bie auffallenb tnelen Keinen 33auern= fteKen mit ueranlajst Ijat. @3 ift ein bejeicfjnenber 3ufa^ bafy btö fübtid^fte unb fyofy gelegenfte SJorf 3)eutfd^Ianb§ ben tarnen „©inöbäbadE)" trägt. Sangfam bereitet fidjj im SBeften 33at)em3 über Rörblingen unb Slugöburg mieber eine Söanblung in ber ©rfcfjeinung unferer ©iebelungen t)or, bie ju bem fulturbringenben @inöbf)of jurüdf^ füljrt. 3m Unterlanbe begegnen mir nod§ fteinernen, fyodjgiebeligen 33auernf)äufern, im oberen ©ebiete finb mir fd^on ganj im S3e= reiche be3 2ltpenf)aufe3 mit feinem niebrigen £)adj, feinen 33lodE= mänben unb feinen ©iriäel£)öfen. 3Bo fie fid(j gufammenbrcmgen, ba laffen fie weite ßmifcljenräume frei, ba fd£)lmgt ftcf) mofyl aud£) 110 3)ic Kultur be3 2)orfe3. eine£ürbenfdf)ranfe müten f)inburd(). Sag §au3 bleibt niebrig;umfol)öl)er redt fidf) ber fpitje Kirchturm empor. B&fc. 51. Befolgte miuf)* ?u Eterflreit oberen 3111= gäu ftnb bie @inöb= l)öfe in if)rer über- miegenben 9ttef)r= §at)I erft vom le£= ten ©rittet beö 18. 3a^r^unbcrtS entftanben. Sie ©d)roierigfeit, au3= fömmlicf) tturt= fcfyaften, fjat f)ier raie im oberen ©djroarjtüalbe baju geführt, bie Zersplitterung burd^ ^ufammenlegung ber ©runbftüde ju t)er= Ijüten unb ben 33au be3 §ofe3 inmitten be3 ©elänbeblods vox- 3unef)men. 2Benn bieö aud) in fielen fallen t)on ber ©runb= fjerrfdjaft eingeleitet mürbe, fo f)aben bod£) bie freieignen §öfe, meldte fiel) im ©egenfa| §u ben abhängigen §erren=, Äird£)en= unb $lofterlef)en bie ftolje ^Bezeichnung „©onnenleljen" beilegten, ba§ gute SSorbilb baju gegeben. 3lHerbing§ feiste bie SSereinöbung fcf)on um 1550 ein, naljm aber erft im 17. unb 18. ^aljrljunbert einen folgen Stuffdfjroung, baf$ ein einziger $elbmeffer non 1686 bi3 1702 allein im 93egirJe Kempten 32 fleinereDrte Dereinöben fonnte. 2Ite eine politifdje ©rfdjemung ift ba3 ©orf in unferen ©eftd^reiS getreten, von ber aus fiel) bie serfdjiebenen 2lbmanb= lungen ftammegartlid^er unb geograpfyifcfyer 2lrt l)erau3gebilbet Ratten. @ine fdjöne 3Belt ift e§, bie mir rüdfdjauenb noef) ein= mal vox unserem 3luge t)orüberjiel)en laffen, bie aber mit allen Sßanblungen unferer Kultur ntct)t gleichen Stritt gehalten f)at, fonbem im 33ergleid) jur ©tabt oft erf)ebltd) jurüdgeblieben ift. 2)a3 ift nid)t gufatlig. §at bie ©tabt vox bem 3)orf ba£ Söert be3 §ofes. 111 Bewegliche ooraug, ba§ fie Befähigt, oiele Steuerungen leidet aufju= nehmen, fo [tiefen bxefe auf bem 2)orfc auf ben SBiberftanb jä^er Überlieferungen, bie nur langfam ju überroinben waren unb auch ba3 Steue einheitlich umformten, ©o bilbete fid£) ein ©egenfalj herauf melier namentlich feit bem @nbe be3 18. $aljrf)unbert§ bie ©tabt von ber großen allgemeinen (Sntraicflung abbrängte, mä^renb ba3 Dorf tro£ aller Beeinfluffungen einer neuen Reit fidf) mefentlidfj treu bleiben muffte, meil feine roirtf d^af tlid^c ©runb= läge faft unoeränbert blieb, Die ©tabt Oertaufer Ausgang für alle politifch=recf)tlichen formen, meldte ben einzelnen ber großen 9Jtaffe gleich intereffterter ©e= noffen einglieberte, meldte mit anberen SBorten ben ©tanb ber Bauern umgrenzte. Bon biefen beiben fünften laufen bie @ntmianb vereinigt waren, oermel)rte bieg nur ben wirtfcf)aft= liefen £5efi£, nicht ben politifdjjen. 2lnbererfeitg geht auch ber mit bem §of t)erbunbene SSorteil leidet verloren, wenn ber 33eredfj= tigte fid£) gegen bie öffentliche Drbnung verging. %n §o£lar (9tf)einlanb) würbe ein fold^er Übeltäter, ber ein fdEjwereg Sßer= brechen begangen Ijatte, von ben Nachbarn auggefd)loffen, big er bie %at gefügt unb wieber „gelebt erlangt'' Ijatte. ©iefeg feffe gefd£)loffene 33erl)ältnig gwifdjen bem §of unb ber £)orffd(jaft war oerlocfenb genug, um ben 93efi| eineg §ofeg ju erftreben. Söar bieg bodfj in ben Reiten ber Äolonifation ber «gauptgrunb für ^unberttaufenbe ber heften unfereg SSolfeg, nach bem Dften ju gießen! Slnbererfeitg ift bie gorberung, bafc ber faftifdjje 33efx£ noä) nicht jur Teilnahme an ben Stedten juläjst, fonbern von ber 3af)lung einer beftimmten ©umme an bie ©orfgemembe abfängt, bie natürlich audj verweigert werben lonnte, nur ein 3lugbrucf beg mit ber 3eit ftärfer werbenben SSerlangeng, biefe Seredfjti^ gungen Unberufenen nach 9Jlöglid)feit ju oerfchltef*en. Namentlich im 17. $al)tf)unbert, alg Saufenbe von oerroilberten ©jiftenjen burdfj ©eutfdjlanb jogen, unb bie Sauern f)äufig gezwungen waren, folcfye notgebrungen alg ©nmoljner unb §elfer aufzunehmen, macht fich bag Seftreben geltenb, fie von ben 3tedfjten ber alteren ©emetnbemitglieber fem px halten, felbft bann, wenn ber frühere Inhaber beg «§>ofeg i|n an einen anberen abtritt. (Schon 1600 lefen wir in einer fübbeutfehen SDorforbmtng, baf$, „wenn einer bep ^mn ferjn hug m he9m üetfouffe, bag er bamit fpn SDorfrec^t fcerwürft h<*be". Sßir feiert alfo auf ber einen Seite ein ftarreg gehalten aller fechte für ben £>ofmhaber, auf ber anberen aber auch *>ag Seftreben, fie ben großen ungeteilten £>öfen Dorjubehalten. ©afjer bie in weiten ©ebieten SBcffc unb ©übbeutfcf)lanbg oerbreitete ©Ute beg 9Jiinoratg ober 9Jtajoratg, welche bag ©ut ungeteilt bem jüngften ober älteften ©ohn über= 2l6tt>ehr frember (Elemente. 113 geben läßt, mährenb bie anbeten ^inber abgefunben merben ober afä ©efinbe auf bem £>ofe bleiben, gretlicf) fonnte bie (Spaltung großer Bauerngüter baburd) nid£)t überall geroä^rleiftet merben; faft ba3 ganje 2lu3breitung3gebiet fränfifd^er ©tämme ift burch Äletn= hauexn befe|t; aber ba3 Sieftreben xft aud) £)ier erfennbar, bie Siebte nad) ber ©röße be3 33efit$tum3 abjuftufen. §au3genoffen unb anbere fleine 2eute merben gebulbet, ihnen auch ein „fd)mein= lein'7 ju galten geftattet, aber feine 2lnred£)te auf bie Sltlmenbe jugeftanben. 3n SBcfifalen, mo ftdj innerhalb ber SSauerfdjaften verriebene 33efi^erfrf)td^ten f)erau^gebilbet galten, bie fidj afe 9Jteier, «gialbmeier, $leinfotter, äSrinffitjer u. a. gruppierten, hatte jebe ihre mohlverbrieften ©icnftc, Pflichten unb 9tecf)te innerhalb ber ©e= meinbe; in SBeftfalen ift auch ber Sßiberftanb gegen ba3 ©inbringen frember (Elemente am ftärfften geraefen. 2ludj erfennen mir bie Vormacht be§ Bobenbefitjeä barin, baß ©ut, Sßetbe, ©emeinbe^olj gleichmäßig, bie 33aulaften je nach bem Pütjen von ben einzelnen klaffen übernommen mürben. 2luf biefem ©runbe ermud£)§ bie Kultur be3 ®orfe3, bie lange $eit bem beutfdf)en Söefen eine beftimmte $arbe gegeben hat, bie unbewußt auch in ben ©täbten jum 2lu3bruengft unb «^arnifcf) ,,naauS beS Übel- täterS ju sieben, um ben Sßiberftanb gu brechen. Slber umgefefjrt SDorforbnmtgen. s$ed)tgempftttben. 115 finben mir bodf) mieber, baf$ bieg nur bag äujßerfte Littel an bie §anb gab, roeil ber §of eine ©d()ranfe mar, bie nur fd^roer ju über= ftetgen war. @g mar, alg wollte man jeben einzelnen, ber feinen §of aufgeben wollte, erft umftänblicf) burdj allerlei geremonien auf bie folgen biefeg ©chritteg aufmerffam machen, wenn man bie peinlichen Drbnungen lieft, bie über eine folche 23efit*übergabe in ben SBeigtümern niebergelegt waren, ©elbft bie ©runbljerr^ fd£)aft machte oor biefer ©d^ranfe Ijalt, inbem fie ben ging nicf)t aug bem «gaufe fjolen burfte, fonbern iljn burch bag ©atter — baf)er ber 9iame ^©atterginö" — empfangen follte. Sn ben SSolfgfpielen, namentlich in ben £auf= nnb $raft= fpielen, meldte wie in $rieglanb beim ^lotfchiefsen, in Salzburg beim Langeln, ganje $Dorffd£)aften in bie ©cfjranfen riefen, f)at fidf) bag ©pftem ber freiwilligen Unterorbnung big in bie ©egen= wart hinein erhalten, in ernfterer 2Beife auch in ben 35urfd^en= fdjjaften, meldte einft — in Siebenbürgen noch |eute — bie $ung= mannfdfjaft für ben SBert gegenfettiger §ilfe vorbereiteten. Stuf bem ®orfe, wo jeber an ber $reube unb bem 2eib beg anberen teilnimmt, fjat fidj biefe Teilnahme in ben 9?otnad(jbarn ju einem ganzen ©pftem ^erauggebilbet. ©o tyifcn in Dftfrieglanb bie nächften (meifteng fed£)g) ^augnadjbarn rechter unb linfer £>anb. $)urch ein ftiE(e§ Übereinfommen finb fie oerpflichtet, ftdj in allen freubigen unb ernften Angelegenheiten jur ©eite $u fte^en, eine Verpflichtung, bie fidler nid£)t auf bem Rapiere fte^en blieb, fon= bern auch offeneg ©intreten für ben ©dfjwacfjen nach fidj 50g. ©in fcfjöneg 93eifpiel wirb aug bem weftfälifchen SDorfe ©ro£en= breben berietet, wo furj nacheinanber Sftann unb grau mit ^interlaffung gweier unmünbiger $inber unb ohne 33erwanbtfchaft ftarben. £)a traten bie SReter jufammen unb übernahmen ber 3^eiE)e nach o()ne ©ntgelt fämtltdje gelbarbeiten big jur Volljährigfeit ber Äinber. 2ln anberer ©teile wieber fefjen mir, wie felbft im 17. %afa hunbert, alg taufenbe von Sanbftreicfjern 2)eutfd(jlanb burdhjogen, ihnen mmbefteng ein Nachtlager gemährt merben muffte. Stuf ber ©runblage beg engen ©egenfeitigfeitgoerhältniffeg fteht auch btö 9iechtgempfinben beg Säuern. ©g ift unmittelbar mit feiner Umgebung' t)erfnüpft unb fyat M an% ^en h^or^en ©dhidhten entwickelt, bie er in üielen ©eroohnhetten beg 3)orfeg noch oor 2lugen t)at, unb bie er wie bie ©cfjnecfe ihr ©ehäufe burchg Seben fdfjleppt. ©in ibeelleg Sachenrecht, mie eg bie römifdEje ©erid^tgpflege auggebilbet fyatte, fonnte auf bem SDorfe nicht 8* 116 3)te Kultur be3 £)orfe3. heimifdf) merben, ja et mar mdjt einmal vorteilhaft, raeil et über bat SSerftänbniö ber engbegrenjten 3)orfraelt ^inau^ging. 3)ie 5ftotn)enbigfeit, perfönlidf)e 2Bünfd£)e jugunften ber ©efamtheit ju urtterbrücf en, bie fie auf anberem Sßege §u beliebigen fud^te, mar offenbar, alt baj$ barüber Meinung toerfchiebenljeit fjerrfd^en fonnte. 2)a§ fanb feinen 2lutbrud in bem feierlichen ©ebaren, bat jebe ©eridf)ttt)erhanblung aut bem SClltagtleben he™utf)ob, bat bie Serf)anblung in altmobif^er Sprache führen unb bie Präger bet 3techtt mte eine Serförperung ber Vergangenheit er= f feinen Itejs. ©elbft in ben trübften tagen ber Seibeigen) d^aft erhielt fidf) biefe ^eiligfeit bet 9ted)tt, bat allerbingt nur eine befdjränfte Säöirfung £>atte. Sine gemiffe ©cfjeu erfüllte felbft bie ©runbljerrfchaft, bie roeber felbft noch burch t£)re Seamten ein= greifen fonnte ober E)öd^ftenö nur auf ©runb rein örtlicher @nt= micflung 3m fdjlimmften galle oerbicf)teten ftd£) bie ©egem fä|e in ben 3iedf)ttanfchauungen jroifchen bem ©runbherren unb bem 3)orfe ju einem offenen ^onflift, ber jroar fchlieftfich eine — in ben meiften fällen bem Sauern ungünftige — @ntfdjei= bung brachte, aber bie Slnfchauungen nicht anbem fonnte. 2luf ber einen ©eite ftanb bat fobifijierte, aut einer einfeitigen @nt= micf lung hervorgegangene territorial unb Sermaltungtrecht, auf ber anberen bie feierliche $orm münblicher Überlieferung, bie in ben ©orforbnungen nicht immer ben flarften Slutbrucf gefunben hat. SDaraut erflärt fidE) bie § artnacf igfeit bet dampfet um ben Söalb, ober minbeftent um bie Senut$ung bet SSalbet, ben ber ©runbljerr häufig burch eine ^a^xi)un^xU alte $orberung bean= f pruste, mäljrenb ber Sauer btefem Verlangen ein ebenfo altet überliefertet 5Red£)t entgegenftellte, bat aber burch bie Senui$ung eine gemiffe ©runblage erhalten ^»atte. $m 19. 3ahr^un^eri *n bem ber 9üdf)ter nach gefcfjriebenen ©runblagen für feinen @nt- fdjeib fud()te, fd^nitt ber Sauer bann meiftent fchledjt ab, meil er am menigften an eine fd£)riftltche geftftellung feiner 2lnfprüdje ge^ bad£)t hatte. 916er fein ^ec£)ttbett)uf$tfein ift baburch nid£)t gefchraädjt morben, menn er fich auch bem äußeren ^mange beugen mu^te. Qmmer mieber maßte et auf unb verfügte, burch neue ^rojeffe bat ihm fe£)Ienbe Serftänbnit für bie formale 3ied£)tfpred)ung ju geminnen, mat ihm oon ^urjfid^tigen alt ^ro^efsmut angerechnet mürbe. Unoerrücfbar roie ber Soben, ben er bebaute, ftanb bat Sfachttgefühl bt§ Sauern auf ber Drganifation feinet Sorfet, bat ohne 2lnteil an ber 3)orfmarf nicht erfrieren fonnte. 2Bie ^eligtöfeS (Smpftnben. 117 flar er bieg erfannte, bezeugen bie 12 2lrtifel, mit benen bie SlUgäuer Sauern 1525 ifyre gorberungen vertraten, bie nid£)t3 mit bem milben $ommuni3mu3 ber fpäteren 9taub;$üge ju tun fjatten, fonbern nur bie Serüdfftcljtigung ber natürlichen ©runb= ragen be3 £>orfe3; Söiefen, tcfer, SBalb, Sögel, gifc^e, SBilbbret unb bie Drbnung ber Seiftungen verlangten. £)ie Serljältniffe wollten eine anbere Söfung; aber bie ©rinnerung an eine gute alte 3eit blieb unbewußt erhalten, menn aud£) oft nur in ber ^eiligen ©djeu, mit ber ber Sauer bie 2)enfmäler feiner eigenen ©erid£)t3= pflege, bie Saume, ÜRalftätten, ©erid(jt3ftüf)le fyütete ober burcl) ge^eimnigooUe ©agen t)cvflärtc. ^a, meil if)tn ber greuel an fo ungeheuerlich erfd^ien, ba£ er mit irbifd)er Su^e faum gefüljnt merben fonnte, fudjte er bie rolle ©üljne je nacf) ber ©cfymere be3 galle3 auch im $enfeit3, mo ben biebifchen 9ftüffer, ben ©ren§ftein= SerrüdEer unb ben fidj gegen göttliche ©ebote Sergef)enben eine emige ©träfe ereilt. ©d(jon bie ©onntagSarbeit rairb, mie e3 üiele ©agen erlernten laffen, ju ben unfü£)nbaren Sergehen geregnet. @in SCetl biefer 2lnfd)auung ift allerbingö au£ bem religiöfen (Smpftnben fjeroorgegangen. Son §aufe au3 ift ber beutfd£)e Sauer, mie jebeä mit ber 5ftatur in enger Serüljrung gebliebene Solf, religiös. S)er größte Steil be3 3a^reg begünftigte einen unmittelbaren Serfeljr mit ber SJtatur, mit ihren Sßoljltaten unb Störungen, bie ben ©inn auf ein f)öf)ere3 Söefen lenften unb ben Sanbmann für eine finnenbe Setracfytung empfänglich matten. %xat er aus bem ©unfel feinet §aufe§ fjerauö in bie Statur mit ihrem emigen Sßecfjfel unb Söerben, bann empfanb er fie in ihrer ganzen sollen unb einheitlichen ©röf$e. ©a murmelte ba3 flie^enbe SBaffer von alten Sagen, ba xaun^ ber 2Balb rounber- fame ©efd£)tcf)ten von einem fernen, jenfeitigen Seben, ba feimte, rvuä)% unb reifte bie grucfjt unter bem 2luge be3 ©äenben fyexan, ba mecfjfelten ©onnenf^ein unb Siegen, Söärme unb $älte, Sag unb yiadjt, unb au3 all biefen ftet§ unb ftetig fiel) aufbrängenben Setrad£)tungen mudfjä jene tiefe religiöfe 2)emut herauf, bie ben Sanbmann begleitete von ber Sötege bi3 gur Saljre. — 2)a3 religtö^fittlidfje Serou^tfein ift im allgemeinen erft recht fpät burch fpftematifd^e Unterroeifung in ber djrtfiltd;en ©laubenäleljre gemeeft morben; aber e§ mar unbemu^t ba, bet)or bie Äirtfje gebaut unb bie ^rebigten gehört mürben. 2tu3 ber gläubigen Eingabe an bie göttliche Offenbarung, bie nodlj üon bem innigen 5ftaturgefül)l ber Urgett burd£)brungen mar, hatte ftd£) erft mit ber 9ienaiffance unb bem 118 Sie Kultur be3 Dorfes. £>umcmi3mu§ bie eigentlidje 2lnbad£)t als eine fonjentrterte 3)is= giplinterung be£ ©mpfinbenS ^erauggebtlbet. hierbei fd^oben ftdjj aber fo tuele neue 33orftellungen in ben fdE)lid£)ten $ret$ ber an= geftammten Überlieferung, ba£ auch ba$ ©elbftüerftänblich=©ittltd£)e häufig erfc^üttert raurbe unb immer mieber eingeprägt werben muftte. ©o forberte bie ©orforbnung oon 2BoIpert3haufen: „93or aHen fingen fetten alle ©emeinSleut ©Ott ben 2lllmäd)tigen nor Stugen t)aben; fein fjeilig Söort mit brünftiger 2tnbadf)t hören; ^inber, Äned£)t unb SDtägb fleißig jur Ätrcf) unb ©d£)ule fcfytcfen; and) aßer^anb erfd^reef tid^e unb oerbammlidje Safter, als ©otte^= läfterung, Verachtung feinet 2Bort3, §a^, geinbfdEjaft, Unzucht unb bergletchen ©ünb unb ©df)anben nach äuf^erftem Vermögen meiben unb fliehen unb fonberlich burd^auö md)t mef)r geftatten, bajs Änecf)t unb Sftägb in einer Cammer fdjlafen" u. f. f. 2Sa§ hier maf)nenb geforbert wirb, mar früher felbftoerftänblidf) unb oon ber ganjen ©df)eu einer geheiligten Überlieferung getragen. 9kd) bem breifngjährigen Kriege ging ba§ natürliche @mp= finben üoKenbö in bie 33rüdE)e. Man fyat ba3 ©efül)!, als ob bie trielen ©ebote unb SSerorbnungen, in benen von Jjeimltd^en Sänjen, E)etbnifd^en ©ebräudjjen, non bem ©pul ber grau §oHe unb anberen ©enoffen bie 3tebe ift, biefe erft aus ben ljaU>= oergeffenen (Srinnerungen beS 33oIfe3 mieber an ba£ Sicht gebogen Ratten. @3 fämpfte offenbar in unferem SSolfe ba3 alte fdjlidjte SRaturgefü£)I mit einer religiöfen ©eljnfucht einen $ampf, ber buref) bie ©d^menfung nach ber ©eite ber ©age unb beS SlberglaubenS allmählidlj j$u einem grontroechfel führte, mäf)renb biefer neue ©egner immer mehr feine, ehemals aus bem lebhaften 5Ttaturgefü^I gewonnenen 3üge oeränberte unb ju äußerlichen Verzerrungen er= ftarrte. ®aS trat fühlbar auf bem Sanbe jutage, mo baS geiftige Seben nach bem brei^igjäfyrigen Kriege immer mehr ent= fcf)manb unb baS ftrehliche SSebürfniS ftch um fo energtfeher in feften Sinien formte. @in finfterer Stberglaube bemächtigte fid^ ber ©e= müter; er umMeibete bie noch t)orhanbenen, heibnifdjen ©lemente mit chriftlichen hänfen unb haftete barum um fo fefter unter ben Seuten; aber er gab ihnen auch etmaS, mag fie vorher in biefem Sftafte nicht Ratten, er gab ihnen ^ßoefie. ©er Snhalt ber £aufe ift baS VefenntniS einer beftimmten Sßeltanfchauung, ein $ultur= aft, ber eine ganje 9ieihe oon £atfad)en umf daließt, bie baS Verhältnis beS einzelnen jur ©efamtljeit, jum SBeltall, j$um genfeit regelt. 9ftd)t immer ftanb bamit eine reingeiftige 2luf= Aberglaube, fjefte. 119 faffung im 3ufammenf)ctnge; e§ lebte vielmehr nocfj au3 ber 3Sorjeit £age eine ganje Sßelt von ©cfjcibltngen unb Xtnfyolben, bie einem jungen 9Jienfd£)enleben nacfjftettten. ^ann man barum jene §anblungen ot)ne weiterem verwerfen, tvelcr)e ficfj von ber Söiege bis jur Safyre burd£) ba3 ganje ©ebiet unferer SSolfe bräune gießen unb ben ©cljutj be3 einseinen in einer, bem 9Solfe= geifte verftänb liefen gorm ju vermitteln fugten? 2tudf) £)ier lebte neben einer verworrenen unb unflaren Überlieferung eine reinere, frjmbolifdE) reiche ©emüt^tvelt, hinter beren lautem, oft allju lautem 2lu3brucf, fid^ häufig finnenbe 9Jtal)nung verbarg. @3 ift immer biefelbe gtuifd^en ber $reube be£ Augenblick unb einer bunflen guftmft fcfjtvanfenbe ©mpfinbung, meldte fiel) burdj 23rauch unb ©lauben be£ Sanbmannö gieljt, meldte ©efang, ©piel unb £an$, bie vielen gefte be3 3al)re3, befonberä gaftnad^t, Dftern, ^ftngften, ben $of)anne3tag (Sonnemvenbtag), bie Ijeiligen jmölf ober Rauhnächte unb anbere £age mit befonberen SBiriungen au3= ftattete. Sßeldj eine ernfte ©innigfeit liegt bodjj in ber Seftimmung, baß bie $ird)rvege foHten breit genug fein, um ein Brautpaar unb eine Totenbahre einanber ausweichen ju laffen! ©o §ie^t eS fiel) burefj bie ganje feftlid)e SBelt unfereS ^Bauern. 2lu3 bem gefamten Ton biefer ©ebräudEje fprid^t baS SSefenntniS, baß bie gefte nicht urfprünglidf) eine äußerliche gorm bilben, hinter ber fiel) bie 9Ser= neinung ber täglichen Arbeit verftedft, fonbern baß fie einbringe lid£)e Beiger <*uf *>em 8ifferWatt beS ©injelleben^ finb. Sie inf)altreicf)fte §anblung im -JJtenfcfyenleben, bie ^od^jeit, bie im Bauerntum äußerlich eine burcijauS materielle ©runblage hat, läßt tro^bem it)re tiefe Sebeutung in aßen $ügen f)ervor= treten, ©tfjon in ber (Einrichtung be3 SrauttverberS ftmbet fidf) an, baß bie @hefd()ließung neben ihrer 33ebeutung für bie 33e= teiligten auch eine öffentliche Angelegenheit ift — meldte über ben ©ippenverbanb l)irtau3gef)enb — auch für baS SDorf mistig genug ift, um üon allen, in abgeftufter Söirfung felbft von ben Settlern, gefeiert ju werben. 2)er Sanbmann ftirbt nicht für feine $amilie allein; fein Tob wirb aud£) ben Bieren, vom 9tinb an bis ju ben Lienen, verfünbet; er reifet zugleich eine Südfe in bie ©orfgemeinbe, bie mit bem Alten aud) ein ©tücf Vergangenheit begräbt. grei= lief) mifd)t ftch in Äußerungen ber Trauer fcfjnell genug aud) bie SrfenntniS ber 9^otivenbigteit beS ©efcljehenS, biefelbe flare @r= fcnntniS, bie auch ben rüftigen 3Kann in baS Altenteil getrieben, bie feinen ©oljn einft baf)in fe£t, mie eS fd^on bie Vorfallen 120 fcte Kultur be£ %ox\tä. al£ eine -Jiotmenbigfeit erfannt Ratten, ju beftimmter &\t ftch oon ber -Jöirtfchaft jurütf^ujie^en. Sluf bem ©orfe fterben bie ©efchlecfjter bal)in; aber bie Snftitution bleibt. ,3u eng ift ber einzelne mit itjr oerfnüpft, al3 bafc er fie burdf)brechen fönnte unb möchte, ober fich burcf) roeidE)Iid^e Älage bloßstellen mürbe. Sauten aber bie ©locfen jum Xotenfeft, ju Slllerfeelen, bann jögert bei ihrem Klange ber eherne (Schritt ber ,3eit, man ja fo freigebig bie Vernichtung alter Slnfchauungen gufcljretbt, um bie Vergangenheit bem einzelnen mieber aufleben ju laffen. Sann manbert ba§ SDorf hinauf gum $riebf)of, ber fo oft im Statten be3 ©orffirchleinS liegt, um fyier eine ftille ftwkfyxafyt mit bem Verdorbenen ju pflegen mie in alten Sagen, ba ber Sdjmerj unb bie greube noch laut in bie ÖffentlidEjfeit hwewbrangen. ■Jöill man ba3 Seben auf bem SDorfe in feinen manchmal großen §ärten begreifen, bann mufs man ba§ Verhältnis jum Sobe oerftehen lernen, ©er Vauer glaubt an eine 9luferftef)ung, nid^t meil fein Seben fonft nur 9Jtühe unb fernere 2lrbeit gemefen, fonbern meil audfj ber Verstorbene nicht ganj außerhalb be* börf= lid^en 2öirfung3f reifet fteht. 35ie ©agen unb ©efdf)ichten erjagen e3 ja, baf$ biefer ober jener, beffen Rechnung bei bem Sobe ntd^t ganj ftimmte, noch eine Verbtnbung mit ben Sebenben fucht; fie buchen bie guten mie bie fdjjlechten Säten; fie umranfen felbft bie @r= jeugniffe mobernften ©eifteg, mie in jener (Srjählung t)on bem toten Sofomottoführer in Vranbenburg, ber noch heu*e fd£)eltenb feinem £uge folgt, ©laubig oernimmt e3 ba$ ©emüt be3 Volfeg, menn fid) bie oerftorbenen ©efchlechter in finfteren SJiäon ©emüt3= rofjeit unb Unflarheit al§ ber allgemeinen SSerfjältntffe. 3lucf) bie alten gefte unb ©ebräuche: ^odl^eit, ©pinnftube unb anbereö haben fid£) veräußerlicht, bereits in ben erften Saljrgehnten be§ 19. Sat)r= fjunbertö beginnt infolge neuer wirtschaftlicher unb poltltfc^er 3Ser= hältmffe ber Umfcfjlag be3 alten $nf)alt3. £)ie ehemaligen greiluft= Vergnügungen beS Sauem jogen fid) mehr unb meljr in ba§ $au3 jurücf, namentlich in ba§ fcfyon im 15. gahrhunbert in ben Dörfern nachweisbare SöirtshauS, Wo natürlich ©cf)nap3 unb 33ier immer breiteren 3taum beanfprud^ten. 9lur bie Umzüge bewahrten noch lange ben alten ^ntjalt, wenn auch bei ihnen ©ffen unb ^rinfen nid£)t unmefentlidje ©rgän^ungen waren. $a, wenn mir alle 2ln- orbnungen überbüken, bie in ben SßeiStümem gegen biefe 9[ftaß= lofigfeit fj^uortreten, wenn mir auch einzelner jorniger ©ebidjte unb ^ßrebigten gebenfen, bereu allerbingS nicht ganj vorurtetfelofe 3Ser= faffer gegen ba3 ^raffen ber Sauern t)om Seber gießen, bann fd^eint biefeS ein altes 3)orflafter $u fein, ba£ uns um fo unangenehmer auffällt, als e§ feinen Unterfdfjieb jwifdjen einer ©ericl)t3verf)anb= lung, einer ^ochjett ober einem Seid^enfchmaufe macht. Setrad£)ten mir jebod; biefe ©chmaufereten im 3UT ammen£)ange mit ben ©itten ihrer $eit, gebenfen wir, baß ©peife unb £ranf bei allen ge= funben SRenfchen eine notmenbige ©rgänjung feftlid^er ©reigniffe finb, bann erfdfjeint bieS um fo weniger roh, als bie £)orf= orbnungen oft genug felbft bie ©renje biefer ©d£)maufereien unb STrinfereien angeben, SDie Drbnung ber mürttembergifd^en ©emeinbe Tupfer unb beS SJiidfjelfelber £ale£ ermahnt bie ©orf= genoffen angelegentlid£)ft, bei Serfäufen baS erlöfte ©elb nicht $u vertrinfen, fonbem ju ber ©emeinbe 5Rut$en ju verwerten. Nebenbei enthüllt uns biefe gleich einer großen ätnjat)! von Drb= nungen, meldte gerabe ba£ 2lu3geben ber Süßen nach ben ©ericht^ tagen für Srinfen verbieten, baß man bie Suße meniger als ©träfe beS einzelnen, benn als Vorteil ber ©efamtf)eit bewertete, ©eit fich ber Sauer von ben vielen ©rrungenfdjaften ber ftäbtifd£)en Kultur — namentlich ber geiftigen — auSgefdfjloffen fah, fehlte 122 $ie Kultur beS $orfe3. ihm ütelfad^ — nid£)t immer! — ber ^Jlaftftab für bie ©ren^e fetner Temperament£au3brüd£)e. Namentlich in ©übbeutfd)lanb, mo eine größere 33eroegItd^fett fjeimifd) mar, muffte e3 oft verboten merben, bafs fid£) bie Sauern fcf)mäf)ten, freoentlid) ber Süge stehen ober fd£)lugen, eine @rfcf)einung, bie jebodE) erft Dorn 16. $aljr= fjunbert an häufiger mirb unb jmeifello^ ben @rf Fütterungen ber Sauemfriege jujufchreiben ift. ©oldjje 2ftif3bräuche ftellen fich überall ein, mo bie Spannung $mifd£)en 2Irbeit3energte unb Sebent freube nicf)t me£)r in einem natürlichen unb mirtfcfjaflichen ©egen= fettigfeit^nerhältniffe ftef)t. SCuf ©runb biefer 33erf)ältniffe ift auch bie ©pinnftube, ber alte 9JZittelpunft ber börf liefen ©efelligfett, ber bie minterlid^e ©rgänjung ber fommerlid^en 2lngerfefte mar, entartet, ©ie mar fange $eit ein mefentlicf)er Seftanbteil im bäuerlichen Seben; aber fie ift fd£)lief$lid(j mie t)iele§ anbere bem Slnfturm einer neuen $eit erlegen, ©cljon bie ©orforbnung t)on ©ailenfirdjen in 2ßürt= temberg (1611) nerbammt iE)re 2lu3f Leitungen ebenfo mie anbere ©ebote, in benen ftar hervortritt, baf* man ba3 bäuerliche ©e= felligfeit^Ieben obrigfettlidh (©ailenfircljen mar ein ©d(jm. £>all untertänige^ ©orf) einjufchnüren fucfyte buref) ftttlid^e 2lnorbnungen, bie ber einfache äftann nid^t üerftefjen fonnte. S)ie ©ittlidjfeit ift, mie mir e3 au3 oielen 3eugniffen wiffen, baburch feine3meg3 ge= hoben morben, baf$ man bie ©pinnftuben mit SSerorbnungen brang= falierte ober aud£) fd£)lof$. Sie S3errof)ung ift jmeifelloä, aber fie mar nicht in ber alten (Einrichtung begrünbet, fonbem in bem rationellen, nerflachenben ©eift ber fttit, ber auch t)or ber ©pinn= ftube nicht fyedt machte, ©aju fam noch bie gemaltige (Srf Fütterung imref) ©emerbe unb SSerfe^r. 33i3 in ba3 19. $aljrljunberi hinein ^atte ber 33auer feine 93ebürfmffe faft alle felbft gebeeft, Seinen gepflanzt unb 2öolle bearbeitet, geroebt, gefponnen, gefärbt, ge- fchneibert, feine 2eben3mittel gebogen, 2Wertt)erf;$euge, ©efd£)trr unb Söagen, Töpfereien fyergeftellt, Seber gegerbt, ©eife gefönt, ftellem mei£ auch SJtafeneifenftein gefd^mol^en unb gefdjmiebet, fein §au3 mit §ilfe non Nachbarn erbaut unb au^geftattet, fur<$ er E)atte fich eine $enntni3 nieler gemerblidjer Tätigfeiten ermorben, bie ihn von ber ©tabt unabhängig matten unb ben ©pinnftuben= abenben auch ben ©h^after gegenfeitiger 2lrbeit3t)ermittelungen gaben. 35enn häufig muffte bie größere ©efchi(flidE)feit be3 einen bem anbern jur Verfügung fteljen, ber mieberum ihm mit feinen Talenten $alf. 2>a3 ift anberS gemorben, feit bie ©tabt mohl= ©ptnnftube. Söauernfunft. 123 fetter liefern fonnte, bie $ollfchranfen fanfen unb ber SSerfetjr auch in ben entfernteren SBinfel noch ©rgeugniffe trug, bie fonft im §aufe felbft entftanben waren. 2>e£t finft bie gute SBirfung ber ©pinnftube; e£ ift nidjt mehr bie 2lrbeit felbft, meldte burdl) ©ang, ©age unb ©djerj unterbrochen mürbe, fonbern bie festeren nehmen einen immer breiteren SJtaum ein, bi3 fie fcf)lief$lich $ur §auptfacf)e mürben. 3)ie ©efeßigfeit übermanb bie 2lrbeit unb trieb burch eine Überfchät^ung tf)re§ SBerteS einer äu^erlid^en $orm entgegen, bie ftdf) immer einfteßt, mo bie erftere nicht mehr auf bem natürlichen, gefunben ©runbe ber 2lrbeit felbft ftel)t. SDiefe £au3gemerbe fyaben auf ber anberen ©ette bemirft, ba£ ftd[j jene ©tnheitlichMt in ber Äun[t= unb Saumeife be§ ^Dorfes ^erau^bilben fonnte, bie un3 fo oft erfreut. SBenn e3 auch genug gewerblich au^gebilbete ^anbmerfer gab — in 2Beft= faten mar e3 gar nidf)t3 ©elteneS, ba£ ein ©lieb ber bäuerlichen gamilie ein ©emerbe mie Siabmarfjer, SBagener ufm. erlernte unb bodj auf bem §ofe blieb — , fo mar fcf)on burch bie Kenntnis ber t)erfd£)iebenen tcd£)nifd)en Vorgänge eine gemiffe einheitliche Stuffaffung gemährleiftet. $n ben mittleren unb füblid£)en 93erg= länbern finben mir barum einen größeren 5ieidE)tum ber brachten, einen f (^netteren 2Becf)fel ber £>au3formen unb gefteigerte Seb= haftigfett ber formen unb färben. 2lber auch 1)iex ift ba3 Temperament gejügelt burch ba§ ^erfommen unb burch bie au3= gleidjenbe 9Eftacht be3 börfltcf)en §anbmerf3. ©emif$ hatte fid£) in bem [anbmirtfdjaftlidhen betrieb eine größere 2lrbett3glteberung au3= bilben fönnen, bei melier ber ©djtnieb, ber Stellmacher unb ber Sffiaurer, ber J)äufig auch ber Zimmerer mar, eine beftimmte Arbeit leifteten, für bie fie ererbte unb langjährige Übung, unb nod£) mehr ber 33eft£ ber immerhin feljr mertooHen SBerfjeuge befähigten; aber ihre ^unft mar oorgejeidjnet burch ba§, ma3 ba3 §erfommen beftimmte, mar befcfjränft burd) eine fidlere 2Irbeit3meife unb burdf) bie 33enu|ung ber felbfterjeugten ober von ber Heimat bargebotenen Materialien, ©elbft ber 2lrbeit3betrieb burch ^e ,,©tör", in ber fich ber «^anbraerfer bei bem ^Bauern jur Seiftung beftimmter Arbeiten gegen Verpflegung unb einen t)erabrebeten ©efamtlohn oerbingte, mar um fo mehr an ein alte3 £>evfommen gebunben, al3 biefe3 ben Sauern in ben ©tanb fet$te, bie Seiftung abjuf^ä^en. $n vielen gällen, befonberä bei ber Zxafyt unb bem §au3bau, fam noch eine Kontrolle burch bie SDorforbnungen felbft h*n3u/ meldte 2lu3fd(jreitungen verhüteten. SDer 3aun wie ba3 «§>au3 unb 124 Sie Kultur be3 SorfeS. ba3 ©eE)öft unterliegen biefen burd§ ©rfatyrung unb gefunben 33Iic£ gewonnenen Sefttmmungen. Da finben n)ir bis in baS einjelnfte gefyenbe Angaben über bie 2Bege, über ben freijulaffenben 9iaum jroifc^en ben ©ebäuben, über bie Dorfpläi$e, $ircf)f)öfe unb Singer. Die un^ ©röße ber jum Sau benötigten «^öl-jer, felbft @injelf)eiten n)ie £or, ©cf)welle, ©dljornftein, 23erfd£)luß, ©atter unb tneleS anbere finb feftgelegt. 3ief)en nri* twcij in Setrad£)t, baß nach benfelben Duellen, bie fteHenweiS bis in baS 19. $afa hunbert hinein wirf f am blieben, eine regelmäßige ©d(jau, unb ge= gebenenfatlS eine Suße burdlj bie Sauernrtdfjter, für bie ^Beibehaltung be£ Sitten forgten, bann fönnen wir e3 begreifen, baß ein ©prung in eine neue ©eftaltungSwelt fo gut wie unmöglich war. ^m 3e^a^er ^er ^tetgügigfeit ift natürlich biefe f eftgefügte Drbnung ntd^t mehr aufredet ju erhalten gemefen. $ür baS Dorf felbft ift babei nidjjt oiel gewonnen, wof)l aber Diel t>er= loren worben. Sie brachten, meldte ja unmittelbar mit bem £>au3fletß jufammen^ängen, finb rerfd^munben, bie malerifcfjen Sauernhöfe oft genug entftellt worben. @3 ift hier wie mit ber börf liehen Kultur überhaupt: 2Ba£ fidf) afe ©rgebntS oon Gräften jeigte, bie heute jum Xeil unwirffam finb, mar tro| aller @in= fcfjränfung gut; was inbeffen bie neue fttit brachte, ift jumeift unfdE)ön unb trielfacf) ungeeignet. Man braucht babei nicht ju überfein, baß auch Serfdfjwenbung, $runffucf)t unb ©ttelfeit auf bem Dorfe burd^auS nicht unmöglich waren; aber fie fonnten fid£) nur in großen Dörfern unb burd) bas ßufammenbrängen ber §öfe — befonberS aber burcfj bie 9?af)e einer ©tabt entwtdfeln. @3 ift baS leidet erflärlidf), weil ber Sauer burdf) ben ftäbtifd£)ert ©influß feine innere ©elbftänbigfeit verlor. @r mar Dörfler unb wollte bocf) f)äufig auch äußerlich ein ©täbter fein. 3n ber 2ötrfung ift es fdjließlich baSfelbe, ob er bie bäuerliche ©elbftänbig= feit burdj) ben SSerluft feiner Freiheit ober burdf) bie Serlocfungen feiner ftäbtifd^en ^RachbarfdEjaft oerlor. Dort gezwungen — hier freiwillig: baS (Ergebnis war bie Slufgabe beS bäuerlichen ©el6ft= bewußtfeinS. Diefe 2BedE)felwirfung wirb auffallenb belegt burch bie Satfadfje, baß in berfelben 3eit, in ber ber Sauer feine grei= Reiten nerlor, er auch anfing, an ber tollen SluSgelaffenheit ©e= fallen ju finben, meldte bie Sieber ber Sftinnefänger unb fpäter bie SJtaler be3 SauernlebenS fd)ilbem. $m 19. gahrhunbert ift e3 ber in ber Sftähe ber ©roßftabt reid; geworbene Sauer, welker in ben @rjäf)lungen unfereS fd^reibluftigen Zeitalters eine Stoffe 2)a3 $orf am (£nbe be3 19. 3ahrf)unbert3. 125 fpielt. ©tbt es wo!)! einen einbringlid£)eren §inmeis auf ben ßu= fammenhang $mtfd£)en ber börflid^en Ummeft unb bem Acferbauer? 2)ocfj raoHen n)ir bamit nid£)t fchtiejsen. Sie mahre Kultur ift nicht t)om ©etbe abhängig, fonbern von ber Arbeit. Unb biefe ift bem ^Dörfler ftetS in reichlichem 3Jtaj3e jugemeffen geraefen; aber es mar eine Arbeit, bie mefjr als jebe anbere §erj unb ©inne gefunb erhielt, bie inbeffen auch für bie Kultur er= trägniSreid) mar. ©eit ©^reiben unb Sefen auch auf bem £)orfe heimifd) geworben ftnb, finb tuele Anregungen erfolgt, bie nid£)t immer auf ihren magren Söert erfannt mürben, ^txbeffen ^aben fie bod) auch ben ©inn mieber in bie Vergangenheit gelenft unb in ben SBerfen ber 2öot)lfaf)rtpfIege ben Anfd£)luf$ an Äulturroerfe ermöglicht, bie einftmalS aus anberen Duetten fliefsenb ein ©igentum beS ^Dorfes maren. l&vxf am (&nt*z if?& 19+ J&\\xfyKtötxl&. (Ein Kürft- mttr Hu*&Ii(ft« Am Anfange ber beutfd£)en Q5ef d^td^te ftanb, mie mir gefeiert haben, baS beutfcfje ®orf. 2ßaS uns aus feiner $rü£)3ett be= rietet mirb, ift nicht t)iel, aber baS menige genügt, um uns feine mtrtfdjjaftlichen, Mturüdfjen unb poIittfdf)en formen als eine §eim= ftätte ber 2atgenben erf feinen ju laffen, von benen einft ber Börner £acituS mit einem geraiffen 9^eibgefüf)te berid^tete. SCftit feinen bürftigen, aber burdjauS mohlmollenben 5ftad£)rid()ten, bie mie Morgenrot ben SSegtmt unferer 23oIfSgefd)ichte umleudjten, fyaben mir jugletch einen 5&laf$ftab gefunben, um bie ©ntmicflung unfereS 2)orfeS bis in bie ©egenmart abjumeffen, in ber fidf) anfdfjeinenb mistige 3Seränberungen Dottgie^en. 9Bie im Anfange feiner ©e= fehlte glühen auch heu*e noch bfc Umriffe beS S)orfeS mieber in rötlichem Steine; aber mir empfinben baS Sicht vielfach als Untere gangSröte, unb fchmermütige ©ebanfen fteigen babei auf für ben, ber baS ©orf mit gefd)id)tlichem 33ttdf ju betrachten meif$. ©ie bebeutfame Stellung in ber beutfd^en Kultur, meldte baS 2)orf ehemals einnahm, von ber aus bie ^eftigung unseres nationalen unb politif dhen SebenS ausging, ift oon ihm aus auf eine jüngere Tochter — auf bie ©tabt — unb von biefer auf bie jüngfte ©nfelin — bie $nbuftrie= un^ ©rojsftabt übergegangen. $mar erhebt fxch auch SöiberfprudE) gegen biefe ©inmertung ber mobernen ©tabt; aber er ift anfcfjeinenb von fetbft erlebigt burdE) bie 126 $a3 S)orf am (Snbe be3 19. ga^unbert«. ^ögernbe — faft miberroillige — ©infügung be3 35orfe3 in ben neujettlidtjen SntmtdlungSgang. Unb bocfy ift biefe jögernbe $al= tung in ber ©efd^id^te be3 ©orfeS felbft begrünbet; fie ift nid)t nur feine ©tärfe, fonbem and) bie ©runblage unfereS politifdfjen unb mirtfd£)aftlid£)en Sebent, ba3 unbefümmert um gefd£)id)tlid)e 33erl)ältniffe oft genug einem erträumten Sfoulanb jueilen miß. @3 fommt babei aud) ber tiefe ©egenfatj jur ©eltung, ber in ben beiben fyeruortretenben ©tebelungSformen unfereö 33aterlanbe3: in ber ©tabt unb bem ©orfe, fidj ate eine gegenfeitig ergänäenbe Äraft geäußert f)at, allerbing3 mit bem Unterfd£)tebe, ba£ ber ftäbtifcfye Drganiömuö fjeute jenen älteren äu^erlid^ in ben ©Ratten geftellt E)at, unb ba£ man in meiten Greifen bem 2)orfe nur eine gemiffe Übergangöfrift geftatten mill, um e3 fpäter ganj in ben Sannfreig ftäbtifcfjer Kultur ju jmingen. Sieben bem rufjelofen ©urcfjeinanber ber in ben großen ©täbten angefammelten Äräfte nerfinft bie SBelt be3 Sorfeä mit ifyrem ftillen Seben unb ifyrer langfamen ©ntrcidlung, mit iljrer fdjlic^ten 91atürlid£)fett unb bobenftänbigen fiunft. Unaufljaltfatn — fo f eint es! — gef)t e§ mit ifjr %u @nbe, weil bie jentralifterenben Neigungen unferer 3eit ben Slicf t>on ben Äulturfräften be3 ©orfeg abgetenft unb ju ber 23orftetlung geführt fyaben, ba£ bie fcf)licf)te ©d()önl)eit unferer alten ^Dörfer ftimmung^ooll erfyöfjt ift burd£) ben ©ebanfen an eine untergefyenbe Kultur. Unb menn mir un3 erinnern, baf$ eine nad) Safyrfyunberten jäljlenbe ,3eit f)inter un3 liegt, in ber fo ätemlicf) altes, mas ba3 SDorf unb ba3 bäuerltd^e Seben umfcfyliefst, von ©tillftanb, $8efd)ränfung unb fdjroffer 2lblef)nung aller neuen ©ebanfen überwuchert mürbe, bann finb t)iele — aud) im ©orfe fe£6ft — geneigt, in bem anfcfyetnenben ätbfterben einen natura notmenbigen Vorgang $u erfennen unb ju überfein, baf$ bie mirffam ftrebenben Gräfte be§ börflid^en Drgani3mu3 jmar etroag gebämpfter arbeiten, baf$ fie aber noä) lange nid^t oerborrt finb. 2Bir uerfteljen es fyeute, baf$ mäfjrenb eines noHen %afo f)unbert£ mirtfdjaftlid)e, polttifcfje unb geiftige ©trömungen nor= miegenb von ber ©tabt ausgeben fonnten; aber mir fjaben audf) mefyr unb mefyr gelernt, bie ftarfen Äulturlräfte beS ©orfeS in bem -IRa^e ju fcfyä^en, in bem bie fd)n)äd£)Iidf)eren unter bem er= ftarrenben §aud)e einer lebiglidf; t>erftanbe§gemäjsen SSilbung bal)in= fanfen. 3lux ju ber nafyeliegenben gorberung fonnten mir uns im allgemeinen nod) nid)t entfdf) liefen, ftäbtifd^e unb börflid^e @in= rtdjjtungen auf ifyren Urfprung unb auf ifyre @ntmid(ung f)in ju Untergang ber börfltdjen Kultur. 127 prüfen; wir haben un3 oielfacf) bamit begnügt, moberne ©inrtdjtungen ohne weiterem auf ba3 ©orf $u übertragen, menn fie fich in ber ©tabt bewährt Ratten. @rft feit nur feiert mußten, baf$ in ©e= mohnf)ett, ©rmerb unb ©itten immer mehr frembartige, nid^t immer beffere, (Sinflüffe jur ©eltung famen, ba ermatte auch ber 2öiber= ftanb gegen biefe nerattgemeinernbe £enbenj. SBir betrauten biefe SBanbtungen jet$t, nacfybem mir fie mit einer ftarfen ©inbu^e an bem Gharafter unferer ^Dörfer haben bellen müffen, etma3 hiftorifcher unb fuchen biefer ©ntmicflung, bie fich mehr unb mefjr einer rein materiellen Sluffaffung unfereö öffentlichen Sebent ju= gemanbt fjat, ju fteuern. 33efcf)leunigt unb vertieft ift biefe @rfenntnt3 burch bie SBaljrneljmung, baf$ eine ungezügelte Qnbuftriefultur gar ju leidet ben nationalen 23oben unter fid£) nerliert, unb burcf) baö ftchtbare 33ilb ber Verheerungen, bie eine gebanfenlofe, medEjamfdje Über= tragung ftäbtifcfjer formen auf ba3 Sanb im ©efolge tjat. 2ßo ber Sauemljof fich einft fo einheitlich unb fünftlerifcf) feiner Um= gebung einfügte, baf$ mir erft fyex mieber bobenftänbige Sau= unb ^unftmeife f)ahm fennen lernen fönnen, finb ungemütliche, afabemifdh fteife unb nidfjtsfagenbe 33orftabt= unb gabrifhäufer ^in= gefegt, bie mir heute — wo mir uns in fünftlerifcijen fragen von einem feineren £aftgefüt)l leiten laffen — al3 unoornelnn, unecht unb ge[cf)macfoerberbenb ablehnen müffen. Sie malerifdjen Sinien ber SDorffluren, bie mit Serücffichtigung aller natürlichen Sttbungen be$ ©elänbeS burch 3taine unb §ecfen überwogen maren — ein bedenber ©d^utj unferer Sögel! — finb t)ielf ad) ganj ohne gmecf unb ©inn begrabigt, bie ©trauter unb bas Sufcfjmerf, meldte feinen unmittelbaren 9iut$en abmarfen, ^um Seil beseitigt unb fchliejsüch auch bie ^Dorfbewohner auf bie oberfläch= liehe Xagegfultur brefftert morben, bie ba3 bebrudte Rapier in immer mechfelnben Silbern über ba3 Sanb flattern lieft. Serge, ©emäffer unb SBälber, an benen ein ftarfeg £>eimatgefühl empor= mucf)§, finb burd) Saumerfe, bie, mie t)iele 2tu3ficht3türme, nur einem flüchtigen SageSgenuffe bienen ober burdf) aufbringliche3teflame= tafeln entftellt. ©ie finb einer mirtfchaftltchen 2lu3nut$ung überliefert, bie häufig von fernen Äapitafömittelpunften au§ geleitet mirb unb mit ber natürlichen ^Bearbeitung be3 2anbe3 nid^tö ju tun hat, bie feine ©chonung be3 Überlieferten fennt, fonbern nur ben einen ©runb[a| ha*: Serbienen, fo lange e3 geht, folange bie SRatur noch etma3 herausgeben fann. ©o finb oiele unferer Sergabhänge 128 $)orf am (Snbe be3 19. 3aljrl)utibert8. burdE) Steinbrüche angetaftet, unfere Sßälber, bie fo unenbltdj üiel jur §eranbilbung beS beutfdjen ©emüteS betgetragen haben, burch ben niemals auSmadjjfenben gungroalb ober ben Äaljlfyteb t)eröbet; bie §lüffe, meldje in natürlichen Sßmbungen tangfam bem tiefften fünfte juftrebten, finb ^äufig aus ganj unzulänglichen ©rünben in fdjnetlfließenbe 2lbflußrinnen umgewandelt, in benen fid) an Stelle wiegenber Saumfronen unb tnalerifdjer ©ehöfte oft genug nur gabriffcfjlote fpiegeln. Unb in bie 9tul)e beS länbltd)en Sebent i(t Unra(t gefommen, bie für baS getertägige im 9Jtenfchenleben, für $unft unb anbere ©emütsbebürfniffe nur wenig übrig hat, bie burdf) 9Jtufifautomaten unb ben aufbringlidjjen 2ärm twrüberjagenber Vergnügungen in einem fdjreienben ©egenfa£ ju ber großzügigen, aber ftillen unb ftimmungSoollen Statur beS SanbeS ftet)t. 3lnn wirb man felbftoerftänbltd) nicht alteö ablehnen motten, was eine neue $eit auch für baS S)orf unb feine Vewohner im ©efolge ^at. (Sine intenfioere Semirtf Haftung fyat anbere 3Berf= jeuge unb anbere SlrbettSmethoben ins ©orf geführt. Viele ber alten poetifdjen ©orffefte ^aben fiel) als gamiltenfefte in baS §auS jurücf gebogen; bie 3^ec^nif baut Käufer für SJtenfcf), Sier unb (Srnte nach neuen oerbefferten ©runbfä^en; bie allgemeine VolfSbttbung unb ber SSerfe^r, melier in bie entlegenften SBinfel hineinlugt, haben ben geiftigen ^orijont erweitert, alte uerfnödjerte Slnfcfjauungen finb übermunben; felbft ber bäuerliche 2ßirtfd£)aftS; betrieb f)at fidj vergrößert unb neue — vereinzelt auch inbuftrielle — SBurjetn gefdjlagen; eines aber ift im großen unb ganzen baSfelbe geblieben: baS ift unfer Sanb in feinen oerfd£)iebenen ©eftaltungen, meiere für bie ©iebetungSformen noch immer biefelben 9Jiaßftäbe geben wie einftmalS, ba auch bie ©tabt t)on e^ebem fich benfelben unterorbnete. @in riefengroßer ^afernenbau ftört biefeS Verhältnis an fich noch nid)t; erft wenn er allein ober inmitten ber Vauern= gel)öfte aufragt, fcfjlägt er {ebern gefunben ©mpfinben t)on 3Ttaß unb STaft ins ©efid)t. 3)aS Verberbliche ber gegenwärtig IjerrfdEjenben, auf baS äußerliche gerichteten Slnfd^auung liegt barin, baß mir unfer Sanb nicf)t mehr als bie unvergeßliche §eimat betrauten, in ber mir leben unb gehaltvolle greuben eines furjen ©afeinS genießen, bie uns aud; in bie $erne als teure ©rinnerung folgt, fonbern als eine 2ln(jäufung t)on SRaturfcfyäfcen, bie mir reftloS aufbrausen bürfen — ohne 3tüdftd)t auf bie Slllgemeinljeit, auf bie Ver^ gangen^eit, of)ne SRüdfi^t auch auf bie gufunft. S)aS ©orf ift Sorf unb ©tabt. 129 in biefen ©trübet be§ 9fäebergange3 fchon fett tiier ^5a£)rgei)nten hineingezogen unb baburd) feinet fjeimatltd^en bobenftänbigen 6f)arafterö entfleibet, ber burdh feine wirtfcfjaftliche, poltttfdje unb fulturlid^e Vergangenheit gef Raffen würbe. 2Bir bauen in bem 35orfe nicht mef)r für uns unb unfere Nachfahren, wie es unfere Slltoorbern uns in ihren finnigen §au3infd)riften maljnenb fagen, fonbern für ben 2lugenbltcf. 2Ba3 biefer an „Äunft" gebiert, tft, weit eö f)äufig aufbringt wirft, bei bem flüchtigen äöedjfel ber 2lnfcf)auungen balb wieber langweilig geworben, fobaf$ unfere ©tnne ftumpf werben muffen unb wir ba§ Neue, ba§ fogenannte $raftifdt)e, baö überbieä in ber Siegel noch feljr teuer ift, al3 einen f täglichen @rfa^ tieferen $unftbe£)agen3 h*nnefymen Hüffen. 2Bir brausen e3 nid£)t ju oerfennen, ba£ bie formen, welche bie ©tabt für fiel) unb für bie in ifyr wirfenben wirtfcfjaftlidjen Gräfte gefd^affen t)at, feine3weg3 unbebingt ber börfltcfyen Kultur entgegenwirf en; fie beginnen ifjre nerf)ängni§r)olle 5£ätigfeit erft bann, wenn fie waf)Ho3 auf ba§ ©orf übertragen werben, wo anbere Vejiehungen, anbere 33erl)ältniffe unb in einem gewiffen ©inne auch anbere SftenfdEjen eine raef entlief) oerfdtjiebene 33et)anb= lung bebingen. SDenn ba3 wirb aus bem Vorangegangenen er= fennbar fein, baf$ ba3 beutfcfje SDorf neben ber ©tabt ein felb= ftänbiger potitifdjer unb wirtfcfjaftlicher Drgani3mu3 ift, ber feine eigenen SSur^eln, feine eigenen Gräfte unb barum auch fe*ne &e~ fonbere ©ntmieflung f)at. @§ fei nur an bie ©teHung be£ §ofe3 in unferer Kultur erinnert, bie bem 33eftt$er ba£ tiefe — für bie rutjige Sßeiterentmidlung aller 3Serl)ältniffe fo wichtige >ßfttd^t= unb Verantwortungsgefühl gibt, wäl)renb gerabe biefeS einer großen 2lnja^l ber ©tabtbewohner burd) ben fanget an S3efi| unb einer ftänbigen Söohnftätte abljanben fommen unb fie fo E)äxtfig utopiftifchen Veftrebungen entgegentreiben mujste. ©dt)on ihre äußere ©eftaltung follte e3 nahelegen, baf$ ©tabt unb 35orf nadh ©efdjicfjte unb Vebürfniffen t)erfdt)iebene Slnlagen auf bem Voben unfereS VaterlanbeS ftnb, bie feineSwegS buref) Übertragung ber Vorzüge ber einen auf bie anbern gewinnen fönnen. ©ort gefd)loffene Vaublöcfe mit großen VerfehrSftraj^en, fteinernen ©teilwänben unb oerhältntemctjsig geringen gärtnerifchen Unterbrechungen, §kx weit auSetnanberftrebenbe ©eljöfte, bie ben alten 93augrunbfa£ ber Sinjelfiebelung auch in ber gefdjloffenen 2lnlage burdh breite ©trafen unb gro^e 2Birtfc§aft3l)öfe noch be= wahrt halben; ferner ©trafen, bie weniger bem 3)urdhgang§oerfehr als 2l9ht® 192: hielte, ba§ beutfcfje $orf. 9 130 $a3 ©orf am (Snbe be£ 19. 3ahrf)imbert3. bem Serfeljr von «§>au£ §au3 bienen. Stuf biefer ©runblage hat fiel) ba3 bäuerlid^e Sauroefen entmidelt, meld)e3 in feinen ©el)öften, Kirchen unb SBegen, ©arten, Zäunen nur meiter gepflegt gu merben braudjt, um ba3 materifd)e 23itb be3 beutfd^en Dorfes and) für bie 3u^unf^ 3U retten. 2lllerbtng3 motten mir un§ mdjt ner^e^Ien, ba3 mandjeS, ttm§ un3 lieb unb teuer ift, vergehen muj, weil bie 33orau3= fe^ungen ber alten gorm ntctjt mefjr t)orf)anben finb, baf$ and) tnele ©inge fid) änbern müffen, weil bie ©egenmart ihre eigenen gorberungen ftellt. ©efunbe* Seben Ijetfjt Slnberung, benn nur im 2öedt)fel §etgt fid6 eine ©ntmicflung. 2Ba3 mir heute aU voiU enbete förfdjeinung feljen, ift in fidE) mieber ein ^ufammenmachfen von ©emefenem unb ©emorbenem. £>ie ©orfflur, meld)e burdj eine immer meiter greifenbe 3er= ftüdelung ber urfprüngltdjen ^elbeinheiten unb burd; einen familien= jjaft eingefdfjränften SBirtfdjaftv betrieb einen malerifdjen Slnblid bot, f)at buref) bie notmenbig geworbene Aufhebung be3 glur= gmangS, burd) 2lnlage neuer SJÖege, burd) Stnberung ber Kultur^ pflanzen unb burd) bie 33enui$ung rationell arbeitender SJiaf deinen häufig anberö aufgeteilt merben müffen. S)a3 müffen mir f)in= nehmen; aber mir fönnen oerlangen, bajs bie Eigenart be3 @e= länbeä, fein S3aum= unb §edenfd£)mud nicht unter allen Umftän= ben al§ gerabe Sinie unnatürliche Seilungen herbeiführen. 35er gerabe 2öeg ift nid)t immer ber fürjefte, menn il)in babei bie fdjönen Säume, bie eljrroiirbtgften Erinnerungen ;$um Dpfer fallen mie bei Serben an ber 2111er, mo ba3 berühmte Slutfelb, auf bem ber ©age nach Karl ber ©ro^e 4500 ©adjfen §at ()inricf)ten laffen, burd) bie Separation in ein gleichgültigem ©aatfelb um= gemanbelt ift, unb mo au3 biefem ©runbe bie oolfötümlidje Er= innerung balb ausgerottet fein bürfte. 3U fcfmell E>at man SJioItfcö fd(jöne3 SBort oergeffen, baf$ bie Drtlid)!eit ba3 von einer längft vergangenen Segebenheit allein übrig gebliebene ©tüd 2Birflid)feit ift. 3öenn auch ^er ©rnteroagen einige Minuten früher jum «£>ofe gelangt, fo fommt ba3 Solföempftnben ju furj, ba3 gern bei ben ©enfmatern feiner getö)tdjtlid£)en unb et^ifd^en Erinnerungen oermeilt. ©er 2öalb, ben man burd) bie Aufhebung ber 2lllmenbe oft jerftüdelt unb abgefd)tagen hat, mar — mie man ba3 häufig erft nachträglich unb unliebfam erfuhr — neben feinem natürlichen ©timmungömert and) oft ba3 9tüdgrat beS mirtfd)aftlid)en ©e= Sttobeme SBeränberungen. 131 Sßenben wir ben 8 lief von ber glur jum £)orfe felbft, fo feljen wir audj fyier, ba^ bie ;Jtotmenbigfeiten beS mobernen SebenS gu cmberen ©eftaltungen brängen. £)a3 SauernljauS wirb, wenn e3 aud) bie Trennung von 2BoL)m unb SßtrtfdjaftSräumen nod) md)t ftreng burd)gefül)rt f)at, in ber 2tnnä()erung an biefen ^uftanb mand)t$ einbüßen müffen, baS $u bem poefteootten Silbe altbörf= liefen Sebent gehört. Unb follte f elfaft baä trauliche ©trofybacfy einftmalS üerfcfywinben müffen, fo werben wir un3 bamit ju= trieben geben unb un3 nad) anberen SDadjeinbedungen umfefyen. üEßeber bie gorm nod) ba3 Material i[t ba3, wa3 bie fdjlidjte (&d)Qnfyit be3 £)orfe3 au3mad£)t, fonbern bie 2Ba^rE)ett unb bie 2lnpaffung an bie Statur. $nbeffen ift bem ©rängen ber ^olijet unb ber Serftd£)erung3gefellfcf)aften gegenüber ju bebenfen, baj$ in $ot(anb, wo ber ©d)ornftein fdjon längft eingeführt ift, gerabe ba3 ©troljbacfj ju einer ardjiteftonifd) unb tecfynifd) gelungenen §orm auögebttbet ift, unb baf$ man in ©nglanb, wo man §mifd)en ge= fd)td)tlid;er Überlieferung unb prafttfdjem 9?euen üerftänbig $u vermitteln weif$, fiel) nod) lange md)t jur Aufgabe be§ ©trol)= bad)eö tjat entfalteten fönnen. 9Jtit ben Seränbeumgen im 2tuf;eren unferer Dörfer ner= minbert fid; aud) bie (Smpfinbung be3 Säuern, ber §err auf eigenem Soben ju fein; ber 3ug na$ ^er ©tabt — genährt burdj bie ©ntftellung be3 2anbe3 — E)at ben uralten ftolgen Segriff be3 ©igenf)aufe§ mit bem be3 beweglichen @igentum§ ner= taufd;t. Unb meil bie Sewegung in immer ftärferem SHafje ber ©tabt juftrebt, barum ftnb alle 9Jkjsregeln ju ifyrer Sefämpfung wieber aus 33orau3fet$ungen erwadjfen, bie oon f)ierau£ richtig waren, für ba§ 2)orf aber feine guten folgen tjatten. 2luö all biefen ©rwägungen, bie fid) leidjt weiter au3- fpinnen tiefen, erhellt mmbeftenö, baj} ba3 £)orf ein Organismus ift, ber nid)t mit SRa^regeln fortentmidelt werben fann, bie fid) für ftäbtifcfye Serfyältniffe eignen. £)a3 ®orf ift als eine ber ©runblagen beutfcfyen ©taatSlebenS baS ©rgebniS non $af)rl)un= berten, bie langfam bie ©injelljeiten aufeinanber gefcfjidjtet l)aben. ©ine @e|df)id)te beS beutfdjen 2)orfe3 wirb barum aud) für bie ©egenwart nur bann von SBerte fein, wenn fie nad) 9ftöglid)feit alle gäben »erfolgt, bie oon ber Urjett an burd) feine ©ntwidlungSftabien laufen, ©ie wirb um fo merttwller, je meljr fie bie eintjetmifcfyen gäben non ben fremben fdjeibet. Literatur. 2ülmer3. 9D£arjd)enbucf). Berlin 1861. 9Irnolb. Slnfiebtungen unb Wanberungen beutfcfjer Stämme. Brentano, ©efammelte 9lufjäfce, 33b. l. SSröring. 2>a3 Satertanb. $üf>ne. ®efd)td)te be3 ftir. §a£tl)aufen. Slgraröerfaffung be£ nörblidjen 3)eutfd)Ianb. §eermagen. S)tc ^age ber dauern pr gett be£ 23auernfriege3 in ben Saubergegenben. §eibelberg. ^lingner. Sammlungen gum 3)orf- unb Söauernrecrjte. ßnapp. $er S3auer im gütigen Württemberg nad) leinen ffttfytö* üerfjältniffen oom 16. hx§ 19. ga^unbcrt/ ffinapjj. @runbl)errftf)aft unb Rittergut. Seidig 1897. ®na:p:p. Über äßefen unb Entmicftung ber ©runbl)errftf)aft im fübmeft= liefen 5)eutfd)Ianb. Soerfd). 3)te SBetötümer ber ^cin^roötng. ü. SMaurcr. Einleitung jur ©efc^tcfite ber 9Jlarf=, §of*, 3)orf* unb StaMberfaffung. ö. Maurer. ®efdjitf)te ber gronl)öfe, ber 93auernf)öfe unb ber £of= oerfaffung in 2)eurfcf)lanb. Erlangen 1863. 9Rei|en. Siebetun g unb Slgrarmefen ber Söeftgermanen unb ber Oft* germanen. Berlin 1896. 9ttemminger. $ur Ö5efd)idt)te ber SBauerntaften mit ^egiefmng auf Samern. SSürjburg 1900. SJiöfer. D3nabrücfifd)e ®ejc£)id)te. DSnabrücf 1768. 9?orbf)off. $an§, §of, Wlaxl unb ®emeinbe ^orbtneftfatene. 1890. b. b. Often. ©efcrjitfjte be3 £anbe3 durften, SBremerfjaben 1900. Dabe. 3)te Süneburger §eibe unb bie Settrirtfdjaftung ber öeibböfe. Sena 1900. b. Slaf otoSlt. Entftetjung be3 ©runbbefi^eS im 15. unb 16. $af)rfmnbert in *ßolen. s$ofen. ffitjamm. $orf unb *Bauerl)of im attbeutfd)en Sanbe. Scf)iber. 3)ie fränfifdjen unb alemannifcfien Siebetungen in ©aßien. 3öetjt)e. Bauerngut unb ^ronbienfte in Slnljalt. ©alle 1899. SBicfc. 2>a3 ®ird)faiet Sdjönfirrfjen. Stf)önfirtf)en 1886. SBitttdj. 2lttfreit)eit unb $ienftbarfeit be§ Urabel3 in 9^ieberfad)fen. Stuttgart 1896. SBitttdj. ©runbtjerrftfjaft in 9?orbmeftbeutfd)tanb. Stuttgart 1896. Wittict). 3)tc länblicfje Sterfaffwtg Seffent im 18. $af)rf)unbert. 3>armftabt 1899. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. DIE KULTUR DER GEGENWART IHRE ENTWICKLUNG UND IHRE ZIELE HERAUSGEGEBEN VON PROF. PAUL HINNEBERG In 4 Teilen. Lex.-B. Jeräer Teil zerfällt in einzelne inhaltlich voll- ständig in sieh abgeschlossene u. einzeln käufliche Bände (Abteilungen). Die „Kultur der Gegenwart44 soll eine systematisch aufgebaute, geschicht- lich begründete Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur darbieten, indem sie die Fundamehtalergebnisse der einzelnen Kulturgebiete nach ihrer Bedeutung für die gesamte Kultur der Gegenwart und für deren Weiterentwicklung in großen Zügen zur Darstellung bringt. Das Werk vereinigt eine Zahl erster Namen aus allen Gebieten der Wissenschaft und Praxis und bietet Darstellungen der -einzelnen Gebiete jeweils aus der Feder des 'dazu Berufensten in gemeinverständlicher, künstlerisch gewählter Sprache auf knappstem Räume. Teil I: Die geisteswissenschaftlichen Kulturgebiete. I. Hälfte. Religion und Philosophie^ Literatur; Musik und Kunst mit vorangehender Einleitung zu dem Gesamtwerk. ; Abt 1. Die allgemeinen Grundlagen der Kultur der Gegenwart i^/- •*•'-',. Abt. 2. Aufgaben und Methode der Geistes- - Wissenschaften. , ; , yj .* Abt 3. Außerchristliche Religionen. :' Abt. 4. Die christliche Religion mitf Ein- f't'U- '«chluß. der israeht-juct Religion. Abt. 5. Allgem. Geschichte der Philosophie. Abt. 6. System atisohe Philosophie. Abt 7. Die orientalischen Literaturen. Abt. 8 Die griechische und lateinische \ .T ^Literatur und Sprache. ' , Abt. 9. Die osteuropäischen Literaturen . nnd die slawischen Sprachen! Abt. 10. Die deutsche Literatur und Sprache. Allgemeine Literaturwissenschaft. Abt. 11. Die romanische und englische Lite- ratur und Sprache, i* 4 Die Musik. Die orientalische Kunst. Die euro- päische Kunst des Altertums. Die europäische Kunst des Mittel- alters und der Neuzeit. Allgemeine Kunstwissenschaft. ■ .■■ Abt. 12. Abt 13' Abt. 14. System der Staats- und Gesell- schaftswissenschaft. Allgemeine Reohtsgeschichtev A Systematische Rechtswissenschaft. Allgemeine Wirtschaftsgeschichte. System der Volkswirtschaftslehre. Teil II: Die geisteswissenschaftlichen Kulturgebiete. 2. Hälfte. Staat und Gesellschaft, Recht und Wirtschaft. * Abt. 1. Völker-, Länder- und Staatenkunde, '[ Abt. 6. Abt 2. Allgemeine Verfassuugs- und Ver- v «£\ waltungsgeschiehte. Abt. 7. Abt. 3. Staat und' Gesollschaft des Orients. Abt $. Abt 4. Staat Und Gesellschaft Europas im Abt. 9. Altertum und Mittelalter. Abt. 10. Abt 5. Staat und Gesellschaft Europas und ~& - Amerikas in der Neuzeit. *« ^ : >-> v. - Teil III: Die naturwissenschaftlichen Kulturgebiete. Mathematik, Anorganische und organische Naturwissenschaften, Medizin. Teil IV: Die technischen Kulturgebiete. Bautechnik, Maschinen- technik, industrielle Technik, Landwirtschaftliche Technik, Handels- und Verkehrstechnik. ' Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. Probeheft und Spezial-Prospekte *ber ^ einzelnen AbT • • ' , " ' 1 teilungen (mit Auszog aus dem Vorwort des Herausgebers, der Inhaltsübersicht des Gesamt- werkes, dem Autoren -Verzeichnis und mit Probestücken aus dem Werke) werden auf Wunsch umsonst u. postfrei vom Verlag versandt. 4 * v, t* k Von Teil I und II sind erschienen: '^'V-^OMplf') Teil I, Abt. 1: Die altgemeinen Grundlagen der Kultur der Gegenwart Inhalt: Das Wesen der Kultur: W.Lexis. — Das moderne Bildungswesen: Fr. Paulsen. — Die wichtigsten Bildungsmittel. A. Schulen und Hochschulen. Das Volksschulwesen: G. Schöppa. Das höhere Knabenschulwesen : A. Matthias. Das höhere Mädchen- Schulwesen : H. G a u d i g. Das Fach- und Fortbildungsschulwesen: G-. Kerschensteiner. Die geisteswissenschaftliche Hochschulausbildung : Fr. Paulsen. Die naturwissenschaft- liche Hochschulausbildung: W. v. Dyck. B. Museen. Kunst- und Kunstgewerbe-Museen: L Pallat. Naturwissenschaftlich- technische Museen : K. Kraepelin. 0. Ausstellungen. Kunst- und Kunstgewerbe- Ausstellungen : J. Lessing. Naturwissenschaftlich- technische Ausstellungen: O. N. Witt. D. Die Musik: G. Göhler. E. Das Theater: P. Schienther F. Das Zeitungswesen: K. Bücher. G. Das Buch: KPietsehmann. H. Die Biblio- theken: F. Milk au. — Die Organisation der Wissenschaft: EL Di eis [XV u. 671 S.] 1906. Preis geh. Jt 16. — , in Leinwand geb. Jt 18. — : \>:%'>:-^l , - Teil I, Abt. 3, 1: Die orientalischen Religionen. Inhalt: Die Anfange äw Ee- ligion und die Religion der primitiven Völker: Ed. Lehmann. — Die ägyptische Religion: A. Er man. — Die asiatischen Religionen : Die babylonisch-assyrische Religion : C Bezold — Die indische Religion : H. Oldenberg- — Die iranische Religion: H. Ol denb erg. — - Die Religion des Islams: J. Goldziher. Der Lamaismus: A. Grünwedel. — - Die Religion der Chinesen: J. J. M. de Groot. — Die Religion der Japaner: a) Der Shintois- mus: K. Florenz, b) Der Buddhismus: H. Haas. [VII u. 267 S.] 1906. Preis geh. Jt 7.—, in Leinwand geb. Jt 9.-r- •• ■ .;, :-V ,",*..*■ 1 * . ' * M. ' ' ' • '2-i£&f?', Teill, Abt. 4: Die christliche Religion mit Einschluß der israelitisch-Jüdischen Religion. Inhalt: Die israelitisch-jüdische Religion : J. Wellhausen. — Die Religion Jesu und die Anfänge des Christentums bis zum Nicaenum (325): A. Jülicher. — Kirche und Staat bis zur Gründung der Staatskirche: A. Harnack, — Griechisch-orthodoxes Christentum und Kirche in Mittelalter und Neuzeit: N. BonWetsch. — Christentum und Kirche Westeuropas im Mittelalter: K. Müller. — Katholisches Christentum und Kirche in der- Neuzeit: E. X. Funk. Protestantisches Christentum und Kirche in der Neuzeit: E. Troeltsch. — Wesen der Religion und der Religionswissenschaft : Troeltsoh. — Christlich-katholische Dogmatik: J. Pohle, — Christlich-katholische Ethik: J. Mans- bach. — Christlich-katholische praktische Theologie: C. Krieg. — Christlich-protestan- tische Dogmatik: W. Herrmann. — Christlich-protestantische Ethik : R. Seeberg^ — Christlich-protestantische praktische Theologie: W. Eaber. — Die Zukunftsaufgaben der Beligion und die Religionswissenschaft: H, J. Holtzmann. [XI u. 752 S,J 1906» Preis geh. Jt 16. — in Leinwand geh Jt 18. — Auch in 2 Hälften: 1. Geschichte der christ- lichen Religion, geh. Jt 9.60, geb. Jt lt.— 2. Systematisch-christliche Theologie geh Jt 6.60, geb. Jt 8.— "\v .' v ■ - *' v'v Teill, Abt. ö: Allgemeine Geschichte der Philosophie. Inhalt: Die Anlange der Philosophie und die Philosophie der primitiven Völker: W. Wandt — Die orientalische Philosophie des Altertums, Mittelalters und der Neuzeit. 'Indische Philosophie: H. Oldenberg. — Semitische Philosophie: J. Goldziher — Chinesische Philosophie: W. Grube. — Japanische Philosophie : Jnouye. — Die europäische Philosophie : Alter- tum: H. v. Arnim. Mittelalter: Cl. Baeumker. Neuzeit: W. . Windelband, [ca. 25 Bogen.] Preis geh. ca. Jt 8. — , in Leinw. geb. ca. Jt 10.— ^ ' '-, ' ;, Teil I, Ab$. 6 : Systematische PhHOSOphie. Inhal t: Das Wesen der Philosbphie: W. Dilthey. — Logik und Erkenntnistheorie : A. Riehl. — Metaphysik: W. Wundt. — Naturphilosophie: W. Ostwald. — Psychologie: H. Ebbinghaus. — Philosophie der Geschichte: R.Eucken. — Ethik: Fr. P aul s en. — Pädagogik: W. MÜn^h. — Ästhetik: Th. Lipps. — Die Zukunftsaufgaben der Philosophie: Er. Paulsen. {VLTE u. 432 S.] 1907 Preis geh. Jt 10.— , in Leinwand geh Jt 12.— Verlag von B- 6. Teubner in Leipzig und Berlin. Teill, Abt. 1: Die orientalischen Literaturen. Inhalt: Die Anfänge der Lite- ratur und die Literatur der primitiven Völker: E. Schmidt. — Die ägyptische Literatur: A. Er man. — Die babylonisch-assyrische Literatur: 0. Bezol Teil II, Abt. 5: Staat und Gesellschaft Europas und Amerikas in der Neu- zeit. Verfasser: Fr. v. Bezold, E. Gothein, R. Koser, E. Mareks, Th. Schie mann., [ca. 30 Bogen.] Preis geh. ca. JC 10. — , in Leinwand geb. ca. JC 12. — Teil II, Abt. 8: Systematische Rechtswissenschaft. Inhalt : Wesen des Rechtes und der Rechtswissenschaft : R. Stammler, — Die einzelnen Teilgebiete: Privatrecht Bürgerliches Recht: R. Sohm. — Handels- und Wechselrecht: K. Gar eis. — Ver- sicherungsrecht : V. Ehrenberg. — Internationales Privatrecht : L. v. B a r. — Zivil- prozeßrecht : L. v. S e u f f e r t. — Strafrecht und S traf Prozeßrecht : F. v. L i s z t. — Kirchen- recht: W. Kahl. — Staatsrecht: P. Lab and. — Verwaltungsrecht. Justiz und Verwaltung: G An schütz. — Polizei- und Kulturpflege: E. Bernatzik. — Völkerrecht: F. r Martitz. — Die Zukunftsaufgaben des Rechtes und der Rechtswissenschaft : R. Stammler [X, LX u. 526 S.] 1906. Preis geh. JC 14.-^, in Leinwand geb. JC 16.— i - rVir.V-äj B. G. Teubners Allgemeiner Katalog gibt eine reich illustrierte, durch ausführliche Inhaltsangaben, Proben, Besprechungen eingehend über jedes einzelne Werk unterrichtende Über- sicht aller derjenigen Veröffentlichungen des Verlages, die von allgemeinem Interesse für die weitesten Kreise der Gebildeten sind. Der Katalog liegt in folgenden Abteilungen vor, die jedem Interessenten und speziell den Käufern der Bändchen „Aus Natur und Geisteswelt*4 auf Wunsch um- sonst u.postfrei vom Verlage B. G. Teubner in Leipzig übersandt werden : 1. Allgemeines (Sammelwerke, Zeitschriften, Bildungswesen). 2. Klassisches Altertum (Literatur, Sprache, Mythologie, Religion, Kunst, Geschichte, Recht und Wirtschaft). 3. Religion. Philosophie. t. Geschichte. Kulturgeschichte. Kunst 5. Deutsche Sprache und Literatur. 6. Neuere fremde Literaturen und Sprachen. 7. Länder- und Völkerkunde. S. Volkswirtschaft. Handel und Gewerbe. Fortbildungsschulwesen. 9. Pädagogik. * j 10. Mathematik. Naturwissenschaft an, Technik. ' ' >' lf: '-■ ': ; ' ^ Vollständige Ausgabe.